@book{vonArnim2004, author = {Hans Herbert von Arnim}, title = {9053 Euro Gehalt f{\"u}r Europaabgeordnete?}, publisher = {Duncker \& Humblot}, address = {Berlin}, isbn = {3-428-11534-1}, url = {https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0246-opus4-4393}, pages = {122}, year = {2004}, abstract = {Die derzeitige Zweiteilung der Bezahlung von EU-Abgeordneten in unterschiedlich hohe Heimatgeh{\"a}lter nach nationalem Recht (siehe Schaubild im Anhang) und Erstattung der Kosten nach EU-Recht (262 Euro Tagegeld, Krankenversorgung, bis zu 12.576 Euro f{\"u}r Mitarbeiter, eingerichtete B{\"u}ros, 3.700 Euro monatliche Kostenpauschale) ist systemkonform, solange es kein einheitliches europ{\"a}isches Volk und kein gleiches Wahlrecht zum Europ{\"a}ischen Parlament gibt und solange der Lebensstandard in den 25 Mitgliedstaaten der Europ{\"a}ischen Union riesige Diskrepanzen aufweist. Die im geplanten Abgeordnetenstatut vorgesehene Vereinheitlichung der Grundentsch{\"a}digung auf sehr hohem Niveau (9.053 Euro monatlich), die daran ankn{\"u}pfende Altersversorgung auf ebenso hohem Niveau sowie die Besteuerung nach den g{\"u}nstigen EU-S{\"a}tzen sind nicht sinnvoll, wider- sprechen dem Grundsatz, dass Ungleiches auch ungleich zu behandeln ist, und drohen dem Europagedanken schweren Schaden zuzuf{\"u}gen. Das Parlament hat von Entwurf zu Entwurf immer h{\"o}here Betr{\"a}ge f{\"u}r die einheitliche Grundentsch{\"a}digung von EU-Abgeordneten angesetzt. Der jetzige Betrag von 9.053 Euro wurde lange nicht {\"o}ffentlich genannt und kam erst durch die vorliegende Analyse heraus. Stattdessen war mit unrichtigen Zahlen hantiert worden. Die Koppelung des Abgeordnetengehalts an die Bez{\"u}ge von Richtern (50 Prozent des Grundgehalts von EuGH-Richtern) ist schon wegen der daraus resultierenden Intransparenz problematisch. Sie ist auch deshalb inad{\"a}quat, weil es Richtern grunds{\"a}tzlich verboten ist, eine Nebent{\"a}tigkeit auszu{\"u}ben, w{\"a}hrend Abgeordnete ihren Beruf neben dem Mandat fortf{\"u}hren und sich sogar als Lobbyisten bezahlen lassen k{\"o}nnen. Viele EU-Abgeordnete beziehen auf diese Weise zwei Geh{\"a}lter. Das Statut h{\"a}tte das Gef{\"u}ge von Politikergeh{\"a}ltern in den meisten Mitgliedstaaten v{\"o}llig durcheinandergebracht. EU-Abgeordnete aus Spanien, Finnland oder Irland w{\"u}rden mit monatlich 9.053 Euro mehr verdienen als Minister ihres Landes. Polnische und andere EU-Abgeordnete aus den Beitrittsl{\"a}ndern h{\"a}tten sogar das doppelte oder dreifache Gehalt ihrer Ministerpr{\"a}sidenten und mehr als zwanzigmal soviel wie Durchschnitts- verdiener in ihren L{\"a}ndern. Sie w{\"u}rden schon nach einer Wahlperiode eine Altersversorgung erwerben, die f{\"u}nfmal so hoch ist wie das Durchschnitts- einkommen zu Hause. Daf{\"u}r w{\"u}rden vermutlich weder ihre B{\"u}rger noch die Steuerzahler anderer Mitgliedstaaten, die das Ganze bezahlen m{\"u}ssen, Verst{\"a}ndnis haben. Die zehn Beitrittsl{\"a}nder sollen zwar die Option erhalten, ihre EU-Abgeordneten f{\"u}r eine {\"U}bergangszeit niedriger zu bezahlen. Doch diese M{\"o}glichkeit steht in Jaheit nur auf dem Papier. Denn jedes Land, das davon Gebrauch machte, w{\"u}rde fiskalisch bestraft, und wird es deshalb bleiben lassen. Das Statut w{\"u}rde f{\"u}r deutsche EU-Abgeordnete - brutto und netto - zu erheblich h{\"o}heren Aktiveneinkommen und zu einer noch viel st{\"a}rkeren Anhebung der Altersversorgung f{\"u}hren. Der Rat z{\"o}gerte mit seiner Zustimmung. Bestimmte Wortf{\"u}hrer der deutschen Gruppierungen im Europa- parlament versuchten mit getricksten Rechnungen das Jae Ausma{\"s} der Erh{\"o}hungen, zu denen das Statut f{\"u}r deutsche Abgeordnete gef{\"u}hrt h{\"a}tte, zu camouflieren. Auch der Pr{\"a}sident des Europ{\"a}ischen Parlaments hat sich die Neinen Rechnungen {\"o}ffentlich zueigen gemacht (Teil 4b-e). Um das Steuerproblem zu entsch{\"a}rfen und dem Ministerrat die Zustimmung zum Statut zu erleichtern, hatte das Parlament kurz vor Weihnachten vorgeschlagen, jedem Mitgliedstaat die Option zu geben, zus{\"a}tzlich zur EU-Steuer eine nationale Erg{\"a}nzungssteuer zu erheben. Doch es h{\"a}tte keinerlei Gew{\"a}hr daf{\"u}r bestanden, dass zum Beispiel Deutschland nach der Europawahl vom 13. Juni von der Option wirklich Gebrauch machen w{\"u}rde. Zumal das Parlament selbst EU-rechtliche Bedenken gegen die Erg{\"a}nzungssteuer ge{\"a}u{\"s}ert hatte. Zus{\"a}tzlich gelobte das Parlament, die grassierende Spesenreiterei von EU-Abgeordneten bei den Flugkosten von und nach Stra{\"s}burg und Br{\"u}ssel zu unterbinden. Dies aber nur unter der Bedingung, dass der Rat dem Statut zustimmt - ein Fall von Erpressung. Der Missstand h{\"a}tte l{\"a}ngst beseitigt geh{\"o}rt. Er widerspricht dem Rechtsgrundsatz der Wirtschaft- lichkeit, und seine Instrumentalisierung zur Erh{\"o}hung von Geh{\"a}ltern ist rechtsmissbr{\"a}uchlich. Den Missstand auch noch als Druckmittel einzu- setzen, um einen noch gr{\"o}{\"s}eren Missstand zu etablieren, erschien als Vorgehensweise v{\"o}llig inakzeptabel und widerspricht dem Rechtsprinzip der Verh{\"a}ltnism{\"a}{\"s}igkeit. Die vom Parlament angebotene Alternative zur Abrechnung der Flugkosten w{\"u}rde zwar den legalisierten Abrechnungs- betrug beseitigen, droht aber noch teurer zu werden als das bisherige Verfahren. Alle Formen der Kostenerstattung (Tagegeld, allgemeine Kosten- pauschale, Erstattung von Flugkosten und Kosten f{\"u}r Mitarbeiter), die haushaltsm{\"a}{\"s}ig mehr als das doppelte finanzielle Gewicht haben wie das geplante Einheitsgehalt von 9.053 Euro und in denen vielfach erhebliche Gehaltsbestandteile verborgen sind, w{\"a}ren nicht ins Abgeordnetenstatut mit einbezogen worden. Sie w{\"a}ren vielmehr weiterhin (und nunmehr mit dem ausdr{\"u}cklichen Segen des Statuts) vom Parlamentspr{\"a}sidium - au{\"s}erhalb wirksamer Kontrollen - geregelt worden. Das ist nicht nur politisch misslich, sondern auch mit Art. 190 Abs. 5 EG-Vertrag und mit dem Demokratie- prinzip (Art. 6 Abs. 1 EU-Vertrag), wie es etwa auch in Deutschland in Art. 20 GG niedergelegt ist, nicht vereinbar. Die Kostenerstattungsregelungen m{\"u}ssen vom Plenum des Parlaments beschlossen werden und bed{\"u}rfen der Anh{\"o}rung der Kommission und der Zustimmung des Rats, kurz: sie m{\"u}ssen in dem f{\"u}r das Abgeordnetenstatut vorgesehenen Verfahren beschlossen werden. Das Ergebnis ist paradox: Was unbedingt ins Statut geh{\"o}rt, n{\"a}mlich die Regelung der Kostenerstattung, war darin nicht enthalten. Stattdessen behandelte das Statut ausf{\"u}hrlich das Heimatgehalt und das Heimatruhegehalt, also Materien, die auch weiterhin national geregelt werden sollten. Das Statut sieht keine Anrechnung anderer Bez{\"u}ge auf EU-Anspr{\"u}che vor, auch dann, wenn diese aus {\"o}ffentlichen Kassen flie{\"s}en. Das Statut, das urspr{\"u}nglich erst mit der Konventsverfassung, also fr{\"u}hestens im Jahre 2006, hatte wirksam werden sollen, sollte nunmehr zu Beginn der neuen Legislaturperiode in Kraft treten, also bereits nach den Wahlen zum Europ{\"a}ischen Parlament am 13. Juni 2004. Das innere Gesetzgebungsverfahren weist schwere M{\"a}ngel auf: Zahlreiche relevante Daten und Umst{\"a}nde wurden {\"u}berhaupt nicht ermittelt und konnten deshalb auch nicht in die erforderliche Abw{\"a}gung einbezogen werden. Zum Teil wurden sogar eindeutig unrichtige, manipulativ aufbereitete Berechnungen zugrunde gelegt. Ob dieses Vorgehen mit dem Begr{\"u}ndungsgebot des Art. 235 EGV {\"u}bereinstimmt, muss bezweifelt werden. Aus allen diesen Gr{\"u}nden hatten wir eine erste Fassung dieser Studie dem Ministerrat zugesandt und an ihn appelliert, dem Statut seine Zustimmung versagen, um so seiner gewaltenteilenden Kontrollfunktion gerecht zu werden und Schaden von Europa und besonders vom Europ{\"a}ischen Parlament zu wenden. Der Rat hat in seiner Sitzung vom 26. Januar 2004 dem Statut seine Zustimmung versagt. Es fehlte bereits die nach Art. 190 Abs. 5 EG-Vertrag erforderliche qualifizierte Mehrheit, weil neben Deutschland auch Frankreich, {\"O}sterreich und Schweden ihr Veto einlegten. Zu einer Er{\"o}rterung und Entscheidung der steuerlichen Fragen, f{\"u}r die Einstimmigkeit erforderlich ist, kam es deshalb gar nicht mehr. Auch diejenigen deutschen Abgeordneten, die vorher f{\"u}r das Statut gestimmt hatten, wandelten ihre Auffassung und distanzierten sich von dem Plan. Vermutlich, um vor ihrer Basis im anstehenden Europawahlkampf bestehen zu k{\"o}nnen, haben einige Europaabgeordnete, als das Scheitern des Statuts bereits absehbar war und sie selbst bereits davon Abstand genommen hatten, eine Art \"Dolchsto{\"s}legende\" erfunden und sie mit manipulierten Zahlen zu untermauern versucht: Das Statut sei in Jaheit gut und angemessen gewesen. Es sei allein an einer \"populistischen Kampagne\" der Bild-Zeitung gescheitert, vor der Bundeskanzler Schr{\"o}der in die Knie gegangen sei. Dieser Legende, die auch der Parlamentspr{\"a}sident {\"u}bernahm, sind, zumindest vorerst, einige Medien, durch ihre Stra{\"s}burger und Br{\"u}sseler Korrespondenten unzureichend informiert, aufgesessen. Das k{\"u}nftige Schicksal des Statuts ist schwierig vorauszusagen. Zu der {\"o}ffentlichen Verwirrung trug auch bei, dass die vier im Rat opponierenden Regierungen die Gr{\"u}nde, die gegen das Statut sprechen, nur sehr l{\"u}ckenhaft nannten. Dies mag - neben diplomatischen und politischen R{\"u}cksichten - auch darauf beruhen, dass die Regierungen sich die M{\"o}g- lichkeit vorbehalten wollen, sp{\"a}ter, nach der Europawahl vom 13. Juni 2004, dann doch zuzustimmen. Demgegen{\"u}ber sollte die {\"O}ffentlichkeit etwa in Deutschland schon vor der Wahl auf einer Klarstellung der Haltung ihrer Regierung bestehen.}, language = {de} }