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- Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre, insbesondere Wirtschafts- und Verkehrspolitik (Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Andreas Knorr) (4)
- Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Staatslehre und Rechtsvergleichung (Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Karl-Peter Sommermann) (3)
Einen umfassenden Rückblick auf die Entwicklungen des Migrations- und Flüchtlingsrechts der letzten Jahre zu geben, erweist sich als unmögliches Unterfangen. Dies liegt nicht nur am Facettenreichtum dieses Rechtsgebiets, welches neben Asyl und Flucht, Arbeits- oder Familienmigration sämtliche Akteure im Mehrebenensystem umfasst, sondern vor allem in den erheblichen Umbrüchen der jüngeren Zeit. Die eher als Krise des Flüchtlingsschutzes zu bezeichnenden Ereignisse im Jahr 2015 stellen zweifellos einen Wendepunkt dar. Sie haben nicht nur die Defizite der unionsrechtlich determinierten Zuständigkeitsregeln offenbart, sondern eine breite Debatte um die Ausgestaltung von Zuwanderung insgesamt ausgelöst. Das Flüchtlingsrecht bildet den Schwerpunkt des folgenden Berichts, der zunächst die supra-nationalen Aspekte dieses Rechtsgebiets in den Blick nimmt (I.), um sodann die zahlreichen Änderungen im nationalen Recht am Beispiel der Beschleunigung der Verfahren (II.1.), der Begrenzung von Migration (II.2.) und der Etablierung sozio-ökonomischer Anreizstrukturen (II.3.) nachzuvollziehen. Der Beitrag schließt mit einem Überblick über die Perspektiven des europäischen wie nationalen Migrations- und Flüchtlingsrechts (III.).
Nachdem der EuGH in den frühen 2000er Jahren Unionsbürgern weitreichende sozialrecht-liche Teilhabe ermöglicht hat, beschränkt der Gesetzgeber nun deren Leistungsberechtigung. 2016 wurden nichterwerbstätige Angehörige anderer EU-Mitgliedstaaten aus der Grund-sicherung für Arbeitsuchende (SGB II) und der Sozialhilfe (SGB XII) ausgeschlossen. Dies soll auch im Kindergeldrecht nachvollzogen werden.
1. Der „gemeinsame Haushalt“ iSv § BEEG § 1 Abs. BEEG § 1 Absatz 1 S. 1 Nr. BEEG § 1 Absatz 1 Nummer 2 BEEG setzt ein auf Dauer angelegtes räumliches Zusammenleben voraus.
2. Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis sind nicht berechtigt, in einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylsuchende zu wohnen und können daher in einer solchen Einrichtung keinen „gemeinsamen Haushalt“ begründen.
3. Art. GG Artikel 6 GG ist nicht verletzt, wenn die zur Elterngeldberechtigung erforderliche Begründung eines „gemeinsamen Haushalts“ aufgrund der Lage am Wohnungsmarkt nicht möglich ist. (Redaktionelle Leitsätze)
Aufrechterhaltung des Aufenthaltsrechts als Arbeitnehmer im Falle kurzfristiger Arbeitslosigkeit
(2017)
Kurzkommentierung zum BSG-Urteil vom 13.7.2017 – B 4 AS 17/16 R, BeckRS 2017, 132777
1. Der Leistungsausschluss nach § SGB_II § 7 Abs. SGB_II § 7 Absatz 1 S. 2 Nr. SGB_II § 7 Absatz 1 Nummer 2 SGB II aF ist nicht erfüllt, wenn ein Unionsbürger neben dem Recht zur Arbeitsuche den Tatbestand eines weiteren Aufenthaltsrechts erfüllt.
2. Die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsrechts von Arbeitnehmern nach § FREIZUEGGEU § 2 Abs. FREIZUEGGEU § 2 Absatz 3 S. 1 Nr. FREIZUEGGEU § 2 Absatz 3 Nummer 2 FreizügG/EU setzt keine ununterbrochene Erwerbstätigkeit von mehr als einem Jahr voraus, sondern kann auch im Falle der Unterbrechung durch Arbeitslosigkeit erfüllt sein.
3. Kurzfristige Zeiten der Arbeitslosigkeit begründen keinen Anhaltspunkt für eine mangelnde Integration des Unionsbürgers in den Arbeitsmarkt des Aufenthaltsstaats. (Redaktionelle Leitsätze)
Zu Unrecht bezogene Grundsicherungsleistungen müssen von den Betroffenen erstattet werden. Bei Grundsicherungsbeziehenden mit laufenden Zahlungen werden die zu viel gezahlten Leistungen in der Regel mit den laufenden Leistungsansprüchen aufgerechnet. Dabei dürfen bis zu 30 % des Regelbedarfs von SGB-II-Beziehenden gekürzt werden – und zwar bis zu drei Jahre lang. Ist eine so langfristige Absenkung des Sicherungsniveaus tatsächlich mit dem Recht auf eine menschenwürdige Existenz vereinbar, wie es das Bundessozialgericht (BSG) im letzten Jahr in einem Urteil1 festgestellt hat? Die Autorin bezweifelt das – und hat dafür gute Gründe.
Spätestens seit dem Herbst 2015 kommen Kindertagesstätten vermehrt mit dem Thema Asyl und Flucht in Berührung. Der folgende Beitrag zeigt die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Leistungsansprüche von Asylsuchenden und Flüchtlingen auf, um Verständnis für die Lebenssituation der betroffenen Familien zu wecken.
VO (EU) Nr. 492/2011; RL 2004/38/EG; VO (EG) Nr. 883/2004; Art. 18 AEUV 1. Art. 7 Abs. 2 und Art. 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union sind dahin auszu-legen, dass sie einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegenstehen, nach der ein Staatsange-höriger eines anderen Mitgliedstaats und seine minderjährigen Kinder, die alle im erstge-nannten Mitgliedstaat ein Aufenthaltsrecht aufgrund von Art. 10 dieser Verordnung ge-nießen, weil die Kinder dort die Schule besuchen, unter allen Umständen automatisch vom Anspruch auf Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts ausgeschlossen sind. Diese Auslegung wird durch Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienange-hörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Än-derung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/ EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG nicht in Frage gestellt.
2. Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit in Verbindung mit Art. 3 Abs. 3 und Art. 70 Abs. 2 dieser Verordnung ist dahin auszulegen, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, nach der ein Staatsangehöriger eines anderen Mitglied-staats und seine minderjährigen Kinder, die alle im erstgenannten Mitgliedstaat ein Aufent-haltsrecht aufgrund von Art. 10 der Verordnung Nr. 492/2011 genießen, weil die Kinder dort die Schule besuchen, und die dort in einem Sozialversicherungssystem im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 883/2004 eingebunden sind, unter allen Umständen automatisch vom Anspruch auf besondere beitragsunabhängige Geldleistungen ausgeschlossen sind.
Im Oktober 2020 hatte sich der EuGH zum wiederholten Mal mit den Leistungsausschlüssen für Ausländerinnen und Ausländer in § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II auseinanderzusetzen. Nachdem der Gerichtshof in der Rechtssache Alimanovic ohne nähere Begründung entschieden hatte, dass Sozialleistungen denjenigen vorbehalten werden können, die ein Aufenthaltsrecht aus der Unionsbürgerrichtlinie vorweisen können, hat er das Verhältnis zwischen Aufenthalts-recht und Sozialleistungsberechtigung in seiner jüngsten Entscheidung durchaus präziser bestimmt. An seinen früheren Entscheidungen hält er jedoch fest.
Das BVerfG hat im März 2021 eine spektakuläre Entscheidung zu den Rechten künftiger Generationen im Kampf gegen den Klimawandel gefällt. Danach vermitteln die Grundrechte im Wege des intertemporalen Freiheitsschutzes ein Recht auf Schutz vor einer einseitigen Verlagerung der Klimafolgenbewältigung in die Zukunft. Die Frage nach einem „Recht auf Zukunft“ und der Berücksichtigung der Interessen von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen stellt sich auch in der Sozialversicherung.
Higher education in both Germany and the UK has undergone numerous changes in the last two decades. It seems worthwhile to examine how varying forms of HE governance and pan-European influences have played out upon these two national systems. Of note in particular are Bologna, European Standards and Guidelines in Quality Assurance, and various accreditation regulations. In this article we postulate to what extent these two systems may or may not be able to move forward in the imminent future. Is German higher education, for example, becoming more autonomous if it can display its own systems of quality control are working well (system-accreditation)? Has British higher education relinquished autonomy, as both research and teaching domains are subject to external review (REF/TEF)? What can we learn about the transformational impact any of these mechanisms are having? This chapter adresses these issues and asks which benefits or disadvantages are to be gained by different systems in article.
From today's viewpoint it seems almost inconceivable that there once was a time where academia functioned without peer review processes, which are now so much part and parcel of the academic environment. Peer review is mainly taken for granted and we assume that it generally works well in estimating the worth of academic outputs of differents kinds (publications, grant proposals etc.) However, the process itself is not free of criticism and much can still be done to improve review quality. In this paper I explore and question the purpose and function of peer review, engage with various problems that can occur in the process, and make suggestions for ways in which peer review might be improved. It is based on empirical research, participation in various peer review forms and observation of accreditation practice.
Der Aufsatz stellt zunächst die Rechtsprechung des EuGH und des BSG dar, um die Hintergründe der Neuregelung zu verdeutlichen (II.), sodann werden die wesentlichen Änderungen in § 7 SGB II und § 23 SGB XII vorgestellt (III.) und anschließend einer verfassungs- (IV.) und europarechtlichen Bewertung (IV.)
On ne peut plus aujourd’hui s’arrêter au contenu des droits fondamentaux sans se demander comment ils sont
appliqués. Quand il s’agit pour le droit de l’Union d’appliquer les droits fondamentaux, il semble traversé par des tensions
conceptuelles et méthodologiques fortes, à la recherche d’un point d’équilibre. Les développements les plus récents consécutifs à l’avis 2/13 montrent qu’une certaine convergence entre le droit de
l'Union et la Convention est possible.
In einem ersten
Schritt wird die Bedeutung der europäischen Grundrechte
fur den Verwaltungsrechtsraum Europa anhand einiger
konkreter Beispiele untersucht. Im Licht dieser
Erkenntnisse wird in einem zweiten Schritt die
Frage erörtert, inwiefern heute uberhaupt von einem
„Grundrechtsraum Europa" gesprochen werden
kann, was also ein solcher Grundrechtsraum voraussetzt
und was davon bereits erfüllt ist.
Mit dem Beitritt der Europäischen Union zur Europäischen
Menschenrechtskonvention ist der Vorgang gemeint, bei dem die EU Vertragspartei der EMRK werden soll mit der Folge, dass auch sie damit der Gerichtsbarkeit des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte
unterworfen sein wird. Mehr als dreißig Jahre ist davon
schon die Rede, aber der Lissabonner Vertrag, der die EU zu diesem Beitritt auffordert und dazu die Rechtsgrundlage
schafft, hat diesem Projekt einen neuen Elan gegeben.
Grundrechtsschutz und gegenseitige Anerkennung im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts
(2014)
Der Grundrechtsschutz gerät zunehmend in den Mittelpunkt der Diskussionen über die
gegenseitige Anerkennung von Gerichtsentscheidungen im Unionsrecht, wie auch die
neuere Rechtsprechung des EuGH und manche Reaktion darauf belegen. Es geht dabei
nicht nur um die Frage, welche Grundrechte, nationale oder europäische, angewandt werden sollen, sondern auch darum, wo sie zur Anwendung kommen sollen, im Ausstellungs- oder
im Vollstreckungsstaat? Bei der Beantwortung dieser Fragen ist das Wesen der Grundrechte sowie die besondere Rolle, die ihnen dementsprechend in jedem Rechtssystem zukommen soll, zu berücksichtigen,
will man die Grundrechte nicht zu „einfachen Rechten“ verkommen lassen.
Par trois arrêts récents, la grande chambre de la Cour européenne des droits de l’homme précise les exigences et limites de la Convention européenne des droits de l’homme dans le domaine migratoire.
L’interaction et la complémentarité entre la Convention et le droit de l’Union dans ce domaine sont à la fois matérielles et procédurales.
Une approche globale est requise, car les juges nationaux des États membres sont tenus d’appliquer le droit de l’Union dans le respect de la Convention.
Article 6(2) TEU provides that the EU shall accede to the European Convention on Human Rights. However, the EU accession project has been significantly delayed by Opinion 2/13 of the ECJ. At the same time, there appears to be some harmony in the case law of the two European Courts, which could lead to the status quo being considered as a valid alternative to EU accession. It might therefore be tempting to remove Article 6(2) altogether from the TEU at the next revision of the Treaties. This paper argues that Article 6(2) should stay in the TEU, because a closer look reveals that the current status quo is not satisfactory: it does not allow an adequate representation of the EU in the procedure before the European Court of Human Rights, nor is it capable of ensuring in the long-term comprehensive and stable consistency between EU law and the Convention. Moreover, removing Article 6(2) TEU would undermine the very idea of a collective understanding and enforcement of fundamental rights. This could initiate a process leading to the current European architecture of fundamental rights protection being unravelled altogether. Hence, there is no return from Article 6(2) TEU. Neither is there from actually implementing it.
Un bilan de la Charte doit également prendre en compte son interaction avec les autres textes internationaux de protection des droits fondamentaux. La Convention occupe une place centrale à cet égard, car chaque fois que les juges nationaux appliquent le droit de l’Union, ils doivent le faire dans le respect de la Convention. D’où l’importance de la cohérence entre la Convention et la Charte, car in fine, le contrôle du respect des droits fondamentaux dans un cas concret se fait à Strasbourg. Eu égard à cette réalité, le législateur de l’Union a instauré un double contrôle de cohérence entre la Charte et la Convention : le premier, interne à l’Union, s’exerce sur la base de l’article 52(3) de la Charte ; le second, qui le complète, est appelé à s’exercer à travers le contrôle externe par la Cour européenne des droits de l’homme, prévu par l’article 6(2) TUE. S’agissant du contenu des droits fondamentaux, le contrôle interne de cohérence a bien fonctionné. On ne peut pas en dire autant s’agissant de la méthodologie des droits. Dans la jurisprudence de la Cour de justice de l’UE, en effet, tout se passe comme si l’article 52(3) de la Charte ne concernait que le contenu des droits, à l’exclusion de leur méthodologie. Aussi cette jurisprudence génère-t-elle des divergences méthodologiques qui conduisent tantôt à des déficits de protection par rapport à la Convention, tantôt à la confusion juridique. Ces défaillances du contrôle interne rendent nécessaire la mise en place du contrôle externe.
Administrative sanctions can be said to dwell in the periphery of punishment because they do not require setting the wheels of criminal procedure in motion. This allows States to save public resources as well as helps them to escape closer scrutiny at the judicial level. At the same time, the imposition of administrative sanctions usually curtails individual guarantees. Against this background, this article examines where the European Court of Human Rights (ECtHR) draws the line between measures belonging to the ‘hard core of criminal law’ and the periphery. After a presentation of gradual broadening of the ‘criminal limb’ guarantees of Article 6 European Convention on Human Rights to administrative measure of a punitive nature, it explores where do these guarantees meet their limits by taking the approach adopted in the landmark Jussila judgment as a point of departure. Subsequently, a structured analysis of the selected ECtHR case law in which this approach has been applied or – at least – invoked is provided. The article is finished with a reflection on the current interpretation of the said penumbra of punishment, which, among other things, identifies the possible gaps of individual protection, and the outlook for the future.
Hochschulmanagement
(2017)