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Über Widerstand
(2012)
Die „Unabhängige Kommission zu Fragen des Abgeordnetenrechts“ unter dem Vorsitz des früheren Bundesjustizministers Edzard Schmidt-Jortzig war im November 2011 vom Ältestenrat des Bundestags eingesetzt worden. Ihr Auftrag lautete, „Empfehlungen für ein Verfahren für die künftige Anpassung der Abgeordnetenentschädigung und für die zukünftige Regelung der Altersversorgung von Abgeordneten nach Art. 48 III GG“ vorzulegen. Die Einsetzung erfolgte sozusagen zur Beruhigung. ...
Dürfen Bundestagsabgeordnete ihre Freifahrtberechtigung nur mandatsbezogen oder auch für sonstige Zwecke nutzen? Die Frage wird im staatsrechtlichen Schrifttum seit langem behandelt. Dabei ist zwischen Verfassungs- und einfachem Gesetzesrecht, zwischen Staats- und Steuerrecht zu unterscheiden. Neben der Frage des Ob-überhaupt stellt sich die weitere Frage, wie eine Privatnutzung steuerlich zu bewerten ist.
Der Landtag hat im Frühjahr 2013 Reformen des finanziellen Status seiner Mitglieder beschlossen. Doch die vom Rechnungshof angemahnte Fortsetzung des Reformprozesses droht auf die Zeit nach der Landtagswahl und damit auf den St. Nimmerleinstag verschoben zu werden. Der Landtag verfolgt dabei eine ganz ähnliche Strategie wie der Bundestag, der eine Erhöhung seiner Diäten um fast 1000 Euro und ihre Dynamisierung ebenfalls erst nach der Wahl angehen will. ...
Das neue Diätengesetz stockt die Entschädigung und die Altersversorgung von Bundestagsabge:ordneten in zwei Schritten um 10 Prozent auf und lehnt sie damit an die Bezüge von Bundesrichtern an. Zudem wird die Entschädigung an die Bruttolohnentwicklung angekoppelt und so einem Dynamisierungsautomatismus unterworfen. Das widerspricht der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Deshalb hatte der Bundestag früher für ein ähnliches Projekt eine Grundgesetzänderung vorgesehen, der aber der Bundesrat seine Zustimmung versagte. Ausschussvorsitzenden wird - entgegen ständiger Rechtsprechung - ein Zusatzgehalt gewährt. Eine große Zahl weiterer verfassungsrechtlicher Problempunkte greift der Gesetzgeber nicht auf.
Die Europawahl2014 rückt die staatliche Politikfinanzierung
erneut in den Fokus. Die. nachfolgende Analyse und Kritik
zeigt, dass bei der Finanzierung von Abgeordneten, Parteien
und Stiftungen wichtige Prinzipien des EU-Rechts unbeachtet
bleiben, etwa das Recht auf Chancengleichheit der politischen
Parteien und der Subsidiaritätsgrundsatz.
Die Urteile des Bundesverfassungsgerichts zu Sperrklauseln bei deutschen Europawahlen sind ungewöhnlich scharf kritisiert worden: sowohl aus der Wissenschaft als auch aus der Politik. Doch keines ihrer sachlich-inhaltlichen Argumente hält einer Überprüfung stand. Das zeigt die gründliche Durchsicht der wissenschaftlichen Stellungnahmen und der Minderheitsvoten, auf welche sich auch die Politik bezieht. Der Kern der Auseinandersetzung liegt denn auch darin, dass der Zweite Senat eine besonders intensive Prüfung von Sperrklauseln vornimmt, weil die Bundestagsmehrheit darüber »gewissermaßen in eigener Sache« beschließt, also dabei nicht unbefangen ist. Die darin liegende Einschränkung des Handlungsspielraums des Hohen Hauses scheint besonders zu stören. Eine solch intensive Prüfung durch das Gericht ist nun auch bei künftigen Entscheidungen des Parlaments in eigener Sache zu erwarten, wenn die 5:3-Mehrheit, mit weicher das 5 %- und das 3 %-Urteil beschlossen wurden, auch nach dem Auswechseln zweier Mitglieder des Zweiten Senats weiterhin »hält«.
Die politischen Parteien haben, von der Öffentlichkeit fast unbemerkt, einen grundlegenden Wandel erfahren. Vom Steuerzahler alimentiert, flankiert von den noch sehr viel großzügiger subventionierten Fraktionen und unterstützt von einem Heer staatsfinanzierter Abgeordnetenmitarbeiter und Nutznießern parteilicher Patronage, entwickeln sie sich allmählich von den Bürgern weg zu regelrechten Staatsparteien. Die Richtung der parteilichen Willensbildung dreht sich um: Statt auch von unten erfolgt sie immer mehr nur noch von oben. Kleinere außerparlamentarische Konkurrenten bleiben von den kräftig sprudelnden Quellen an Geld und Posten ausgeschlossen. Mit demokratischen Grundsätzen ist das nicht mehr vereinbar und verlangt nach Konsequenzen. Die grundsätzliche Berechtigung von Fraktionsfinanzierung und Abgeordnetenassistenz soll allerdings keineswegs in Frage gestellt werden. Es geht nicht um das Ob, sondern um das Wie, um das Wieviel und Wofür. Das zentrale Problem der ganzen Entwicklung ist die mangelnde Kontrolle bei gleichzeitig leichter Verfügbarkeit der Mittel und großer Versuchung zum Missbrauch.
Das vorliegende schmale Bändchen setzt eigene Arbeiten über die Finanzierung von Fraktionen (Der Verfassungsbruch, 2011) und Abgeordnetenmitarbeiter (Abgeordnetenmitarbeiter: Reservearmee der Parteien?, Die Öffentliche Verwaltung 2011, S. 345 ff.) fort, stellt sie in den größeren Zusammenhang der politikwissenschaftlichen Forschungen über Parteienwandel, unterzieht sie einer sorgfältigen juristischen Wertung und zeigt die Klagemöglichkeiten für entmündigte Bürger und diskriminierte Parteien auf. Einen Schnellüberblick über das Thema geben das Inhaltsverzeichnis am Anfang und die Zusammenfassung am Ende.
Die Selbstbediener
(2013)
Teil 1: Politik: Macht, Missbrauch und Kontrolle
Teil 2: Versteckte Parteien! nanzierung: Fraktionen und persönliche Mitarbeiter von Abgeordneten
Teil 3: Trickreich an die Spitze: Die Bezahlung und Versorgung von Landtagsabgeordneten
Teil 4: Die Regierung: Stets vorne mit dabei
Teil 5: Die politische Klasse sichert sich ab: Mangelnde Kontrollen
Resümee: Wie sich die Bürger wehren können