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Nationale Verwaltungen sind auf unterschiedliche Weise in europäische Regelungsstrukturen in Form von Netzwerken, Ausschüssen und Agenturen eingebunden, die ihnen neue Handlungs- und Gestaltungsspielräume eröffnen. Dieses Phänomen ist keinesfalls neu, stellt es doch seit langem u.a. im Rahmen der Arbeit der Europäischen Kommission eine wichtige Quelle von Expertise dar (Christiansen/Piattoni 2003). Grundsätzlich scheinen insbesondere informelle Abstimmungsformen eher an Bedeutung zu gewinnen denn zu verlieren; obgleich extensive empirische Befunde hierzu rar sind, scheint ein gestiegener Bedarf gerade an informeller Abstimmung aufgrund einer zunehmenden Quantität und Komplexität von Regeln, jedoch auch nach wie vor bestehender Regelungslücken plausibel.
Entstehende Strukturen oder Arenen spielen eine zentrale Rolle u.a. im Agenda-Setting, bei der Vorbereitung von Rechtsakten oder der Abstimmung von gemeinsamen Auslegungshinweisen, Leitfäden und Umsetzungsstrategien. Dabei verbinden sie die nationale mit der EU-Ebene. “They play a crucial role in the daily operation of the European Union (EU) system of governance by providing expertise in policy development and decision-making, by linking Member-States’ governments and administrations with the EU level as well as by increasing the acceptance of European laws and programs in the member-states. EU committees are important arenas for EU governance as well as melting pots of national and supranational government systems” (Egeberg/Schaefer/Trondal 2003:4). Damit stellen sie eine zunehmend häufige Form von Governance dar, welche zentrale Felder nationaler Interessen berührt und oftmals eher transgovernemental aufgebaut ist (zu globalen transnationalen Netzwerken Slaughter 1997). Eine Reihe von Studien im Bereich neuer Governancemechanismen zeigt auf, dass die Zunahme von weichen Koordinierungs-mechanismen, von denen eine Reihe in informellen Arenen angesiedelt ist, empirisch beobachtbare Realität ist, und sucht darüber hinaus zu bestimmen, in wie fern diese informellen, nicht-bindenden Arrangements die Entstehung von Politiken und Entscheidungen erklären können, etwa im Bereich von Forschung zum „Trialog“ (Puetter 2012a). Hier ergeben sich erhebliche Rückwirkungen auch auf die nationale Ebene.
Insofern ist es für die Mitgliedstaaten von besonderer Relevanz, sich frühzeitig in diese Strukturen einzubringen, um sich Handlungsspielräume bei der Umsetzung zu erhalten oder neue zu schaffen sowie Agenden und Rechtsetzungsverfahren in einem frühzeitigen Stadium in bestimmte Richtungen zu lenken, bevor sie den Rat der europäischen Union erreichen.
Der vorliegende Beitrag befasst sich mit diesem Phänomen und fokussiert dabei informelle Arenen. Kernthese ist, dass die europäische Integration und ihre Strukturen informelle Arenen befördern, indem sie einerseits mehr Raum, andererseits aber auch mehr Notwendigkeiten generiert. Diskutiert werden sollen neben den Merkmalen der Informalität insbesondere diejenigen Rahmenbedingungen der EU, welche Informalität begünstigen oder erzwingen. Anschließend wird eine Typologie der Informalität auf Ebene der EU skizziert, welche Ansätze zu einer weiteren insbesondere auch empirischen Forschungsagenda eröffnen kann, einerseits mit Blick auf eine detaillierte quantitative und qualitative Erfassung dieser informellen Arenen, andererseits bezüglich der Rolle der Mitgliedsstaaten in ihnen.
Energiepolitik kann in allen modernen Volkswirtschaften als eines der Schlüsselpolitikfelder angesehen werden. Sie stellt inzwischen eine Querschnittsaufgabe dar, welche verschiedene andere Politikfelder berührt, insbesondere Umwelt- und Klimapolitik, Sozialpolitik, Wettbewerbspolitik und Industriepolitik, und darüber hinaus etwa sicherheits- und außenpolitische Aspekte aufweist. Der Begriff der Energiepolitik als Teil der Wirtschaftspolitik umfasst im engeren Sinne Aktivitäten von Gebietskörperschaften aller Ebenen, Parteien oder inter- bzw. supranationaler Institutionen zur Regelung des Systems der Aufbringung, Umwandlung, Verteilung und Verwendung von Energie.
Unterschieden werden müssen jedoch auch hier die prozessualen (politics) sowie inhaltlichen Aspekte (policy) der Energiepolitik. Im weiteren Sinne, als Governance des Energiesektors verstanden, können alle institu-tionellen Rahmenbedingungen, Prozesse und Aktionen, welche auf die Herstellung gesellschaftlich verbindlicher Entscheidungen über Struktur- und Prozessgestaltung in der Her- und Bereitstellung, Verteilung und sowie der Planung und Lenkung des Verbrauchs von Energie zielen unter Energiepolitik subsumiert werden. Aus diesen Rahmenbedingungen folgt in modernen Demokratien in der Regel ein System oftmals schrittweise vor-genommener Politikanpassungen (Inkrementalismus) in der Energiepolitik. Mit Blick auf Deutschland und andere Mitgliedsstaaten der Europäischen Union bedeutet dies eine weitgehende Einbettung des nationalen Politikfeldes in europäische Rahmenbedingungen sowie die Berücksichtigung entsprechender Wechselwirkungen horizontal wie auch vertikal.
Introduction
(2018)
EU administrative law scholarship and practice remain confused about the reach and interrelation of arts 290 and 291 TFEU, which created the categories of delegated and implementing Commission acts. The introduction of these two different instruments of executive rule-making by the Lisbon Treaty has prompted attempts in delineating them, based on constitutional theories of separation of powers or functional differentiation. These attempts have failed to a large extent, all the more since the CJEU’s relevant case law has not been helpful in constructing a proper distinction. Today, recourse to arts 290 and 291 TFEU by the legislator takes place in the tension created between the fact that the Treaties, informed by an abstract constitutional distinction between legislation and execution, appear to have created categorically different acts, and the fact that delegated and implementing rule-making procedures in practice have become increasingly similar to each other. In simplified terms, the problem is that delegated and implementing acts appear – in terms of their foundation in primary law – as fundamentally different acts that are, however, adopted in practice through similar procedures, at the same time as their content and legal effects are indistinguishable in many or even in most cases. Yet, if we accept that the creation of two forms of Commission acts was prompted by some form of legal necessity or legitimate political will, then understanding the difference between delegating and implementing acts remains paramount.
Arts. 290 and 291 TFEU are notoriously hard to differentiate. However, there is some evidence that a separation on the basis of substantive regulation through delegated acts and procedural specifications by implementing acts is forthcoming. The substantive – procedural differentiation is not very clear cut, but it affords the institutions flexibility in answering new challenges while at the same time exerting some guiding force. This Conclusion describes the separation of delegated and implementing acts along the substantive – procedural differentiation but also points to problems ahead. Thus, constitutional ambiguity, an inappropriate reliance on pre-Lisbon doctrine and the lack of a common vision continue to plague the law on EU administrative rule-making. To find a way to fulfil the promise of simplification that is part of the Lisbon reform, the EU institutions will all need to take the procedural safeguards around delegated and implementing acts more seriously.
Article 6(2) TEU provides that the EU shall accede to the European Convention on Human Rights. However, the EU accession project has been significantly delayed by Opinion 2/13 of the ECJ. At the same time, there appears to be some harmony in the case law of the two European Courts, which could lead to the status quo being considered as a valid alternative to EU accession. It might therefore be tempting to remove Article 6(2) altogether from the TEU at the next revision of the Treaties. This paper argues that Article 6(2) should stay in the TEU, because a closer look reveals that the current status quo is not satisfactory: it does not allow an adequate representation of the EU in the procedure before the European Court of Human Rights, nor is it capable of ensuring in the long-term comprehensive and stable consistency between EU law and the Convention. Moreover, removing Article 6(2) TEU would undermine the very idea of a collective understanding and enforcement of fundamental rights. This could initiate a process leading to the current European architecture of fundamental rights protection being unravelled altogether. Hence, there is no return from Article 6(2) TEU. Neither is there from actually implementing it.
Die Lissabonner Verträge haben die EU grundlegend transformiert. Eine der Gemeinschaften ist in der EU aufgegangen -- die andere, Euratom, besteht aber weiter. Im Lichte der tiefgreifenden Veränderungen, vor denen die EU im Zuge des Austritts eines Mitgliedstaates steht, ist das Verhältnis zwischen der EU und Euratom grundlegend zu klären. Wie verhält sich die Mitgliedschaft in der EU zur Mitgliedschaft in der Euratom? Der vorliegende Beitrag kommt zu dem Schluss, dass trotz getrennter rechtlicher Existenz beider Organisationen eine Mitgliedsschaft nur in beiden gleichzeitig möglich ist.
Inuit and Subjects in EU law
(2017)
Vortrag auf der ICON Konferenz 2017 in Kopenhagen zur Konstruktion des EU Rechtssubjekts anhand der Inuit Rechtsprechung des EuGH
Searching for Order. Exploring the use of delegated and implementing acts in the EU customs code
(2017)
Artikel über Unterschiede in der gesetzgeberischen Ermächtigung der Kommission unter Art. 290 AEUV gegenüber Art. 291 AEUV anhand des EU Zollkode. Der Artikel findet empirische Unterschiede insofern als Art. 290 AEUV für die Ermächtigung der Festsetzung von 'Bedingungen' verwendet wird, und Art. 291 AEUV für die Ermächtigung zur Festsetzung von Verfahrensregeln.
Mit dem Beitritt der Europäischen Union zur Europäischen
Menschenrechtskonvention ist der Vorgang gemeint, bei dem die EU Vertragspartei der EMRK werden soll mit der Folge, dass auch sie damit der Gerichtsbarkeit des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte
unterworfen sein wird. Mehr als dreißig Jahre ist davon
schon die Rede, aber der Lissabonner Vertrag, der die EU zu diesem Beitritt auffordert und dazu die Rechtsgrundlage
schafft, hat diesem Projekt einen neuen Elan gegeben.
Meister der Raffgier
(2004)
Tatort Europa
(2006)
Gesetze über Parteien sind im Parteienstaat der Bundesrepublik Teil der materiellen Verfassung. Entsprechend heftig werden selbst kleinere Mängel und Gesetzesänderungen diskutiert. Von der neuen europäischen Parteienverordnung (ABlEU Nr. L 297 v. 15. 11. 2003, 5. 1) hat die Öffentlichkeit dagegen noch kaum Notiz genommen, obwohl nun von Brüssel her wichtige Grundsätze des deutschen Parteienrechts unterlaufen zu werden drohen. Bei der Diskussion um die europäische Verfassung darf deshalb die europäische Parteienverordnung nicht ausgeklammert werden.
Wohin treibt Europa?
(2007)
Das Europa-Komplott
(2006)
Die Auswüchse, mit denen sich ein großer Teil dieses Buches beschäftigt, sind derart krass, dass sich die Frage aufdrängt, wie es dazu eigentlich kommen konnte. Warum konnten die Verantwortlichen selbst massivste Kritik unbeeindruckt aussitzen? Warum glaubten sie, Kritiker ungestraft verleumden zu können? Organisation und Entscheidungsverfahren der EU gerieten so fast zwangsläufig in den Fokus. Ihre Analyse macht einen weiteren Teil des Buches aus. Dabei geht es nicht um eine Gesamtdarstellung der EU, sondern um exemplarische Teilbereiche. Die Untersuchung ergibt: Die europäische Politikfinanzierung und die Aufblähung der Pfründen, die alle für die Bürger geltenden Grundsätze auf den Kopf stellen, sind nur der sichtbare Ausdruck eines Demokratie- und Kontrolldefizits, das kennzeichnend ist für die Europäische Union insgesamt. Nirgendwo sonst kommen die extreme Bürgerferne der EU und der Expansionsdrang ihrer Organe derart unverblümt zum Vorschein wie in den Regeln, die die politische Klasse sich in eigener Sache gegeben hat. Abhilfe kann nur eine grundlegende Neuordnung schaffen, die demokratische Mindeststandards wie politische Gleichheit und Gewaltenteilung einhält und eine »Regierung durch und für Bürger« ermöglicht. Die Behebung der Demokratiemängel in der EU ist vielleicht nicht alles, aber ohne sie ist alles nichts.
Article 191 EC ascribes several functions to "political parties at European level" and empowers the European Parliament and the Council to regulate the status and the financing of these parties. On this legal grounding the European Regulation on Political Parties was adopted in the year 2003 and entered into force on July, 20th.
A "political party at European level" is defined by the Regulation as a "political party" (association of citizens) or an "alliance of political parties" (structured cooperation between at least two political parties) which is electorally successful in at least one quarter of the 25 member States. Every party which is represented by elected members in regional assemblies in at least seven member States will receive money from the European budget. Such a party will at least share in the 15 percent from the total available public subvention. The lion's share (85%), however, will be divided among those parties which are also successful in European elections.
This applies to the existing party alliances on which the Regulation is obviously based, viz. the "Party of European Socialists" (PES) the "European People's Party" (EPP), the "European Liberal Democrats" (ELDR), the "European Federation of Green Parties" (EFGP) the "European Free Alliance" (EFA) and the "Party of the European Left", which was founded prior to the European elections.
The public subventions intended for European party alliances glaringly violate constitutional principles developed in Germany. These principles are not binding on European institutions. They are not, however, completely meaningless because they have political relevance, at least in Germany. They will also influence the creation of European principles in the field of party financing. The same is true for the standards developed by the Council of Europe.
The public funding system violates European primary law. This is true for Article 191 EC as well as for the principle of equality which is binding at European level too. All of these standards aim at two democratic principles:
<ol><li>promoting direct linkages between parties and citizens and</li>
<li>ensuring the openness and fairness of political competition.</li></ol>
The Regulation violates these principles in several aspects:
Defining the European party alliances as political parties violates the meaning of the term "political party". In the member States of the European Union, the membership of natural persons as well as the fielding of candidates in elections are necessary conditions to qualify as a political party. The term "political party" defined in this uniform manner is relevant at European level. However, the party alliances in their present form fail to meet either of the two conditions. In the Statutes of all European party alliances natural persons only play at most a marginal role. The fielding of candidates at elections is monopolised by the national parties. The European party alliances lack everything which actually makes a political party. Therefore, these party alliances are not political parties within the meaning of Article 191 EC. From the very outset then the entire Regulation is devoid of a legal basis.
Without natural persons as members and by not fielding electoral candidates, the European party alliances cannot meet the functions ascribed to them in Article 191 EC. They can neither "express the political will of citizens" nor "form a European awareness". Both can - according to democratic principles - only be achieved in a bottom-up process and not in a top-down process. The European party alliances can therefore not be defined as "parties at pan-European level".
The provision of public funding will further increase the distance between citizens and the European party alliances. It will reduce any interest within these party alliances to recruit natural persons as members or to strengthen their links with voters. The required 25 percent of "own resources" will in fact consist of membership fees from political parties, from parliamentary groups, party taxes and donations from national parliamentary groups which may also be partly funded out of the public budget. Therefore, a complete public funding of European party alliances will occur. That is not compatible with the principle of grass roots support.
The actual quantum of public funding is not defined in the Regulation itself, but remains to be set in the annual budget. Therefore, doors to a massive increase of the public funds are wide open because no relevant hurdles for the Parliament deciding on its own behalf exist. Increases are hidden among one of the many budget lines of the European Union. Any possible control by the fragmented nature of "European public opinion" is further weakened. The Council has to agree to the budget as a whole. However, based upon a "Gentleman's agreement" between Parliament and Council, neither body interferes with the adoption of the budget of the other body. We can, therefore, already foresee that the amount of 6.5 m. Euros set down for the year 2004 will soon explode. There is already talk of the need for about 100 m. Euros per year. This foreseeable and unchecked increase in public funding which in Germany itself is prevented by the so-called "absolute limit", equally violates the principle of voter support at the grass roots level.
Real political parties in the sense of associations of citizens, which would meet the requirements of Article 191 EC and which would be able to fulfil the functions defined by this article do not exist at European level and are given no realistic chance to emerge. They are factually excluded from public funds. They would have to achieve at least three percent of the votes in seven member States in order to participate alone in the 15 percent share. These conditions are prohibitive.
The criteria defined in the Regulation unnecessarily extend the inequalities of the European electoral system to the public funding of European parties. Accordingly, one vote from Luxemburg will not only have sixteen times as much weight as one vote from Germany, it will also bring the respective parties at European level sixteen times as much public funding. This is not compatible with the principle of equality. While inequalities in the distribution of seats in the European Parliament are laid down in primary law, corresponding reasons do not exist for the distribution of public subventions to political parties.
National thresholds in elections to the European Parliament also lead to inequalities. In member States without threshold, a mandate can be won with as few as 30,000 votes. In Germany about 1.6 m. votes are necessary, that is about 53 times as many. This conflicts with the principle of equality.
Reserving 85 percent of the funds for parties represented in the European Parliament and dividing the remaining 15 percent into equal shares, clearly advantages the established parties. This too is incompatible with the principle of equality. Keeping open the process of political competition requires more scope being allowed for possible political opponents.
An alternative compatible with the principle of equality would be to take into account only the number of votes won in European elections. This would prevent parties from larger member States or parties in member States with thresholds from being grossly disadvantaged. This alternative would conform with the requirements of the system since results in national or regional elections have nothing to do with the programs of European parties; nor is there any reason for them to influence the distribution of public funds to European parties.
Transferring control of the applicability criteria to the Bureau of the European Parliament places responsibility into the hands of a political institution. This creates the danger that established political forces might exclude their political opponents for spurious reasons.
From a German perspective the prohibition of donations exceeding 12,000 Euros is especially welcome because in Germany no such limits for donations exist. The requirement that donations of 500 Euros and above must be published also represents progress, even though the Regulation seems to allow donations to be split up, so that this limit can easily be circumvented.
Controls are deficient. Effective sanctions are almost totally absent. Only the refunding of funds improperly received is defined in the Regulation. Inaccurate declarations in the annual accounts, non-declaration of large donations, even the acceptance of prohibited donations: none of these lead to any legal consequences. Such donations are not required to be refunded, nor is there provision for any prosecution. The European Court of Justice could however, still bring the Regulation to a halt.
The introduction of public funding for political parties at the European level was inspired by three motives which have long guided the political class:
<ol><li>To gain access to public funds and to use the European budget for this purpose</li>
<li>To exclude political opponents and manipulate party competition in accordance with their own interests
and</li>
<li>To eliminate effective means of control over Parliament deciding on its own behalf.</li></ol>
Art. 191 EGV schreibt "politischen Parteien auf europäischer Ebene" bestimmte Funktionen zu und ermächtigt Parlament und Rat, den Status dieser Parteien und ihre Finanzierung aus dem EU-Haushalt zu regeln. Auf dieser Grundlage wurde im Jahre 2003 die europäische Parteienverordnung erlassen, deren Finanzierungsvorschriften am 20. Juli 2004 in Kraft getreten sind.
Als "politische Partei auf europäischer Ebene" definiert die Verordnung eine "politische Partei" (Vereinigung von Bürgern) oder ein "Bündnis politischer Parteien" (strukturierte Zusammenarbeit mindestens zweier politischer Parteien), welche(s) in mindestens einem Viertel der 25 Mitgliedstaaten erfolgreich ist. Wer in sieben Ländern zumindest bei den Regionalwahlen Abgeordnete in die Volksvertretung entsenden kann, bekommt EU-Geld. Jedenfalls wird er an einem Topf beteiligt, der 15 Prozent der gesamten öffentlichen Mittel umfasst. Den Löwenanteil von 85 Prozent teilen dagegen diejenigen unter sich auf, die zusätzlich bei Europawahlen erfolgreich sind.
Dies sind die derzeit bestehenden Bündnisse politischer Parteien, auf die die Verordnung offenbar gemünzt ist: die "Sozialdemokratische Partei Europas" (SPE) als Zusammenschluss der sozialdemokratischen und sozialistischen Parteien, die "Europäische Volkspartei" (EVP) als Organisation des bürgerlich-konservativen Lagers, die "Liberale und Demokratische Partei Europas" (LIBE) als Zusammenschluss der liberalen Parteien, die "Europäische Freie Allianz" (EFA) als Föderation regionalistisch orientierter Parteien und die "Europäische Grüne Partei" (EGP) als Dachorganisation der Grünen Parteien. Hinzu kommt die Partei der Europäischen Linken (EL) als Zusammenschluss der nicht sozialistischen Linken, die sich noch vor der Europawahl konstituiert hat.
Die vorgesehene öffentliche Finanzierung europäischer Parteibündnisse widerspricht den in der Bundesrepublik Deutschland entwickelten verfassungsrechtlichen Anforderungen eklatant. Die vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Beurteilungsgrundsätze binden europäische Organe zwar nicht. Sie sind aber keinesfalls bedeutungslos, weil sie, zumindest in Deutschland, politische Wirkung entfalten können. Zudem fließen sie in die Entwicklung europarechtlicher Grundsätze mit ein. Dasselbe gilt für die Grundsätze, die der Europarat aufgestellt hat.
Die Finanzierung widerspricht dem primären Europarecht, und zwar sowohl Art. 191 EGV als auch den Grundsätzen der Gleichheit und der Bürgernähe, die auch nach EU-Recht verbindlich sind. Alle diese rechtlichen Anforderungen laufen auf zwei demokratische Grundprinzipien hinaus:
<ol><li>die Gewährleistung einer gewissen Bürgernähe (bzw. "Staats"ferne) der Parteien und</li>
<li>die Gewährleistung von Gleichheit zur Sicherung der Offenheit und Fairness des politischen Wettbewerbs.</li></ol>
Die Verordnung verletzt beide Fundamentalsätze mehrfach: Die Klassifizierung der Parteibündnisse als "politische Parteien" widerspricht dem Parteibegriff. In den Mitgliedstaaten der Europäischen Union stellen die Mitgliedschaft natürlicher Personen sowie die Aufstellung von Kandidaten bei Wahlen unabdingbare Voraussetzungen für die Anerkennung als politische Partei dar. Dieser einheitliche Parteienbegriff, der ein Minimum an Bürgernähe der Parteien sichern soll, hat auch europarechtliche Relevanz. Die Parteibündnisse erfüllen in ihrer jetzigen Form beide Begriffselemente nicht. In den Statuten aller europäischen Parteibündnisse wird natürlichen Personen, wenn überhaupt, nur eine Nebenrolle zugewiesen. Die Aufstellung von Kandidaten bei Europawahlen wird von den nationalen Parteien Jagenommen. Den Parteibündnissen fehlt somit genau das, was politische Parteien im Kern ausmacht.
Die Parteibündnisse sind deshalb keine Parteien im Sinne des Art. 191 EGV. Die Verordnung entbehrt damit von vornherein der europarechtlichen Grundlage.
Ohne Bürger als Mitglieder und die Aufstellung von Kandidaten bei Europawahlen können die Parteibündnisse auch die ihnen durch Art. 191 EGV zugewiesenen Funktionen nicht erfüllen. Sie können weder den "politischen Willen der Bürger" zum Ausdruck bringen noch ein "europäisches Bewusstsein" herausbilden, wie dies Art. 191 verlangt. Beides kann nach demokratischen Grundsätzen, zu denen sich auch die Europäische Union bekennt (Art. 6 Abs. 1 EUV), nur von unten nach oben erfolgen und nicht, wie von der Verordnung vorgesehen, von oben nach unten. Damit können Parteibündnisse erst recht nicht als "Parteien auf europäischer Ebene" im Sinne des Art. 191 EGV anerkannt werden.
Die vorgesehene öffentliche Finanzierung der Parteibündnisse verstärkt die Bürgerferne noch. Sie nimmt den Parteibündnissen den Anreiz, sich um natürliche Mitglieder und eine Verwurzelung in der gesellschaftlichen Sphäre zu bemühen. Die von der Verordnung vorgeschriebenen 25 Prozent Eigenmittel werden de facto aus Beiträgen der Fraktionen des Europäischen Parlaments, aus Zuwendungen der nationalen Mitgliedsparteien und aus "Parteisteuern" von Abgeordneten stammen, also wiederum zu einem Großteil aus öffentlichen Mitteln. Damit ist eine Finanzierung von bis 100 Prozent aus öffentlichen Mitteln vorprogrammiert.
Das ist mit dem Grundsatz der Bürgernähe nicht vereinbar.
Das Gesamtvolumen der öffentlichen Mittel wird nicht in der Verordnung festgelegt, sondern lediglich im jährlichen Haushaltsplan. Dadurch wird einer übermäßigen Erhöhung der Mittel Vorschub geleistet, da jede Kontrolle des in eigener Sache entscheidenden Parlaments fehlt. Erhöhungen gehen leicht in der Vielzahl von Haushaltstiteln unter. Die ohnehin segmentierte, schwach ausgeprägte öffentliche Kontrolle wird weiter geschwächt. Der Rat muss dem Haushalt zwar zustimmen. Es besteht aber ein Gentlemen's Agreement, wonach der Einzelplan des Parlaments als dessen alleinige Angelegenheit behandelt wird und der Rat
ihn unbeanstandet passieren lässt. Es ist deshalb zu erwarten, dass die für das Jahr 2004 vorgesehenen 6,5 Millionen Euro bald sprunghaft ansteigen werden. Im Gespräch sind bereits jetzt 100 Millionen Euro pro Jahr. Das absehbare unkontrollierte Hochschießen der öffentlichen Mittel, zu dessen Verhinderung das deutsche Bundesverfassungsgericht die "absolute
Obergrenze" entwickelt hat, widerspricht ebenfalls dem Grundsatz der Bürgernähe.
Echte politische Parteien im Sinne von Vereinigungen von Bürgern, die dem Parteibegriff des Art. 191 EGV genügen und die dort definierten Funktionen erfüllen würden, existieren auf europäischer Ebene nicht und bekommen auch keine realistische Chance, sich zu entwickeln. Denn sie werden von der öffentlichen Finanzierung faktisch ausgeschlossen. Da es für sie keinen Sinn macht, sich an Regionalwahlen zu beteiligen, müssten sie in sieben Staaten mindestens drei Prozent der Stimmen bei der Europawahl erringen, um auch nur an dem 15 Prozent-Anteil teilzuhaben. Das sind prohibitive Voraussetzungen.
Die in der Verordnung definierten Kriterien dehnen die bestehendeUngleichheit des europäischen Wahlrechts auch auf die öffentliche Parteienfinanzierung aus, ohne dass dafür eine Notwendigkeit bestünde. Eine Stimme aus Luxemburg hat nicht nur sechzehn mal so viel Gewicht bei der Verteilung der Mandate wie eine Stimme aus Deutschland, sondern wird den betroffenen Parteien auf europäischer Ebene auch sechzehn mal so viel öffentliche Mittel einbringen. Das ist mit dem Gleichheitssatz nicht vereinbar. Und eine primärrechtliche Außerkraftsetzung des Gleichheitssatzes, wie sie für das Wahlrecht ausnahmsweise besteht, gibt es für die Parteienfinanzierung nicht.
Auch nationale Sperrklauseln bei den Wahlen zum Europäischen Parlament führen zu Ungleichheiten. In Staaten ohne Sperrklausel kann ein Mandat teilweise bereits mit rund 30.000 Stimmen erreicht werden. In Deutschland sind dafür rund 1,6 Mio. und damit 53 mal so viele Stimmen erforderlich. Dies widerspricht ebenfalls dem Gleichheitssatz.
Die Reservierung von 85 Prozent der Mittel für die im Europäischen Parlament vertretenen Parteien und die Gleichverteilung der restlichen 15 Prozent begünstigt die Etablierten übermäßig. Auch das widerspricht dem Gleichheitssatz. Die Offenhaltung des politischen Wettbewerbs erfordert eine stärkere Berücksichtigung möglicher Herausfordererparteien.
Eine mit dem Gleichheitssatz vereinbare Alternative wäre die alleinigeOrientierung des Zugangs zu den öffentlichen Mitteln und derMittelverteilung an den bei der Europawahl errungenen Stimmen. Dieses Verfahren würde verhindern, dass Parteien, die in großen Staaten oder in Staaten mit Sperrklausel kandidieren, krass benachteiligt werden. Das Anknüpfen ausschließlich an den Ergebnissen der Europawahl ist auch funktionsgerecht, da die Ergebnisse von National- und Regionalwahlen nichts mit Programm und Anliegen der Europaparteien zu tun haben und deshalb nicht einzusehen ist, warum sie die Höhe der öffentlichen Mittel von Europaparteien beeinflussen sollen.
Die Kontrolle der Zugangskriterien durch das Präsidium überträgt die Entscheidung einem politischen Gremium. Das begründet die Gefahr, dass die etablierten politischen Kräfte unliebsame Konkurrenten mit vorgeschobenen Gründen ausschließen.
Zu begrüßen ist aus deutscher Sicht das Verbot, Spenden über 12.000 Euro anzunehmen. Auch die Publikationspflicht für Spenden über 500 Euro erscheint als Fortschritt, wenn die Verordnung in diesem Fall auch den Eindruck vermittelt, sie ließe die Stückelung von Spenden zu, sodass die Obergrenze leicht umgangen werden kann.
Die Kontrollen sind zu schwach ausgeprägt. Wirksame Sanktionen fehlen fast völlig. Lediglich die Rückzahlung unrechtmäßig erhaltener Mittel ist in der Verordnung vorgesehen. Fehlerhafte Angaben im Rechenschaftsbericht, das Nicht-Deklarieren von größeren Spenden, selbst die Annahme verbotener Spenden bleibt ohne rechtliche Konsequenz. Weder sind derartige Spenden abzuführen, noch sind Strafvorschriften vorgesehen. Der Europäische Gerichtshof könnte die Verordnung aber noch stoppen.
Dass eine rechtlich und politisch derart mangelhafte öffentliche Parteienfinanzierung auf EU-Ebene eingeführt wurde, dürfte vor allem drei Motiven der Akteure entspringen, die dem Begriff der politischen Klasse immanent sind:
<ol><li>an öffentliche Gelder heranzukommen und zu diesem Zweck den EU-Haushalt anzuzapfen,</li>
<li>den Parteienwettbewerb zu ihren Gunsten zu manipulieren, um unliebsame Konkurrenten zu behindern, und</li>
<li>Kontrollen des in eigener Sache entscheidenden Parlaments möglichst auszuschalten.</li></ol>