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Wirksame Finanzaufsicht über die Kommunen. Dimensionen und Determinanten der Umsetzungspraxis
(2018)
In Zeiten einer in vielen Kommunen Deutschlands ungebremsten Haushaltskrise kommt der Frage nach der Rolle der staatlichen Finanzaufsicht über die Kommunen eine ungebrochene praktische Bedeutung zu. Obwohl die Finanzaufsicht in allen deutschen Ländern die Vorgabe ausgeglichener kommunaler Haushalte garantieren soll, beschränkte sich die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dieser Institution meist nur auf rechtlichformale Betrachtungen. Dieser Beitrag nimmt explizit
die bisher vernachlässigte Vollzugspraxis der kommunalen Finanzaufsicht in den Blick und analysiert drei für ihre Wirksamkeit als konstitutiv erachtete Aspekte: Die politische Unabhängigkeit der Aufsichtsbehörden, deren urchsetzungsfähigkeit
sowie die Kooperation mit den Kommunen. Der zentralen Frage nach der Bedeutung dieser Dimensionen und deren Bewertung in der Praxis wird in einem ersten, deskriptiven Schritt auf der Basis von bislang einzigartigen Umfragedaten und qualitativen Interviews begegnet. Konsequenterweise ergibt sich daraus die Frage nach zentralen Determinanten der einzelnen Dimensionen, die in einem zweiten, analytischen Schritt durch theoretisch hergeleitete politische und haushaltsbezogene Variablen empirisch beantwortet wird. Die Ergebnisse sind eindeutig: Die Wahrnehmung der Praxis kommunaler Finanzaufsicht ist am ehesten von der fiskalischen Problemlage vor Ort determiniert,
Parteicouleur oder parteipolitische Kongruenz zwischen
Bürgermeister und Landrat spielen keine Rolle.
Die kommunale Finanzaufsicht
(2017)
Die geschichte der Finanzaufsicht reicht bis weit in das 19. Jahrhundert zurück und ist tief verwurzelt im deutschen Verständnis von kommunaler Selbstverwaltung. Sie ist ein akzeptierter und notwendiger Bestandteil des kommunalen Finanzsystems. Verwaltungsstrukturen, rechtliche Spielräume und gesetzlicher Auftrag sind in allen Ländern im Grundsatz ähnlich, unterscheiden sich jedoch im Detail.
Die Entwicklung der Kommunalfinanzen ist seit Jahren geprägt durch einen enormen An-stieg der Kassenkredite, welcher die prekäre Finanzsituation vieler Kommunen widerspiegelt. Allerdings verläuft diese Entwicklung regional sehr ungleich: Über die Hälfte der Kassenkredite konzentriert sich in Nordrhein-Westfalen (NRW). Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland komplettieren das Krisenquartett.
Als Reaktion auf diese Entwicklung legten seit 2009 neun der dreizehn Bundesländer kommunale Entschuldungsprogramme auf. Ziele und Wege der Programme sind im Detail sehr unterschiedlich. Gemein ist ihnen, dass sie zusätzliche Mittel außerhalb der regulären Finanzausgleiche bereitstellen, um die strukturellen Finanzprobleme der teilnehmenden Kommunen zu adressieren. Im Gegenzug verpflichten sich diese zu verstärkten Konsolidie-rungsanstrengungen.
Die Einführung dieser Hilfsprogramme ging meist mit strukturellen Änderungen im Regime der kommunalen Finanzaufsicht einher. Dadurch will man sicherstellen, dass die Programmkommunen die Auflagen erfüllen und die Ziele der Programme erreichen. Die Änderung der Aufsichtsbeziehungen kann aber auch als Indiz gewertet werden, dass die gegebenen Strukturen nicht zufriedenstellend funktionierten und die kommunale Verschuldung nicht wirksam begrenzten. Der folgende Beitrag zeichnet anhand der Hilfsprogramme der Länder Hessen und NRW nach, welche formellen Änderungen sich aus diesen Programmen für die Finanzaufsicht ergeben und im Besonderen wie sich diese auf die Aufsichtspraxis auswirken.
Grundlage des Beitrags sind Daten des Forschungsprojekts Finanzaufsicht 2020, in dessen Rahmen Experteninterviews und Workshops mit Mitarbeitern der Aufsichtsbehörden und Aufsichtsbetroffenen sowie eine fragebogengestützte Befragung der Aufsichtsbehörden und Kämmereien der Länder Hessen, NRW und Sachsen durchgeführt wurden.
In der kommunalpolitischen Praxis hat die Finanzaufsicht viele - oft wenig schmeichelhafte - Gesichter. Im Hinblick auf die kommunale Haushaltssituation wird sie wahlweise als Investitionshindernis oder gar Bedrohung der kommunalen Selbstverwaltung, als zahnloser Tiger oder als Sündenbock für das Abrutschen von Kommunen in die, Vergeblichkeitsfalle' gesehen. Im Gegensatz zur öffentlichen Wahrnehmung spielt die Finanzaufsicht bei der wissenschaftlichen Analyse potentieller Bestimmungsfaktoren der unterschiedlichen Performanz kommunaler Haushalte bis dato eine untergeordnete Rolle. Obwohl einschlägige Studien eine Vielzahl unterschiedlicher Erklärungsfaktoren wie beispielsweise sozioökonomische Rahmenbedingungen, spezifische (partei-) politische Konstellationen auf lokaler Ebene, etc„ in Betracht ziehen, reichen die in der Literatur diskutierten Einflussfaktoren nicht aus, um die hohe Heterogenität der kommunalen Haushaltsergebnisse vollständig zu erklären. Damit rückt das System der kommunalen Finanzaufsicht als elementarer, aber wissenschaftlich bisher weitgehend vernachlässigter Bestandteil des kommunalen Finanzsystems in den Fokus des Erkenntnisinteresses.