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Jugend-Check zum Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts (Stand: 23.06.2020)

  • Mit dem Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts sollen beide Bereiche neu strukturiert und modernisiert werden. So soll unter anderem im Vormundschaftsrecht die Stellung des Mündels mit seinen Rechten als Subjekt weiter in den Vordergrund gerückt werden. Die Rechte des Mündels sollen konkretisiert werden und sich nicht nur durch bisherige Verweisung auf das Sorgerecht der Eltern ergeben. Der Mündel soll in Anlehnung an das Achte Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) ein „Recht auf Förderung seiner Entwicklung und Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit“ haben, § 1788 Nr. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Darüber hinaus soll das Gebot auf Gewaltfreiheit nicht wie bislang nur für die Erziehung, sondern auch in Bezug auf die Pflege verankert werden, vgl. § 1788 Nr. 2 BGB. Dies soll analog auch im Kindschaftsrecht angepasst werden, vgl. § 1631 Abs. 2 S. 1 BGB. Weiterhin soll der Mündel das Recht auf „persönlichen Kontakt mit dem Vormund“ und unter anderem auf „Achtung seines Willens“ haben, § 1788 Nr. 3 und Nr. 4 BGB. Zudem soll der Mündel nach dem Stand seiner Entwicklung an Angelegenheiten zu beteiligen sein, die ihn betreffen, vgl. § 1788 Nr. 5 BGB. Auch die Pflichten des Vormunds sollen konkretisiert werden: Der Vormund soll sein Amt unabhängig und „im Interesse des Mündels zu dessen Wohl“ führen, § 1790 Abs. 1 BGB. Hierdurch soll deutlicher hervorgehoben werden, dass der Vormund allein dem Wohl des Mündels verpflichtet sein soll. Korrespondierend mit dem neuen § 1788 Nr. 3 BGB soll auch der Vormund künftig zum persönlichen Kontakt mit dem Mündel berechtigt und nicht nur wie bisher dazu verpflichtet sein, vgl. § 1790 Abs. 3 S.1 BGB. Widerspricht es nicht dem Mündelwohl und ist es dem Vormund zumutbar, soll der Vormund „bei berechtigtem Interesse nahestehenden Angehörigen oder sonstigen Vertrauens-personen auf Verlangen Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Mündels […] erteilen“, § 1790 Abs. 4 BGB. Ferner sollen die Eignungsvoraussetzungen einer natürlichen Person als Vormund konkretisiert und erweitert werden, „wie es das Wohl des Mündels erfordert“, § 1779 Abs. 1 BGB. Der Mündel soll so auch bei Prüfung der persönlichen Eignung des Vormunds im Mittelpunkt stehen. Nach § 1774 Abs. 2 Nr. 1-2 BGB soll künftig auch das Jugendamt oder ein von diesem anerkannter Vormundschaftsverein als vorläufiger Vormund bestellt werden können. Ein vorläufiger Vormund soll durch das Familiengericht bestellt werden, wenn die Ermittlung zur Auswahl des Vormundes noch nicht abgeschlossen ist oder andere Hindernisse bestehen, vgl. § 1781 Abs. 1 BGB. Ein vorläufiger Vormund soll längstens für drei Monate bzw. unter gewissen Voraussetzungen für maximal sechs Monate bestellt werden, vgl. § 1781 Abs. 3 S. 1 und S. 2 BGB. Es soll künftig nicht mehr wie nach bisherigem § 1775 S. 2 BGB möglich sein, aus besonderen Gründen für den Mündel mehr als einen Vormund zu bestellen. Ist der Vormund ehrenamtlich, soll das Familiengericht mit dessen Einverständnis einzelne oder bestimmte Sorgeangelegenheiten an einen Pfleger übertragen können, wenn dies dem Mündelwohl dient, vgl. § 1776 Abs. 1 S. 1 BGB. Ab dem vollendeten 14. Lebensjahr soll der Mündel selbst beim Familiengericht einen Antrag auf Übertragung einzelner oder bestimmter Sorgeangelegenheiten auf die Pflegeperson als Pfleger stellen können, vgl. § 1777 Abs. 3 S. 1 i.V.m. Abs. 1 S.1 BGB. Auch ohne eigenen Antrag des Mündels soll dies auf Antrag der Pflegeperson selbst oder des Vormunds möglich sein, wenn der Mündel längere Zeit bei der Pflegeperson lebt, Pflegeperson oder Vormund dem zustimmen und dies dem Mündelwohl dient, vgl. § 1777 Abs. 1 S. 1 Nr. 1-3 BGB. Hierbei soll dann ein entgegen-stehender Wille des Mündels zu berücksichtigen sein, vgl. § 1777 Abs. 1 S. 2 BGB. In Bezug auf das Zusammenwirken von Vormund und Pfleger, sollen diese zur gegenseitigen Information und Zusammenarbeit verpflichtet sein und bei Angelegenheiten, für die sie beide die gemeinsame Sorgeverantwortung tragen, Entscheidungen übereinstimmend treffen, vgl. § 1792 Abs. 2 und Abs. 4 BGB. Bestehen Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich Sorgeangelegenheiten, soll neben dem Vormund und dem Pfleger auch der Mündel ab Vollendung des 14. Lebensjahres einen Antrag auf Entscheidung über diese beim Familien-gericht stellen können, vgl. § 1793 Abs. 2 BGB. Der Mündel soll darüber hinaus seinem Entwicklungsstand entsprechend in geeigneten Fällen vom Familiengericht persönlich anzuhören sein, wenn Hinweise bestehen, dass der Vormund seinen Pflichten nicht nachkommt oder dieser pflichtwidrig die Rechte des Mündels nicht beachtet, vgl. § 1803 Nr. 1 Var. 1 und Var. 3 BGB. Der Vormund soll auf Antrag entlassen und ein neuer bestellt werden, wenn dies dem Mündelwohl dient, vgl. § 1804 Abs. 3 S. 1 BGB. Ein entgegenstehender Wille des Mündels soll zu berücksichtigen sein, vgl. § 1804 Abs. 3 S. 2 BGB. Den Antrag dazu kann auch der Mündel selbst ab Vollendung des 14. Lebensjahres stellen, vgl. § 1804 Abs. 3 S. 3 Nr. 3 BGB. Im Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) soll ebenfalls die Subjektstellung des Mündels gestärkt werden, in dem dieser ab Vollendung des 14. Lebensjahres, sofern er nicht geschäftsunfähig ist, die Auswahl der Person, der das Jugendamt oder ein Verein die Wahrnehmung der Aufgaben als Vormund übertragen hat, gerichtlich überprüfen lassen kann, vgl. § 168 Abs. 3 FamFG. Neu eingeführt werden soll darüber hinaus eine Begründungspflicht des Jugendamts zu Vor-schlägen des Vormunds, vgl. § 53 Abs. 2 S. 1 SGB VIII. Das Jugendamt soll dem Familienge-richt darlegen, mit welchen Maßnahmen der Vormund ermittelt wurde und weshalb ggf. nur ein Vormund nach § 1774 Abs. 1 Nr. 2-4 BGB (Berufsvormund, Vereinsvormund oder das Jugendamt) und kein geeigneter ehrenamtlicher Vormund ermittelt werden konnte, vgl. § 53 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGB VIII. Die bisher verpflichtende Anhörung des Jugendamtes nach § 1779 Abs. 1 BGB bei der Auswahl des Vormunds durch das Familiengericht soll mit diesem Gesetzentwurf entfallen. Auch die Grundsätze und Pflichten des Vormunds in der Vermögenssorge sollen konkretisiert werden, in dem der Vormund diese zum Wohl des Mündels unter Berücksichtigung von Wirt-schaftlichkeitsaspekten und der „wachsenden Bedürfnisse des Mündels zu selbstständigem und verantwortungsbewusstem Handeln“ wahrnehmen soll, § 1798 Abs. 1 S. 1 BGB. Des Weiteren sollen im künftig ebenfalls modernisierten und neustrukturierten Betreuungs-recht alle Aufgabenbereiche eines Betreuers durch das Betreuungsgericht einzeln anzuord-nen und konkret zu benennen sein, vgl. § 1815 Abs. 1 S. 2 BGB. Damit soll eine „Betreuung in allen Angelegenheiten zukünftig unzulässig“ sein.

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Metadaten
URN:urn:nbn:de:0246-opus4-46083
URL:https://www.jugend-check.de/alle-jugend-checks/reform-vormundschaftsrecht/
Subtitle (German):Veröffentlichung des Kompetenzzentrums Jugend-Check
Document Type:Jugend-Check
Language:German
Year of Completion:2020
Publishing Institution:Deutsches Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung
Creating Corporation:Kompetenzzentrum Jugend-Check
Release Date:2020/07/14
Tag:Familie
Online-Document?:Ja
Access Rights:Frei zugänglich
Documents of the German Research Institute for Public Administration (FÖV):Veröffentlichungen des Kompetenzzentrums Jugend-Check
Licence (German):License LogoUrheberrechtlich geschützt