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Bundespräsident Wulff erhielt in seiner Amtszeit als niedersächsischer Ministerpräsident einen Kredit von 500 000 Euro von dem befreundeten Ehepaar Geerkens. Dieser Kredit, der in Zusammenhang mit anderen Fällen von Gunsterweisen durch Geerkens und andere finanziell potente Freunde Wulffs - seit einiger Zeit öffentlkh diskutiert wird, soll hier in den Gesamtzusammenhang gestellt und einer juristischen Wertung unterzogen werden.
Bundespräsident Christian Wulff erhielte im Falle seines Rücktritts – entgegen verbreiteter Meinung – keinen „Ehrensold“, es sei denn, die Bundesregierung würde dem Gesetz Gewalt antun. Als Steuerzahler können wir also aufatmen. Ein lebenslanger Ehrensold in Höhe des vollen Gehalts nach 1 1/2jähriger Amtszeit eines 52jährigen Bundespräsidenten, der dem Amt keine Ehre gemacht hat, erschiene vielen als grob unangemessen. Als Bürger aber bleiben wir enttäuscht und Politikerverdrossen. Denn da Wulff auch seine Ministerpräsidenten- und Abgeordnetenpension erst später erhält, er im Falle eines Rücktritts also ziemlich mittellos dastehen würde, wird nun klar, warum er so hartnäckig an seinem Amt festhält und freiwillig kaum zum Rücktritt bereit sein dürfte. Wir werden ihn nicht los, auch wenn er sich für sein Amt disqualifiziert hat. Vor einem Dilemma steht auch Bundeskanzlerin Angela Merkel: Entweder verbiegt sie das Gesetz und verspricht Wulff doch noch den Ehrensold oder sie muss ihn weiter als Bundespräsidenten ertragen, auch wenn er zur politischen Belastung wird. Die auch finanzielle – Abhängigkeit von der Bundeskanzlerin nimmt dem Bundespräsidenten nun erst recht die für sein Amt unerlässliche Unabhängigkeit und schadet seinem Ansehen zusätzlich.
Was aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur 5-Prozent-Klausel bei Europawahlen folgt
(2012)
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur 5-ProzentKlausel bei Europawahlen setzt die strenge Kontrolle von Wahl- und Parteienfinanzierungsgesetzen durch den Zweiten Senat fort. Aus den Gründen dieser Entscheidung lassen sich Hinweise für die Beurteilung des neuen Bundestagswahlgesetzes entnehmen. Zusätzlich gibt das Urteil Fingerzeige für die rechtliche Einschätzung der "Parteien im Parlament", die aufgrund ihrer allzu großzügigen, selbst bewilligten Staatsfinanzierung immer mehr Parteiaufgahen übernehmen.
Hier soll die Berechtigung einer begrenzten staatlichen arteienfinanzierung keineswegs in Frage gestellt werden. Sie kann ein gewisses Gegengewicht zur Macht der Exekutive und der Wirtschaft bilden. Heute geht es aber nicht mehr um das Ob, sondern um das Wie, das Wieviel und das Wofür. Das zentrale Problem ist die mangelnde Kontrolle der in eigener Sache entscheidenden Parlamente bei gleichzeitig leichter Verfügbarkeit der Mittel und großer Versuchung zum Missbrauch. Die Reformbereitschaft, ja überhaupt die Erkenntnis der Probleme, wird bisher dadurch blockiert, dass die etablierten Demokratietheorien ihre normativen Standards senken, um sie der Entwicklung anzupassen, oder die Entwicklung völlig ignorieren. Auch die Staatsrechtslehre hat in ihrer Hauptrichtung die Probleme noch nicht erkannt. Sie konzentriert sich immer noch auf die formalen Parteien und übersieht dabei das rasante Wachstum der „Parteien im Staat“.
Da die Politik die nötige Transparenz und Kontrolle von selbst kaum einführen wird, wird einmal mehr das BVerfG eingreifen müssen. Nachdem das Gericht in seinem Urteil zur Fünfprozentklausel bei Europawahlen vom 9.11.2011 die
Kartellparteien im Bundestag nachdrücklich kritisiert und bestätigt hat, dass es auch in Zukunft bei Entscheidungen des Parlaments in eigener Sache besonders streng kontrollieren wird, dürfte ein Eingreifen auch hinsichtlich Fraktionen, Abgeordnetenmitarbeitern und Parteistiftungen nicht mehr lange auf sich warten lassen.
Mit seiner neuen Rechtsprechung zur Höhe der Beamtenbesoldung verlangt der zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts vom Gesetzgeber als Kompensat für fehlende inhaltliche Maßstäbe eine Begründung. Dafür kommen Indikatoren wie die Entwicklung von Preisen sowie anderweitigen Einkommen und Besoldungen in Betracht. Dadurch soll die Kontrolle durch Öffentlichkeit und Verfassungsgerichte erleichtert werden. Diese Rechtsprechung muss auch auf die Finanzierung von Fraktionen, parteinahen Stiftungen und Abgeordnetenmitarbeitern erstreckt werden, bei denen inhaltliche Maßstäbe ebenfalls völlig fehlen und wirksame Kontrollen erst recht notwendig sind. Die Begründung ergänzt damit den Gesetzesvorbehalt in seiner Funktion, die Kontrolle zu verbessern.
Zwei vorzeitige Rücktritte und die dritte Wahl eines Bundespräsidenten in nicht einmal drei Jahren haben den Blick auf das Verfahren gelenkt, in welchem das Staatsoberhaupt in Deutschland bestellt wird. Ja, sie haben sogar die Frage aufgeworfen, ob die Republik überhaupt noch einen Bundespräsidenten braucht. Der jüngste Rücktritt hat darüber hinaus den finanziellen Status ehemaliger Präsidenten in den Fokus gerückt. Ein "Ehrensold", lebenslang in voller Höhe des Amtsgehalts, für einen 52-Jährigen, der nur 20 Monate amtiert hat und in Unehren ausgeschieden ist, hat heftige öffentliche Diskussionen hervorgerufen und dazu veranlasst, die Voraussetzungen des Ehrensolds genauer unter die Lupe zu nehmen. Die Frage, wie es zu der für deutsche Amtsträger einmaligen Hundert-Prozent-Regelung kommen konnte, verlangt ebenfalls eine Antwort. Zugleich ist die konkrete Entscheidung des Bundespräsidialamts, Christian Wulff den Ehrensold zu gewähren, zu überprüfen und die noch ausstehende Entscheidung über die nachamtliche Ausstattung, die ExPräsidenten üblicherweise gewährt wird, zu erörtern.
Über Widerstand
(2012)
Die „Unabhängige Kommission zu Fragen des Abgeordnetenrechts“ unter dem Vorsitz des früheren Bundesjustizministers Edzard Schmidt-Jortzig war im November 2011 vom Ältestenrat des Bundestags eingesetzt worden. Ihr Auftrag lautete, „Empfehlungen für ein Verfahren für die künftige Anpassung der Abgeordnetenentschädigung und für die zukünftige Regelung der Altersversorgung von Abgeordneten nach Art. 48 III GG“ vorzulegen. Die Einsetzung erfolgte sozusagen zur Beruhigung. ...
Dürfen Bundestagsabgeordnete ihre Freifahrtberechtigung nur mandatsbezogen oder auch für sonstige Zwecke nutzen? Die Frage wird im staatsrechtlichen Schrifttum seit langem behandelt. Dabei ist zwischen Verfassungs- und einfachem Gesetzesrecht, zwischen Staats- und Steuerrecht zu unterscheiden. Neben der Frage des Ob-überhaupt stellt sich die weitere Frage, wie eine Privatnutzung steuerlich zu bewerten ist.
Der Landtag hat im Frühjahr 2013 Reformen des finanziellen Status seiner Mitglieder beschlossen. Doch die vom Rechnungshof angemahnte Fortsetzung des Reformprozesses droht auf die Zeit nach der Landtagswahl und damit auf den St. Nimmerleinstag verschoben zu werden. Der Landtag verfolgt dabei eine ganz ähnliche Strategie wie der Bundestag, der eine Erhöhung seiner Diäten um fast 1000 Euro und ihre Dynamisierung ebenfalls erst nach der Wahl angehen will. ...
Das neue Diätengesetz stockt die Entschädigung und die Altersversorgung von Bundestagsabge:ordneten in zwei Schritten um 10 Prozent auf und lehnt sie damit an die Bezüge von Bundesrichtern an. Zudem wird die Entschädigung an die Bruttolohnentwicklung angekoppelt und so einem Dynamisierungsautomatismus unterworfen. Das widerspricht der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Deshalb hatte der Bundestag früher für ein ähnliches Projekt eine Grundgesetzänderung vorgesehen, der aber der Bundesrat seine Zustimmung versagte. Ausschussvorsitzenden wird - entgegen ständiger Rechtsprechung - ein Zusatzgehalt gewährt. Eine große Zahl weiterer verfassungsrechtlicher Problempunkte greift der Gesetzgeber nicht auf.
Die Europawahl2014 rückt die staatliche Politikfinanzierung
erneut in den Fokus. Die. nachfolgende Analyse und Kritik
zeigt, dass bei der Finanzierung von Abgeordneten, Parteien
und Stiftungen wichtige Prinzipien des EU-Rechts unbeachtet
bleiben, etwa das Recht auf Chancengleichheit der politischen
Parteien und der Subsidiaritätsgrundsatz.
Die Urteile des Bundesverfassungsgerichts zu Sperrklauseln bei deutschen Europawahlen sind ungewöhnlich scharf kritisiert worden: sowohl aus der Wissenschaft als auch aus der Politik. Doch keines ihrer sachlich-inhaltlichen Argumente hält einer Überprüfung stand. Das zeigt die gründliche Durchsicht der wissenschaftlichen Stellungnahmen und der Minderheitsvoten, auf welche sich auch die Politik bezieht. Der Kern der Auseinandersetzung liegt denn auch darin, dass der Zweite Senat eine besonders intensive Prüfung von Sperrklauseln vornimmt, weil die Bundestagsmehrheit darüber »gewissermaßen in eigener Sache« beschließt, also dabei nicht unbefangen ist. Die darin liegende Einschränkung des Handlungsspielraums des Hohen Hauses scheint besonders zu stören. Eine solch intensive Prüfung durch das Gericht ist nun auch bei künftigen Entscheidungen des Parlaments in eigener Sache zu erwarten, wenn die 5:3-Mehrheit, mit weicher das 5 %- und das 3 %-Urteil beschlossen wurden, auch nach dem Auswechseln zweier Mitglieder des Zweiten Senats weiterhin »hält«.
Die politischen Parteien haben, von der Öffentlichkeit fast unbemerkt, einen grundlegenden Wandel erfahren. Vom Steuerzahler alimentiert, flankiert von den noch sehr viel großzügiger subventionierten Fraktionen und unterstützt von einem Heer staatsfinanzierter Abgeordnetenmitarbeiter und Nutznießern parteilicher Patronage, entwickeln sie sich allmählich von den Bürgern weg zu regelrechten Staatsparteien. Die Richtung der parteilichen Willensbildung dreht sich um: Statt auch von unten erfolgt sie immer mehr nur noch von oben. Kleinere außerparlamentarische Konkurrenten bleiben von den kräftig sprudelnden Quellen an Geld und Posten ausgeschlossen. Mit demokratischen Grundsätzen ist das nicht mehr vereinbar und verlangt nach Konsequenzen. Die grundsätzliche Berechtigung von Fraktionsfinanzierung und Abgeordnetenassistenz soll allerdings keineswegs in Frage gestellt werden. Es geht nicht um das Ob, sondern um das Wie, um das Wieviel und Wofür. Das zentrale Problem der ganzen Entwicklung ist die mangelnde Kontrolle bei gleichzeitig leichter Verfügbarkeit der Mittel und großer Versuchung zum Missbrauch.
Das vorliegende schmale Bändchen setzt eigene Arbeiten über die Finanzierung von Fraktionen (Der Verfassungsbruch, 2011) und Abgeordnetenmitarbeiter (Abgeordnetenmitarbeiter: Reservearmee der Parteien?, Die Öffentliche Verwaltung 2011, S. 345 ff.) fort, stellt sie in den größeren Zusammenhang der politikwissenschaftlichen Forschungen über Parteienwandel, unterzieht sie einer sorgfältigen juristischen Wertung und zeigt die Klagemöglichkeiten für entmündigte Bürger und diskriminierte Parteien auf. Einen Schnellüberblick über das Thema geben das Inhaltsverzeichnis am Anfang und die Zusammenfassung am Ende.
Die Selbstbediener
(2013)
Teil 1: Politik: Macht, Missbrauch und Kontrolle
Teil 2: Versteckte Parteien! nanzierung: Fraktionen und persönliche Mitarbeiter von Abgeordneten
Teil 3: Trickreich an die Spitze: Die Bezahlung und Versorgung von Landtagsabgeordneten
Teil 4: Die Regierung: Stets vorne mit dabei
Teil 5: Die politische Klasse sichert sich ab: Mangelnde Kontrollen
Resümee: Wie sich die Bürger wehren können
Die Selbstbediener
(2013)
Teil 1: Politik: Macht, Missbrauch und Kontrolle
Teil 2: Versteckte Parteien! nanzierung: Fraktionen und persönliche Mitarbeiter von Abgeordneten
Teil 3: Trickreich an die Spitze: Die Bezahlung und Versorgung von Landtagsabgeordneten
Teil 4: Die Regierung: Stets vorne mit dabei
Teil 5: Die politische Klasse sichert sich ab: Mangelnde Kontrollen
Resümee: Wie sich die Bürger wehren können
Insgesamt gesehen, werden die politische, die wirtschaftliche und die mediale "Klasse" durch vier Merkmale gekennzeichnet:
- Das eigene Interesse an Macht, Posten, Geld und Einfluss dominiert, und zwar nicht nur wenn es direkt um den eigenen Status geht. Auch bei allen anderen Entscheidungen spielt die Frage mit hinein, wie sich das auf die eigene Situation auswirkt.
- Die Dominanz des eigenen Interesses wird kaschiert. Stattdessen wird das Gemeinwohl vorgeschoben - nach der Devise: Was gut ist für die CDU oder die Deutsche Bank oder die Bildzeitung, ist gut für Deutschland und Europa.
- Der Einfluss der Bürgerschaft, von der eine wirksame Kontrolle der politischen, der wirtschaftlichen und der medialen Klasse ausgehen könnte, wird minimalisiert.
- Die Kontrolle durch Medien und Gerichte erfolgt nur punktuell und kann schleichende systemische Wandlungen kaum erfassen, obwohl diese die Menschen als Bürger immer weiter ersticken. Das sieht man beispielhaft an der Eurokrise.
Daraus erwächst eine Real-Verfassung, die hinter der Formal-Verfassung des Grundgesetzes steht und die Abläufe weitgehend dirigiert.
Martin Sonneborn nutzt nach dem Einzug ins EU-Parlament die öffentliche Bühne. Der Spitzenkandidat der "Partei" geht mit dem knappest möglichen Ergebnis an Wählerstimmen nach Brüssel. Ihm sollen 60 Kollegen folgen. Erklärtes Ziel: Möglichst viel Geld mitnehmen und im Wesentlichen die eigenen Rücktritte organisieren. Wahl- und Parteienrechtler Herbert von Arnim findet das nur begrenzt lustig.
"Überversorgt, unterbezahlt"
(2014)