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Formulare begleiten das Leben des Bürgers von der Wiege
bis zur Bahre, heißt es im Volksmund. Dass die Verwaltung
ihm Informationen abverlangt, die ihr bereits bekannt sind,
nimmt der Citoyen ebenso mürrisch wie klaglos hin. Das
sog. Once-only-Prinzip setzt dem einen regulatorischen
Gegenentwurf entgegen: Die Verwaltung soll grundsätzlich
alle ihr vorliegenden Daten nutzen, bevor sie diese dem
Bürger erneut abringt. Die Implementierung des Prinzips
hat sich gegenwärtig die Europäische Kommission auf die
Fahnen geschrieben. So attraktiv der Grundgedanke auch
ist: Er steht in einem Spannungsverhältnis zum datenschutzrechtlichen
Zweckbindungsgrundsatz. Dieser ist von
einem gegenläufigen Ansatz, dem Leitmotiv »only once«,
getragen. Wie sich der Konflikt in dem Regime der DSGVO
und des BDSG-neu sinnvoll auflösen lässt, analysieren die
Autoren.
„Gelbe Karte“ von der Aufsichtsbehörde: die Verwarnung als datenschutzrechtliches Sanktionenhybrid
(2017)
Das Datenschutzrecht leidet bisher weniger an einem Norm- als vielmehr einem Umsetzungsdefizit. Sein Sanktionsregime will der Unionsgesetzgeber daher zu einem wirksamen Arsenal gegen Rechtsverstöße ausbauen. Im Schatten der Geldbuße (Art. 83, 58 Abs. 2 lit.i) DSGVO) und der sonstigen Sanktionen des Art. 84 DSGVO etabliert die DSGVO eine dritte Sanktionsform: die Verwarnung (Art. 58 Abs. 2 lit. B) DSGVO). Ihren Anwendungsbereich und ihre Wirkweise analysieren die Autoren.
Zwischen Vermummungsverbot und Maskengebot: die Versammlungsfreiheit in Zeiten der Corona-Pandemie
(2020)
Die Corona-Pandemie versetzt das grundrechtliche Ordnungsgefüge in einen Ausnahme-zustand. Nicht zuletzt die Versammlungsbehörden sehen sich vor schwierige Entscheidungen gestellt. Die verfassungs-, versammlungs- und infektionsschutzrechtlichen Grenzen, denen Versammlungsbeschränkungen unterworfen sind, haben sie dabei nicht immer respektiert.
§ 35 a VwVfG, § 31 a SGB X und § 155 IV AO machen den
Weg für vollautomatisierte Verwaltungsverfahren in deutschen
Amtsstuben frei. Die persönlichkeitsrechtlichen Anforderungen,
welche die Datenschutz-Grundverordnung an solche
Verfahren stellt, engen den bislang bestehenden mitgliedstaatlichen
Handlungsspielraum ein; ihre Auswirkungen
blieben in der wissenschaftlichen Diskussion bislang
unbeleuchtet. Der Beitrag füllt diese Lücke – und wirft einen
Blick auf allgemeine regulatorische Herausforderungen des
Einsatzes von Algorithmen in der öffentlichen Verwaltung.
„Die Verwaltung darf man nicht unter die Lupe nehmen, weil sie sonst noch größer wird“, räsonierte einmal der Journalist Wolfram Weidner. Im Falle der Digitalisierung der Verwaltung verhält es sich anders: Sie ist einer der Königswege, Bürokratiekosten zu senken. Wer ihre Potenziale unter dem analytischen Mikroskop mit dem Status quo der Verwaltung abgleicht, erkennt ernüchtert: Die Bundesrepublik bleibt bislang hinter ihren Möglichkeiten zurück. Dass das Grundgesetz in einem Art. 91 c Abs. 5 GG-E nunmehr dem Bund die Kompetenz für einen einheitlichen Zugang zu Online-Angeboten der Verwaltung verleihen soll, nährt die Hoffnung auf einen digitalen Aufbruch. Im Verbund mit einer (datenschutzkonformen) Umsetzung des Once-only-Prinzips, den Chancen vollautomatisierter Verwaltungsverfahren und einem konsequenten E-Government-Nudging kann der Anschluss an die Weltspitze digitaler Verwaltung gelingen.
Nicht weniger als achtzehn Aufsichtsbehörden wachen in Deutschland auf Bundes- und Länderebene über den Schutz personenbezogener Daten. Die Vielstimmigkeit ihres Chores lässt in Politik und Wirtschaft Forderungen nach einer grundlegenden Aufsichtsreform ertönen. Diese soll eine einheitlichere Rechtsauslegung und -anwendung sicherstellen. Welche Pläne die neue Bundesregierung verfolgt, welche alternativen Gestaltungsoptionen sich anbieten und wie sie unions- und verfassungsrechtlich zu bewerten sind, analysiert dieser Beitrag.
Eine Personenkennziffer für jeden deutschen Bürger galt lange Zeit als rechtliche Tabuzone. Ein genauer Blick auf die unions- und verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen offenbart jedoch: Die Einführung einer Personenkennziffer verstößt im digitalen Zeitalter nicht zwangsläufig gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Der Programmbereich „Digitalisierung“ am FÖV Speyer analysierte die rechtliche Zulässigkeit als Teil des Gutachtens des Nationalen Normenkontrollrats „Mehr Leistung für Bürger und Unternehmen: Verwaltung digitalisieren. Register modernisieren".
Das europäische Bankenaufsichtsrecht wartet mit einem Novum im Europäischen Verwaltungsverbund auf: dem Vollzug nationalen (Bankenaufsichts-)Rechts durch die EZB. Beim Rechtsschutz gegen derartige Vollzugshandlungen muss der EuGH zwangsläufig auch das Verfassungsrecht der Mitgliedstaaten als Prüfungsmaßstab anlegen. Unterlässt er dies, verstößt er gegen das Rechtsstaatsprinzip; tut er es, fehlt ihm dafür aber die Kompetenz. Dieses Dilemma lässt sich nur durch einen Rückbau der einheitlichen Bankenaufsicht oder durch die Einführung eines Vorlageverfahrens an die nationalen Verfassungsgerichte auflösen. Letzteres schlagen die Autoren vor.
Eine Mahnung, die immer dringlicher wird. Nach dem Weltklimarat könnte bereits im Jahr 2030 mit einem Anstieg der durchschnittlichen Erdtemperatur um 1,5 °C gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter zu rechnen sein. Im Jahr 2016, dem bislang wärmsten Jahr seit Beginn der Messung 1880, lag der Temperaturanstieg noch bei ca. 1,1 °C. Ursächlich für diese rasante Erwärmung sind vornehmlich die industriell freigesetzten Treibhausgase, die die Zusammensetzung der Erdatmosphäre drastisch verändert haben. Seit der Industriali-sierung ist der CO2-Gehalt der Erdatmosphäre durch anthropogene Emissionen um rund
40 % gestiegen. Da CO2 die Wärmestrahlung absorbiert, die von der Erdoberfläche ausgeht, kühlt diese immer schlechter ab (sog. Treibhauseffekt).
Es kommt nicht allzu häufig vor, dass die traditionsgeprägten christlichen Großkirchen mit institutionellen Innovationen auf sich aufmerksam machen. Genau dies ist jedoch im kirchlichen Datenschutzrecht geschehen: Gestützt auf ihr verfassungsrechtliches Selbstbestimmungsrecht haben die Evangelische Kirche in Deutschland und die römisch-katholischen Diözesen erstmals einen eigenen Rechtsweg für datenschutzrechtliche Streitigkeiten eröffnet. Wie sich die kirchliche Datenschutzgerichtsbarkeit zu den unionalen Rechtsschutzvorgaben des Art. 91 i.V.m. Art. EWG_DSGVO Artikel 78 und EWG_DSGVO Artikel 79 DSGVO verhält, ist noch offen.
Im Kanon der Verwaltungsdigitalisierung taucht ein Schlagwort jüngst immer öfter auf: Government Technology (GovTech). Der Begriff umfasst verschiedene Aspekte, die für die Entwicklung und Anwendung digitaler Produkte und Dienstleistungen im öffentlichen Sektor notwendig sind, bislang aber nicht im Fokus der Debatte rund um die Verwaltungsdigitali-sierung standen. Der Beitrag wirft einen ersten rechts- und verwaltungswissenschaftlichen Blick auf das Phänomen „GovTech“ und grenzt den Begriff von anderen Aspekten der Ver-waltungsdigitalisierung ab. Anschließend beschreiben die Autoren konkrete Ansatzpunkte, um innovative Prozesse und Organisationsformen in die Verwaltung zu tragen – und zeichnet insbesondere die vergaberechtlichen Rahmenbedingungen für die Beschaffung neuer IT-Produkte und -Prozesse im öffentlichen Sektor überblicksartig nach.
A digital public administration is crucial for providing citizens (especially in times of crisis) with effective access to administrative services. Political leaders in Germany agreed on this principle during the global COVID-19 pandemic. However, the implementation of the Online Access Act - the main German law on administrative digitalisation - and of the Single Digital Gateway Regulation (EU) 2018/1724 has raised considerable (legal) problems. This article therefore not only looks at the current implementation status of the two pieces of legislation, but in particular identifies three challenges for the digital transformation of public adminis-tration in Germany: federalism, legal fragmentation and register modernisation.
Lange haben Erben, die Digitalwirtschaft und die Öffentlichkeit auf die erste höchstrichterliche Entscheidung zum digitalen Nachlass gewartet (JZ 2019, 255, in diesem Heft). Nunmehr hat der BGH die juristische »Leichenstarre« überwunden, welche die Diskussion über Jahre prägte: Er gewährt Erben Zugang zum Benutzerkonto des sozialen Netzwerks Facebook. Die Interessen und Rechte der betroffenen Kommunikationspartner haben das Nachsehen gegenüber dem Erbrecht. Das Grundsatzurteil entspricht dem Rechtsgefühl vieler Menschen. So sehr seine Wertung in den Grundzügen überzeugen mag: Die telekommunikations- sowie datenschutzrechtliche Würdigung des BGH gibt Anlass zur Kritik.
Mit ihrem Entwurf einer KI-Verordnung verfolgt die EU-Kommission das Ziel, Innovations-offenheit und Innovationsverantwortung im digitalen Binnenmarkt miteinander in Ausgleich zu bringen. Sie will die Potenziale von KI-Systemen fördern und zugleich ihre Risiken für die betroffenen Personen eindämmen. Insbesondere der spezielle Rechtsrahmen für sogenann-te KI-Reallabore (Art. 53 bis 55 Abs. 1 lit. a KI-VO-E) soll sicherstellen, dass die EU trotz der neuen Gesetzesvorgaben führend bei der Entwicklung von KI-Systemen wird. Ob der Kom-missionsvorschlag regulatorischer Experimentierräume diese Erwartung erfüllen kann oder ob er noch rechtlicher Nachschärfungen bedarf (und wenn ja, welcher), untersucht dieser Beitrag.