Lehrstuhl für Verwaltungswissenschaft, Staatsrecht, Verwaltungsrecht und Europarecht (Univ.-Prof. Dr. Mario Martini)
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Für die einen sind sie der Katalysator der Wirtschaft 4.0, für die anderen ein Bremsklotz, der Startups am „Erwachsenwerden“ hindert: Regulatorische Sandkastenmodelle. Dieses neue Aufsichtskonzept hat in der Finanzbranche weite Kreise gezogen, nachdem sich die britische Financial Conduct Authority als erste Aufsichtsbehörde im Europäischen Wirtschaftsraum einem ungewöhnlichen Projekt öffnete: 18 Startup-Unternehmen durften unter regulatorisch privilegierten Ausgangsbedingungen Finanzdienstleistungs-Apps auf der Grundlage neuer Technologien entwickeln. Der nachfolgende Beitrag nimmt einen bisher vernachlässigten Aspekt in Augenschein: die subventions- und beihilferechtliche Dimension.
Daten der öffentlichen Hand sind in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus der Zivilgesell-schaft und der digitalen Wirtschaft gerückt: Zugang und Nutzung derselben fördern demo-kratische Transparenz und stimulieren zunehmend digital basierte Geschäftsmodelle, die Innovation und Wohlstand versprechen.... So wurde das Informationsweiterverwendungs-gesetz am 23.7.2021 durch das Datennutzungsgesetz (DNG) abgelöst. Dem DNG widmet sich nun Heiko Richter in einer Neuauflage seines bei C. H. Beck erschienenen Kommentars.
Justiz und Algorithmen
(2021)
Richterliche Rechtsfindung ist fehleranfällig. Was unspektakulär klingt, belegen neuere empirische Daten eindrucksvoll. Durch Rationalitätsschwächen kann es zu Verzerrungen und jedenfalls dazu kommen, dass sachfremde Aspekte einfließen. Können Algorithmen und »Künstliche Intelligenz« dazu beitragen, dass gerichtliche Entscheidungen »rationaler« werden? Überlegungen zur Automatisierung im Recht sind nicht neu, müssen aber aufgrund neuer technischer Möglichkeiten und Erkenntnisse zur Entscheidungsfindung neu gedacht werden. Eine vollständige Automatisierung scheidet allerdings aus. Einzelfallgerechtigkeit zu gewährleisten, ist in vollautomatisierten Verfahren nicht möglich. Neben technischen sind es zuvorderst verfassungsrechtliche Hürden, die einem solchen Vorhaben Grenzen setzten. Ein Verbot algorithmenbasierter Unterstützungssysteme ist dem Grundgesetz indes nicht zu entnehmen. Sofern es gelingt, den Systemen rechtsstaatliche Funktionsweisen einzuhauchen, können neue Technologien die richterliche Rechtsfindung sinnvoll unterstützen.
Software als Beweiswerkzeug
(2022)
Diese Arbeit wurde im März 2021 als Dissertation bei der Deutschen Universität für Ver-waltungswissenschaften Speyer eingereicht und im September 2022 verteidigt. Inhalt und Nachweise befinden sich bis auf die Aktualisierung der Normen auf das TKG n.F. auf dem Stand der Abgabe im März 2021.
Die Dissertation untersucht, wie Tatsachengerichte in den großen Prozessordnungen damit umgehen, wenn sie nicht nachvollziehbare Softwareauswertungen in der Beweisaufnahme würdigen müssen. Dabei untersucht die Arbeit ausführlich die bereits zu Software als Be-weiswerkzeug ergangene Rechtsprechung. Das Werk arbeitet die Einzelheiten der Recht-sprechung heraus und würdigt diese kritisch und mit Blick auf die zu erwartende Zunahme der Rolle von Software im Beweisrecht. Dabei zeigt die Untersuchung auf, dass Gerichte häufig die Ergebnisse von Software (zu) unkritisch übernehmen. Insbesondere ein Ausblick auf die Rolle von moderner Software im Bereich der Sachverhaltsfeststellung führt daher zu ersten Ansätzen dazu, wie die Bildung einer kritischen Dogmatik zu dieser Frage aussehen könnte.
Die Landarztquote
(2017)
So sehr das Idol des Landarztes nicht nur die Literatur von Balzac bis Kafka, sondern auch Vorabendserien im Fernsehen prägt: Für die meisten heutigen Medizinstudierenden klingt die Berufsperspektive »Landarzt« nicht hinreichend verheißungsvoll. Die flächendeckende ärztliche Versorgung ländlicher Regionen ist zusehends bedroht. Um die besten Therapierezepte ist eine intensive Diskussion entbrannt. Die Politik erwägt als Teil eines Maßnahmenbündels eine sog. Landarztquote. Sie soll solchen Studienplatzbewerbern, die sich zu einer ärztlichen Tätigkeit als Allgemeinmediziner auf dem Land verpflichten, einen privilegierten Zugang zu dem zulassungsbeschränkten Studienfach gewähren. Die Autoren analysieren die verfassungs- und unionsrechtliche Zulässigkeit (»Ob«) einer solchen Quote ebenso wie Optionen ihrer gesetzlichen Ausgestaltung (»Wie«). Die beiden Speyerer Professoren gelangen zu dem Ergebnis: Die Landarztquote ist weniger eine Frage des rechtlichen Könnens als des politischen Wollens.
Der Winter 2022/23 wird womöglich als Zeitenwende Künstlicher Intelligenz in die Annalen eingehen. Wie einst die Dampfmaschine oder die Eisenbahn als Basisinnovationen die Produktion von Gütern bzw. das Verkehrswesen grundlegend umwälzten, revolutionieren nunmehr generative Anwendungen, etwa ChatGPT oder der Bildgenerator Midjourney, die Nutzung intelligenter Systeme.
Der Winter 2022/23 wird womöglich als Zeitenwende Künstlicher Intelligenz in die Annalen eingehen. Wie einst die Dampfmaschie oder die Eisenbahn als Basisinnovationen die Produktion von Gütern bzw. das Verkehrswese grundlegend umwälzten, revolutionieren nunmehr generative Anwendungen, etwa ChatGPT oder der Bildgenerator Midjourney, die Nutzung intelligenter Systeme.
„Gelbe Karte“ von der Aufsichtsbehörde: die Verwarnung als datenschutzrechtliches Sanktionenhybrid
(2017)
Das Datenschutzrecht leidet bisher weniger an einem Norm- als vielmehr einem Umsetzungsdefizit. Sein Sanktionsregime will der Unionsgesetzgeber daher zu einem wirksamen Arsenal gegen Rechtsverstöße ausbauen. Im Schatten der Geldbuße (Art. 83, 58 Abs. 2 lit.i) DSGVO) und der sonstigen Sanktionen des Art. 84 DSGVO etabliert die DSGVO eine dritte Sanktionsform: die Verwarnung (Art. 58 Abs. 2 lit. B) DSGVO). Ihren Anwendungsbereich und ihre Wirkweise analysieren die Autoren.