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Mit dem Gesetzentwurf sollen junge Menschen, die in Einrichtungen der Kinder- und Jugend-hilfe oder bei Pflegefamilien leben, nicht mehr an den Kosten dafür beteiligt werden, wenn sie ein eigenes Einkommen haben. Ziel ist es junge Menschen, die nicht in ihrer Herkunfts-familie aufwachsen, auf dem Weg in die Eigenverantwortlichkeit und Selbstständigkeit zu unterstützen. Durch die Abschaffung der Kostenheranziehung sollen sie motiviert werden, finanziell Verantwortung für ihr zukünftiges Leben zu übernehmen. Auch die Kostenheran-ziehung von Ehegattinnen und Ehegatten sowie Lebenspartnerinnen und Lebenspartnern von jungen Menschen und Leistungsberechtigten nach § 19 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) zu Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe soll aufgehoben werden. Das Gesetz soll gem. Art. 2 am 1. Januar 2023 in Kraft treten.
Das Kompetenzzentrum Jugend-Check hat folgende mögliche Auswirkungen identifiziert:
Die Neuregelung soll die Kostenheranziehung von leistungsberechtigten jungen Menschen für eine vollstationäre Leistung der Kinder- und Jugendhilfe aus dem eigenen Einkommen vollständig aufheben (§ 92 Abs. 1 SGB VIII). Dadurch könnten junge Menschen, die diese Leistungen beziehen, finanziell entlastet werden. Betroffene junge Menschen könnten dann leichter Geld für Kosten ansparen, welche mit dem oftmals mit der Volljährigkeit anstehen-den Auszug aus der Einrichtung oder Pflegefamilie entstehen, wie z.B. eine Wohnungs-kaution.
Die Abschaffung der Kostenheranziehung könnte zudem dazu führen, dass junge Menschen in vollstationären Formen der Jugendhilfe wie auch ihre Ehegattinnen und Ehegatten bzw. Lebenspartnerinnen und Lebenspartnern motivierter sind eine Erwerbstätigkeit aufzuneh-men, da sie nun eigenständig über ihr gesamtes Einkommen verfügen können.
Durch die Abschaffung der Kostenheranziehung können junge Menschen in der vollsta-tionären Jugendhilfe zudem selbstständig über ihr eigenes Einkommen verfügen. Dies kann die Eigenverantwortlichkeit der jungen Menschen stärken und zu ihrer Verselbstständigung beitragen.
Der Entwurf eines Gesetzes zur aktuellen Anpassung des Freizügigkeitsgesetzes/EU und weiterer Vorschriften an das Unionsrecht sieht eine Änderung des Bundesausbildungs-förderungsgesetzes (BAföG) im Zuge des Austritts des Vereinigten Königreichs Groß-britannien und Nordirland aus der Europäischen Union und der Europäischen Atom-gemeinschaft vor. Zukünftig sollen Auszubildende, die bis zum Ende des Übergangszeit-raums einen Ausbildungsabschnitt an einer Ausbildungsstätte (z.B. einer Universität) im Vereinigten Königreich beginnen oder fortsetzen, weiterhin Ausbildungsförderung nach § 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BAföG bis zum Abschluss oder Abbruch ihres Ausbildungsabschnitts erhalten, vgl. § 67 BAföG. Ohne diese Änderung könnten Auszubildende nur für bereits begonnene Ausbildungen in diesen Ländern eine Förderung nach § 16 Abs. 1 S. 1 BAföG von maximal einem Jahr erhalten.
Das Gesetz soll am Tag nach der Verkündung in Kraft treten, vgl. Artikel 5 des Entwurfs eines Gesetzes zur aktuellen Anpassung des Freizügigkeitsgesetzes/EU und weiterer Vorschriften an das Unionsrecht.
Mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Mindeststrafen des § 184b Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 des Strafgesetzbuches sollen künftig die Mindeststrafen für die Verbreitung, den Erwerb und den Besitz kinderpornografischer Inhalte auf sechs bzw. drei Monate abge-senkt werden.1 Damit sollen insbesondere jugendliche Täterinnen und Täter mit weniger als einem Jahr Freiheitsstrafe bestraft werden können, sofern sie nicht aus (pädo-)krimineller Energie gehandelt haben und der Tatvorwurf am unteren Rand der Strafwürdigkeit liegt. Mit der Absenkung der Mindeststrafe soll eine tat- und schuldangemessene Reaktion im Einzel-fall ermöglicht werden.
Das Kompetenzzentrum Jugend-Check hat folgende mögliche Auswirkungen identifiziert:
Für die Verbreitung, den Erwerb und den Besitz kinderpornografischer Inhalte soll die Min-destfreiheitsstrafe auf sechs bzw. drei Monate abgesenkt werden (§ 184b Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 StGB), wodurch Strafverfahren in minderschweren Fällen eingestellt oder erledigt
werden können. Die geplante Gesetzesänderung kann zu einer verhältnismäßigen Reaktion auf die Taten der zu hohem Anteil jugendlichen Beschuldigten in jedem Einzelfall beitragen. Gerade jugendliche Täterinnen und Täter handeln in der Regel nicht aus (pädo-)krimineller Energie, sondern aus einer für diese Lebensphase typische Unbedarftheit, Neugierde oder Abenteuerlust. So verbreiten junge Menschen etwa wider besseren Wissens über Chat-Gruppen kinderpornografische Inhalte oder kommen ungewollt in deren Besitz. Gerade in diesen Fällen kann durch die Neuregelung eine schuldangemessene Reaktion ermöglicht werden und nicht etwa ganze Schulklassen strafrechtlich verfolgt werden. Da ein solches Vergehen nicht mehr als Verbrechen verfolgt werden muss, kann die Neuregelung junge Menschen vor weitreichenden Folgen für ihr (berufliches) Leben schützen. Denn eine Ver-urteilung wird im Führungszeugnis aufgenommen, wodurch bestimmte Berufsfelder, etwa im Bereich der Erziehung, für junge Menschen nicht mehr zugänglich waren. In Zukunft soll die Verbreitung, der Erwerb oder der Besitz kinderpornografischer Inhalte jedoch auch als Ver-gehen verfolgt werden können, was keinen Eintrag in das Führungszeugnis zur Folge hat.
Mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarkts soll die Richtlinie (EU) 2019/790 vom 17. April 2019 („Digital Single Market“, DSM-Richtlinie) sowie die Richtlinie (EU) 2019/789 vom 17. April 2019 („Online-SatCab-Richtlinie“) in deutsches Recht umgesetzt werden. Mit der DSM-Richtlinie werden unterschiedliche urheberrechtliche Bereiche wie z.B. gesetzliche Erlaubnisse für Data Mining, kollektive Lizenzvergaben, Reproduktionen von gemeinfreien visuellen Werken oder Verantwortlichkeit von Upload-Plattformen adressiert. Dafür soll u.a. das Urheberrechtsgesetz (UrhG) geändert und ein neues Gesetz, das Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz (UrhDaG), erlassen werden, welches spezifische Regeln für das Teilen von Online-Inhalten enthalten soll.
Das Beschäftigungssicherungsgesetz hat zum Ziel, die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die Arbeitswelt abzufedern, indem krisenbedingte Zeiten von Arbeitslosigkeit und Verdienstausfälle möglichst vermieden bzw. verringert werden sollen.
Die derzeit pandemiebedingt geltenden Sonderregelungen im Zusammenhang mit Kurz-arbeit sollen in modifizierter Form über den 31.12.2020 hinaus bis zum 31.12.2021 verlängert werden: So soll während dieser Zeit das Entgelt aus sog. Minijobs bis 450 Euro, die während des Bezugs von Kurzarbeitergeld aufgenommen wurden, nicht dem Ist-Entgelt hinzuge-rechnet werden, vgl. § 421c Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetz (SGB III). Einnahmen aus Mini-jobs reduzieren somit nicht das Kurzarbeitergeld. Andere Formen des Hinzuverdienstes sollen hingegen ab dem 01.01.2021 nicht mehr privilegiert werden. Derzeit beträgt das Kurzarbeitergeld pandemiebedingt ab dem vierten Monat 70 bzw. 77 Prozent der Netto-entgeltdifferenz, sofern die Differenz zwischen Soll- und Ist- Entgelt mindestens 50% beträgt; ab dem siebten Monat steigt es auf 80 bzw. 87 Prozent, vgl. § 421c Abs. 2 S. 1 SGB III. Diese Regelung soll für Beschäftigte, deren Anspruch auf Kurzarbeitergeld bis zum 31. März 2021 entstanden ist, bis zum 31.12 2021 verlängert werden, vgl. § 421c Abs. 2 S. 1 SGB III.
Zudem soll es verstärkte Anreize für Qualifizierungen während der Kurzarbeit geben. Dem Arbeitgeber sollen – wie bislang – 50 Prozent der von ihm allein zu tragenden Beiträge zur Sozialversicherung in pauschalierter Form erstattet werden, wenn der oder die Beschäftigte vor dem 31.07.2023 Kurzarbeitergeld bezieht und an einer beruflichen Weiterbildungs-maßnahme nach § 82 SGB III teilnimmt, vgl. § 106a S. 1 SGB III. Anders als nach geltendem Recht soll dabei nicht mehr erforderlich sein, dass die Weiterbildungsmaßnahme mindestens 50 Prozent der Arbeitsausfallzeit umfassen muss, vgl. § 106a S.1 Nr. 2 SGB III.
Das Gesetz soll am 1. Januar 2021 in Kraft treten, vgl. Art. 2 BeschSiG.
Mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Kindergrundsicherung und zur Ände-rung weiterer Bestimmungen (Kindergrundsicherungsgesetz) soll Kinderarmut wirksam be-kämpft und bessere Chancen für Kinder und Jugendlichen geschaffen werden. Dazu soll die Kindergrundsicherung die bestehenden Leistungen Kindergeld, Bürgergeld, Sozialhilfe, Kin-derzuschlag und die Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets zu einer Leistung zusam-menführen. Die Kindergrundsicherung soll aus dem einkommensunabhängigen Kindergaran-tiebetrag, dem einkommensabhängigen und nach Alter gestaffelten Kinderzusatzbetrag sowie den Leistungen für Bildung und Teilhabe bestehen.
Das Gesetz soll zum 1. Januar 2025 in Kraft treten und zeitgleich das Bundeskindergeldgesetz (BKGG) außer Kraft treten, vgl. Art. 11 Kindergrundsicherungsgesetz.
Das Kompetenzzentrum Jugend-Check hat folgende mögliche Auswirkungen identifiziert:
Zukünftig soll ein einkommensunabhängiger Kindergarantiebetrag eingeführt werden (§§ 1 Abs. 1 Nr. 1 BKG). Die Höhe des Kindergarantiebetrages soll der Höhe des Kindergeldes entsprechen (§ 7 BKG). Dies hat für junge Menschen, deren Eltern unbeschränkt steuer-pflichtig sind und derzeit Kindergeld beziehen, keine materiellen Auswirkungen, da er der Höhe des derzeitigen Kindergelds entspricht. Für junge Menschen, die Leistungen nach dem SGB II oder dem SGB XII erhalten, erfolgt mit der Einführung der Kindergrundsicherung ein Systemwechsel, durch den sie grundsätzlich aus der Grundsicherung für Arbeitssuchende oder der Sozialhilfe herausgenommen werden.
Zudem soll ein einkommensabhängiger Kinderzusatzbetrag eingeführt werden, der gemein-sam mit dem Kindergarantiebetrag und den Leistungen für Bildung und Teilhabe das Exis-tenzminimum des Kindes sichern soll (§§ 1 Abs. 1 Nr. 2.; 9; 11 BKG). Die Anspruchsinhaber-schaft des Kinderzusatzbetrages soll bei dem leistungsberechtigten Kind selbst liegen (§ 9 Abs. 1 BKG), wodurch junge Menschen zukünftig einen eigenen, einklagbaren gesetzlichen Anspruch auf die Leistung haben.
Durch den Kinderzusatzbetrag können mehr junge Menschen, deren Familien derzeit Anspruch auf den Kinderzuschlag haben, erreicht und unterstützt werden. Denn bisher erreicht der Kinderzuschlag aufgrund des komplexen Antragsprozesses lediglich 35 Prozent der Leistungsberechtigten.
Für junge Menschen, die in Bedarfsgemeinschaften aufwachsen und Leistungen (z.B. monatliche Regelsätze) nach dem SGB II oder dem SGB XII erhalten, hat die Einführung des Kinderzusatzbetrages keine finanziellen Auswirkungen. Denn die maximale Höhe des monatlichen Höchstbetrages des Kinderzusatzbetrages soll sich nach den sozialrechtlichen altersgestaffelten Regelbedarfen nach dem SGB XII sowie den auf das Kind entfallenen Bedarfen für Unterkunft und Heizung nach dem Existenzminimumbericht ergeben (§ 11 Abs. 1 BKG).
Soweit ein Anspruch des Kindes auf den Kinderzusatzbetrag besteht, sollen Leistungen für Bildung und Teilhabe in Form eines monatlichen pauschalen Betrages für die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in Höhe von 15 Euro und für Schülerinnen und Schüler ein jährlicher Schulbedarf in Höhe von 174 Euro bis zum 18. Lebensjahr bewilligt werden (§ 1 Abs. 1 Nr. 3, 4; 20 Nr. 1, Nr. 2; 21 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BKG). Die pauschale Teilhabeleistung in Höhe von 15 Euro monatlich soll jedoch nur dann erbracht werden, wenn tatsächliche Aufwendungen nachgewiesen werden, was für Eltern oder junge Menschen selbst einen bürokratischen Aufwand bedeutet. Damit besteht die Möglichkeit, dass diese pauschale Teilhabeleistung nur unzureichend in Anspruch genommen wird.
Mit einem Kindergrundsicherungs-Check soll durch den Familienservice eine automatisierte und elektronische Vorprüfung für Kinder erfolgen, für die bereits der Kindergarantiebetrag bezogen wird, um eine potenzielle Leistungsberechtigung eines Kindes für den Kinderzu-satzbetrag zu erkennen und beraten zu können (§ 43 Abs. 1 BKG). Dadurch könnten junge Menschen und ihre Familien entlastet und besser erreicht werden, da sie fortan aktiv von der zuständigen Stelle auf eine Leistungsberechtigung des Kinderzusatzbetrages und damit zusammenhängend auch auf die Pauschalleistungen für Bildung und Teilhabe hingewiesen werden können.
Die Möglichkeit des Teilzeitfreiwilligendienstes für unter 27-Jährige kann sich förderlich auf die Vereinbarkeit von familiärer Sorgearbeit und gesellschaftlichem Engagement auswirken. Zudem eröffnen sich den vorher exkludierten Gruppen junger Menschen neue Perspektiven im Bereich Bildung/Arbeit. Sie haben nunmehr unter Berücksichtigung ihrer individuellen Bedürfnisse die Möglichkeit, das Bildungsangebot und die berufliche Orientierung eines Freiwilligendienstes in Anspruch zu nehmen. Des Weiteren hat die Teilnahme an einem Freiwilligendienst auch langfristige Auswirkungen: So engagieren sich Menschen, die an diesem teilgenommen haben, auch zukünftig nachweislich vermehrt in unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen. Die Integration der verschiedenen angesprochenen Gruppen (z.B. junge Eltern, Menschen mit Beeinträchtigungen usw.) in den Freiwilligendienst kann einerseits Benachteiligungen abbauen. Andererseits wird ihnen jedoch durch die Notwendigkeit der Angabe eines berechtigten Interesses auch eine gewisse Sonderstellung zugewiesen, was wiederum zu Diskriminierungen führen kann.
Mit dem Gesetz zur Einführung eines Chancen-Aufenthaltsrechts (ChAR-Gesetz) wird das Ziel verfolgt, geduldeten Ausländerinnen und Ausländern, die am 1.1.2022 seit mehr als fünf Jah-ren ununterbrochen gestattet, geduldet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitä-ren Gründen im Bundesgebiet leben, die Möglichkeit zu eröffnen, die fehlenden Vorausset-zungen für einen dauerhaften Aufenthalt nachzuholen. Zudem soll die Aufenthaltsgewäh-rung von Menschen, die sich wirtschaftlich und sozial in Deutschland integriert haben sowie von Jugendlichen und Heranwachsenden, die noch nicht die Voraussetzungen für eine Auf-enthaltserlaubnis erfüllen, erleichtert werden.
Das Kompetenzzentrum Jugend-Check hat folgende mögliche Auswirkungen identifiziert:
Künftig soll geduldeten Ausländerinnen und Ausländern, die sich am 1. Januar 2022 seit fünf Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humani-tären Gründen in Deutschland aufhalten, für die Dauer eines Jahres eine Aufenthaltserlaub-nis auf Probe erteilt werden (§ 104c Abs. 1 AufenthG). Dies kann ihnen eine gesichertere Zukunftsperspektive bieten, indem z. B. die deutsche Sprache innerhalb dieses Jahres erlernt werden kann. Für junge Menschen, die sich in fünf Jahren durch Schule o. Ä. oftmals schon in Deutschland integriert haben, kann dies vor allem mit Blick auf den Start ins berufliche Leben relevant sein.
Zudem kann die Einführung eines Chancen-Aufenthaltsrechts dazu beitragen, dass familiäre Beziehungen bestehen bleiben, indem u. a. Ehegattinnen und Ehegatten und minderjährige, ledige Kinder einer nach § 104c Abs. 1 AufenthG begünstigten Person auch eine Bleibeper-spektive bekommen können (§ 104c Abs. 2 S. 1 AufenthG). Dies kann dem Wohle der im Haushalt lebenden Kinder und Jugendlichen dienen.
Letztlich könnten durch die Anhebung der Altersgrenze bei der Beantragung einer Aufent-haltserlaubnis von 21 auf 27 Jahre sowie das Herabsetzen der vorab notwendigen gedulde-ten, erlaubten oder gestatteten Aufenthaltsdauer von vier auf drei Jahre (§ 25a Abs. 1 S. 1 Nr. 1-3 AufenthG), künftig mehr Jugendliche und junge Erwachsene eine sicherere Bleibeper-spektive in Deutschland bekommen.
Mit dem Gesetz zur Entlastung unterhaltsverpflichteter Angehöriger in der Sozialhilfe und Eingliederungshilfe sollen Menschen, die gegenüber ihren Kindern oder Eltern unterhalts-verpflichtet sind, sofern diese nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) Leistungs-bezieher sind, entlastet werden. Des Weiteren soll mit diesem Gesetz die Teilhabe von Menschen mit Behinderung verbessert werden. Zudem sollen die Lasten der Unterhalts-verpflichtungen stärker auf die Solidargemeinschaft verteilt werden, mit dem Ziel, den sozialen Zusammenhalt zu stärken.
Unterhaltsverpflichtete Angehörige sollen künftig erst ab einem jeweiligen Jahresbrutto-einkommen in Höhe von 100.000 Euro zur Unterhaltszahlung herangezogen werden, vgl. § 94 Abs. 1a S. 1 SGB XII. Diese Regelung ist vom gestrichenen § 43 Abs. 5 SGB XII in den § 94 Abs. 1 a S. 1 SGB XII in das Elfte Kapitel des SGB XII transferiert worden. Fortan gilt die Grenze von 100.000 Euro des Bruttojahreseinkommens für grundsätzlich alle Leistungen des SGB XII, wie z.B. Hilfe zur Pflege oder Eingliederungshilfen für Menschen mit Behinderung, als Grenze für Unterhaltsansprüche. Von dieser Unterhaltsanspruchsgrenze von 100.000 Euro sind Leistungen zur Hilfe zum Lebensunterhalt für minderjährige Kinder ausgenommen, vgl. § 94 Abs. 1a S. 6 SGB XII.
Für Menschen mit einer Behinderung, die voll erwerbsgemindert sind, wird zur Teilhabe am Arbeitsleben nun ein Budget für eine Ausbildung geschaffen, wenn sie einen Anspruch auf Leistungen nach § 57 SGB XII, also im Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen, haben, vgl. § 61a Abs. 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX). Voraussetzung dafür ist, dass es sich um ein reguläres Ausbildungsverhältnis, z.B. in einem anerkannten Ausbildungsberuf, handelt, vgl. § 61a Abs. 1 Var. 1 SGB IX. Zum Ausbildungsbudget zählen die Kosten für die Ausbildungsvergütung sowie die Kosten, um die betroffene Person am Ausbildungsplatz und in der Berufsschule anzuleiten und zu begleiten, vgl. § 61a Abs. 2 S. 1 SGB IX. Ebenso können Kosten übernommen werden, wenn der schulische Teil der Aus-bildung in einer Einrichtung der beruflichen Rehabilitation absolviert wird, da ein Besuch der zuständigen Berufsschule aufgrund der Art oder Schwere der Behinderung nicht möglich ist, vgl. § 61a Abs. 2 S. 2 SGB IX. Durch das Ausbildungsbudget soll erreicht werden, dass Menschen mit einer Behinderung, die voll erwerbsgemindert sind, einen regulären Aus-bildungsvertrag angeboten bekommen. Damit wird ihnen eine alternative Ausbildungs-möglichkeit als in Werkstätten für behinderte Menschen oder anderen Leistungsanbietern ermöglicht.
Auch junge volljährige Menschen mit einer Behinderung, die Leistungen der Eingliederungs-hilfe nach dem zweiten Teil des SGB IX beziehen, erhalten künftig Leistungen durch das Sozialamt unter Ausschluss des Rückgriffs auf ihre Eltern, vgl. Art. 2 Nr. 7 des Gesetzes zur Entlastung unterhaltsverpflichteter Angehöriger in der Sozialhilfe und Eingliederungshilfe (Angehörigen-Entlastungsgesetz), der die Aufhebung des § 142 Abs. 3 SGB IX in der ab 2020 gültigen Fassung vorsieht.
Der Entwurf eines Gesetzes zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetzlichen Mindestlohn verfolgt angesichts der steigenden Lebenshaltungs- und Wohnkosten das Ziel, den Arbeit-nehmerinnen und Arbeitnehmern eine angemessene Lebensgrundlage bzw. einen ange-messenen Mindestschutz zu gewährleisten. Weitere Ziele des Gesetzentwurfs sollen z.B. die stärkere Berücksichtigung der gesellschaftlichen Teilhabe und die Schaffung von Anreizen zur Erwerbsaufnahme sein.
Das Kompetenzzentrum Jugend-Check hat folgende mögliche Auswirkungen identifiziert:
Ab dem 1. Oktober 2022 soll der Mindestlohn auf einen Bruttostundenlohn von 12 Euro erhöht werden (§ 1 Abs. 2 S. 1 MiLoG). Dadurch kann sich die materielle Situation junger Menschen verbessern, weil sie ggf. mehr Einkommen zur Verfügung haben und dies kann zu ihrer Verselbstständigung beitragen.
Der höhere Mindestlohn könnte auch bei betroffenen jungen Menschen dazu beitragen, nicht zusätzlich auf Sozialleistungen („aufstocken“) angewiesen zu sein. Für junge Menschen, die am Beginn des Berufslebens stehen, kann das besonders wichtig und motivierend für ihren weiteren Berufsweg sein, wenn ihr Lohn zumindest in dem Maße ausreichend ist, dass sie nicht zusätzlich auf den Staat angewiesen sind.
Junge Menschen, die neben Studium oder Ausbildung einer geringfügigen Beschäftigung (Minijob) nachgehen und derzeit weniger als 12 Euro Bruttostundenlohn verdienen, könnten durch die Erhöhung weniger Stunden arbeiten müssen. Dies könnte dazu führen, dass sie mehr Zeit für ihre Ausbildung aufbringen können und mehr Freizeit haben.
Mit dem Ganztagsfinanzierungsgesetz soll der Ausbau von bedarfsgerechten Bildungs- und Betreuungsangeboten gefördert werden.
Dafür soll ein Sondervermögen des Bundes mit der Bezeichnung „Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder im Grundschulalter“ errichtet werden, § 1 Ganztagsfinanzierungsgesetz (GaFG). Hintergrund dessen ist, das im Koalitionsvertrag verankerte Ziel, bis zum Jahr 2025 einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter einzuführen, zu erreichen. Das Sondervermögen soll Ländern und Gemeinden ermöglichen, durch Finanzhilfen Investitionen in den Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote vorzunehmen, vgl. § 2 S.1 GaFG. Grundlage für die Finanzhilfen ist Artikel 104c Grundgesetz, vgl. § 2 S.2 GaFG. Das Sondervermögen soll mit zwei Milliarden Euro ausgestattet werden, davon jeweils mit einer Milliarde Euro in den Jahren 2020 und 2021, vgl. § 4 GaFG.
Das Digitalinfrastrukturfondsgesetz (DiFG) sieht die Einrichtung eines Sondervermögens zur Ermöglichung des weiteren Ausbaus von digitaler Infrastruktur vor. Betroffen ist zum einen der Ausbau des Gigabit-Netzes insbesondere im ländlichen Raum sowie die Förderung der Digitalisierung an Schulen, vgl. § 2 DIFG. Ersteres wird mit 70 Prozent, zweites mit 30 Prozent des Sondervermögens gefördert, vgl. § 6 Abs. 4 DIFG. Das Sondervermögen umfasst als Anschubfinanzierung aus dem Bundeshaushalt 2,4 Mrd. Euro als Einmalbetrag im Jahr 2018 und soll künftig durch Einnahmen aus der Vergabe der 5G- Lizenzen finanziert werden, vgl. § 4 DIFG.
Mit dem Gesetz zur Erweiterung der Teilzeitmöglichkeit in den Jugendfreiwilligendiensten so-wie im Bundesfreiwilligendienst für Personen vor Vollendung des 27. Lebensjahres soll das Angebot, einen Freiwilligendienst nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz (JFDG) oder dem Bundesfreiwilligendienstgesetz (BFDG) zu leisten, „erweitert und vereinfacht werden“. Dazu soll es jungen Freiwilligendienstleistenden künftig ermöglicht werden, auch ohne den Nach-weis eines „berechtigten Interesses“ ihren Freiwilligendienst in Teilzeit zu absolvieren. Zudem soll die Obergrenze des Taschengeldes, das junge Menschen während ihres Jugend- bzw. Bundesfreiwilligendienstes beziehen, angehoben werden.
Das Kompetenzzentrum Jugend-Check hat folgende mögliche Auswirkungen identifiziert:
Künftig soll es unter bestimmten Voraussetzungen allen jungen Freiwilligendienstleistenden unter 27 Jahren möglich sein, ihren Jugend- bzw. Bundesfreiwilligendienst in Teilzeit zu absol-vieren ohne ein berechtigtes Interesse hierfür nachweisen zu müssen (§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 b) JFDG, § 2 Nr. 2 b) BFDG). Diese Erweiterung der Teilzeitmöglichkeit im Freiwilligendienst (FWD) kann es jungen Freiwilligen ermöglichen, ihre Zeit flexibler zu gestalten und neben dem FWD noch weiteren Interessen bzw. Verpflichtungen nachzugehen. Für Personengrup-pen, die bisher ihr berechtigtes Interesse nachweisen mussten, wird durch den Wegfall der Nachweispflicht der Zugang zum FWD in Teilzeit vereinfacht. Letztlich erweitert sich der Kreis potentieller Interessenten von Freiwilligen um jene jungen Menschen, die aufgrund der bis-herigen Notwendigkeit des Nachweises eines „berechtigten Interesses“ vom Ausüben eines FWD abgesehen haben, da nunmehr diese Hürde entfällt.
Künftig soll die Obergrenze eines möglichen angemessenen, monatlichen Taschengeldes von 6 auf 8 Prozent der jeweils geltenden Beitragsbemessungsgrenze angehoben werden (§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 JFDG, § 2 Nr. 4 a) BFDG). Für das Jahr 2023 würde dies eine Anhebung des Maximalbetrags für das Taschengeld von 483 Euro auf 584 Euro monatlich bedeuten. Hierdurch können sich zum einen finanzielle Entlastungen für die Freiwilligendienstleisten-den ergeben. Zum anderen könnte diese mögliche Erhöhung des Taschengeldes auch dazu führen, dass sich mehr junge Menschen das Ausüben eines FWD leisten können. Auch die Wertschätzung der Arbeit der Freiwilligen könnte hiermit gesteigert werden.
Das Gesetz zur Förderung der beruflichen Weiterbildung im Strukturwandel und zur Weiter-entwicklung der Ausbildungsförderung verfolgt das Ziel, Beschäftigte, Auszubildende und Menschen, die zukünftig einen Beruf erlernen wollen, auf die Veränderungen der Arbeitswelt vorzubereiten. Zentrale Maßnahmen des Gesetzentwurfs beinhalten einerseits eine ver-besserte Förderung in der Phase der Berufsausbildung, damit insbesondere junge Menschen einen zukunftsfähigen Beruf erlernen und somit Phasen von Arbeitslosigkeit besser vermei-den können. Andererseits soll die kontinuierliche Weiterbildung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zum Erhalt ihrer Beschäftigungsfähigkeit gefördert werden. Dafür soll unter anderem die Assistierte Ausbildung verstetigt und erweitert werden, vgl. §§ 74 ff. Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Diese soll es förderungsbedürftigen jungen Menschen er-möglichen, vor und während ihrer betrieblichen Berufsausbildung individuelle Unterstützung und sozialpädagogische Begleitung zu bekommen, vgl. § 74 Abs. 4 SGB III. Zur Vereinfachung sollen die Assistierte Ausbildung und die ausbildungsbegleitenden Hilfen zusammengeführt werden. Die Zielgruppe soll erweitert werden, indem die nach § 130 Abs. 2 S. 1 SGB III derzeit geltende Beschränkung auf lernbeeinträchtigte und sozial benachteiligte junge Menschen wegfällt. Zudem soll künftig die Möglichkeit bestehen, einen Ausbildungsbegleiter als feste Bezugsperson während der gesamten Förderungsdauer zu bekommen, vgl. § 74 Abs. 4 S. 2 SGB III. Auch kann die Assistierte Ausbildung künftig auch während einer zweiten Berufsaus-bildung genutzt werden. Schließlich soll die Assistierte Ausbildung auch während einer Ein-stiegsqualifizierung in Anspruch genommen werden können, vgl. § 74 Abs. 1 S. 1 SGB III. Teilnehmende an einer Einstiegsqualifizierung sollen außerdem durch die Übernahme von Fahrkosten zwischen Wohnort, Ausbildungsstätte und Berufsschule finanziell gefördert werden können, vgl. § 54a Abs. 6 SGB III i.V.m. § 63 Abs. 1 S.1 Nr.1 und Abs.3 SGB III.
Künftig soll es zudem einen Rechtsanspruch auf die Förderung einer berufsabschluss-bezogenen Weiterbildung für geringqualifizierte Beschäftigte geben, vgl. § 81 Abs. 2 SGB III. Dieser Anspruch soll an bestimmte Voraussetzungen gebunden werden. Zusätzlich zu den schon bislang geltenden Regelungen hinsichtlich eines fehlenden Berufsabschlusses und der Dauer der geringqualifizierten Vorbeschäftigung soll die Förderung fortan auch an Umstände wie die Eignung der betroffenen Person für den angestrebten Beruf, die Verbesserung ihrer Beschäftigungschancen und die Wahrscheinlichkeit eines erfolgreichen Abschlusses der Maß-nahme geknüpft werden, vgl. § 81 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 bis Nr. 4 SGB III. Im Hinblick auf die Kosten dieser Weiterbildungen soll sich der Arbeitgeberbeitrag für Lehrgangskosten der Beschäftig-ten nunmehr unabhängig von der Betriebsgröße um fünf Prozentpunkte verringern, sofern eine Betriebsvereinbarung über die berufliche Weiterbildung oder ein entsprechender Tarif-vertrag vorliegt, vgl. § 82 Abs. 4 SGB III – bislang gilt dies nur für Betriebe mit mehr als 2.500 Beschäftigten. Die Arbeitgeberbeteiligung soll sich zusätzlich verringern, wenn mindestens 20 Prozent der Beschäftigten im Betrieb einer Weiterbildung bedürfen, vgl. § 82 Abs. 5 S. 1 SGB III. In diesem Fall sollen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber zudem erhöhte Zuschüsse zum Arbeitsentgelt während der Weiterbildung erhalten können, vgl. § 82 Abs. 5 S. 2 SGB III. Das Antrags- und Bewilligungsverfahren soll vereinfacht werden, vgl. § 82 Abs. 6 SGB III.
Die bestehenden Regelungen zu Weiterbildungsprämien für das erfolgreiche Absolvieren von Zwischen- und Abschlussprüfungen sollen bis zum 31. Dezember 2023 verlängert werden, vgl. § 131a Abs.3 SGB III. Schließlich soll bei absehbarer oder bereits eingetretener Arbeits-losigkeit eine digitale Übermittlung der Arbeitssuchend- und Arbeitslosmeldung an die zuständige Agentur für Arbeit ermöglicht werden, die fortan auch Beratungsgespräche per Videotelefonie anbieten soll, vgl. § 38 Abs. 1 S. 1 und Abs. 1a i.V.m. § 141 SGB III.
Der Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Betriebsratswahlen und der Betriebsratsarbeit in einer digitalen Arbeitswelt verfolgt das Ziel, die Gründung und die Wahl von Betriebsräten zu fördern und zu erleichtern. Hierfür soll z.B. der Anwendungsbereich vereinfachter Wahl-verfahren sowohl für die Wahl des Betriebsrats als auch für die Wahl der Jugend- und Auszu-bildendenvertretung (JAV) ausgeweitet werden. Zudem soll die Digitalisierung der Betriebs-ratsarbeit sowie die Ausgestaltung mobiler Arbeit ausgebaut werden.
Das Kompetenzzentrum Jugend-Check hat folgende mögliche Auswirkungen identifiziert:
Durch die Aufhebung der Altersgrenze für Auszubildende bei der Wahl der Jugend- und Aus-zubildendenvertretung (§§ 60 Abs. 1, 61 Abs. 2 S. 1 BetrVG) können sich nunmehr auch über 25-Jährige in der JAV engagieren. Dies kann sich auf deren Beteiligungsmöglichkeiten und die Sichtbarkeit ihrer Belange und Interessen innerhalb des Arbeitsumfeldes auswirken. Ein eige-nes Mitbestimmungsrecht der Betriebsräte hinsichtlich der Ausgestaltung mobiler Arbeit
(§ 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG) kann letztlich zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf junger Auszubildender und Beschäftigter in Betrieben beitragen, wenn spezifische innerbetriebliche Regelungen zur mobilen Arbeit getroffen werden.
Die künftige Ausweitung der Möglichkeit der Teilnahme an Betriebsratssitzungen mittels Video- und Telefonkonferenz (§ 30 Abs. 2 BetrVG) kann sich durch u.a. mehr Flexibilität förderlich auf die Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf junger Menschen mit Be-treuungs- oder Pflegeverpflichtungen auswirken und deren Engagement im Betriebsrat vereinfachen.
Mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarkts soll es Men-schen mit Behinderungen ermöglicht werden, „gleichberechtigt und selbstbestimmt am Ar-beitsleben teilhaben“ zu können. Für junge Menschen soll es spezifische Regelungen geben, die ihre Integration in den Arbeitsmarkt vereinfachen sollen. Das Vorhaben soll zum über-wiegenden Teil am 01.01.2024 in Kraft treten, vgl. Art. 11 Entwurf eines Gesetzes zur Förde-rung eines inklusiven Arbeitsmarkts.
Das Kompetenzzentrum Jugend-Check hat folgende mögliche Auswirkungen identifiziert:
Künftig soll eine Förderung der Ausbildung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen auch dann durch den Ausgleichsfonds finanziert werden können, wenn die Zielgruppe über keine anerkannte Schwerbehinderung verfügt, aber Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhält (§161 Abs. 2 SGB IX). Dadurch können sich für die betroffenen jungen Menschen in erster Linie die Bildungsbedingungen verbessern, langfristig aber auch die Integration in den Arbeitsmarkt und die damit einhergehende gesellschaftliche Teilhabe.
Damit jedoch die genannten positiven Auswirkungen auftreten können, ist neben der finan-ziellen Förderung von Betrieben zur Eingliederung von Menschen mit Behinderungen auch ein barrierefreier und diskriminierungsfreier Charakter der tatsächlichen Arbeitsbedingun-gen und Arbeitskultur unabdingbar.
Ein vereinfachter Zugang zu monatlichen Entschädigungszahlungen für volljährige Waisen für die Dauer ihrer Ausbildung (§87 Abs. 4 Nr. 1, 2 SGB XIV) kann den betroffenen jungen Men-schen die (teilweise) Finanzierung ihrer Lebenshaltungskosten auch während der Ausbildung ermöglichen oder erleichtern.
Mit dem Gesetz zur ganztägigen Förderung von Kindern im Grundschulalter (Ganztagsför-derungsgesetz – GaFöG) sollen ganztägige Bildungs- und Betreuungsangebote für Grund-schulkinder ausgebaut werden, um gesellschaftspolitische Ziele, wie die Förderung der Entwicklung und Erziehung von Kindern zu einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und die gleichberechtigte Teilhabe aller Geschlechter
am Erwerbsleben zu erreichen.
Hierfür soll zum Schuljahr 2025/2026 ein bedarfsunabhängiger Anspruch auf Ganztags-betreuung für Kinder eingeführt werden, die zu diesem oder einem späteren Zeitpunkt in die erste Klassenstufe kommen, vgl. § 24 Abs. 4 S. 1 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII). Diese Kinder sollen ab Schuleintritt bis zum Ende der vierten Klasse diesen Anspruch auf Ganztagsbetreuung haben, vgl. § 24 Abs. 4 S. 1 SGB VIII. In den Folgejahren soll dieser An-spruch stufenweise ausgeweitet werden, sodass zum Schuljahr 2028/2029 alle Kinder der ersten bis zur vierten Klassenstufe diesen bedarfsunabhängigen Anspruch haben sollen. Ab dem 1. August 2028 soll ein Anspruch auf Ganztagsbetreuung für alle Kinder ab Schuleintritt bis zum Ende der vierten Klassenstufe gelten, vgl. § 24 Abs. 4 S. 1 SGB VIII i.V.m. Art. 2 Nr. 1 i.V.m. Art. 5 Abs. 5 GaFöG.
Sofern noch kein Anspruch auf bedarfsunabhängige Betreuung nach § 24 Abs. 4 SGB VIII für Kinder bis zum Ende der vierten Klassenstufe besteht, soll wie nach derzeitiger Rechtslage, ein bedarfsgerechtes Angebot vorgehalten werden, vgl. § 24 Abs. 5 S. 1 SGB VIII. Nach dem Schuljahr 2027/2028, wenn ein bedarfsunabhängiges Angebot für Grundschulkinder von der ersten bis einschließlich zur vierten Klassenstufe gelten soll, soll ein bedarfsgerechtes Ange-bot nur noch für Kinder ab der 5. Klassenstufe vorgehalten werden, vgl. § 24 Abs. 5 S. 1 SGB VIII i.V.m. Art. 2 Nr. 2 i.V.m. Art. 5 Abs. 5 GaFöG.
Der Anspruch auf Ganztagsbetreuung durch Förderung in einer Tageseinrichtung soll im Um-fang von acht Stunden täglich von Montag bis Freitag, außer an gesetzlichen Feiertagen, be-stehen, vgl. § 24 Abs. 4 S. 2 i.V.m. § 7 Abs. 3 SGB VIII. Der Anspruch soll ebenso in den Schul-ferien gelten, einschließlich der Sommerferien nach der 4. Schulklasse. Als erfüllt soll der An-spruch des Kindes auf Ganztagsbetreuung im zeitlichen Umfang des Unterrichts und der An-gebote der Ganztagsgrundschulen gelten, vgl. § 24 Abs. 4 S. 3 SGB VIII. Eine Möglichkeit zur Einschränkung des nach § 24 Abs. 4 S. 1 SGB VIII bestehenden Anspruchs auf Betreuung über werktäglich acht Stunden soll den Ländern eingeräumt werden, die über Landesrecht Schließzeiten von bis zu vier Wochen im Jahr während der Schulferien regeln können, vgl. § 24 Abs. 4 S. 4 SGB VIII. Über den zeitlichen Umfang von werktäglich acht Stunden hinaus, soll ein bedarfsgerechtes Angebot in Tageseinrichtungen vorgehalten werden, wobei sich der Umfang der Förderung nach dem individuellen Bedarf richten soll, vgl. § 24 Abs. 4 S. 5 SGB VIII.
Das Gesetz soll hinsichtlich der beschriebenen Regelungen des Art. 1 Nr. 3 GaFöG am 1. August 2025 in Kraft treten, vgl. Art. 5 Abs. 4 GaFöG.
Mit dem Entwurf eines Gesetzes zur mobilen Arbeit soll das Ziel verfolgt werden, mobiles Arbeiten zu fördern und zu erleichtern.
Der Entwurf sieht dazu vor, dass für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die regelmäßig, also nicht nur anlassbezogen mobil arbeiten möchten, verbesserte Rahmenbedingungen geschaffen werden sollen.
So soll künftig geregelt werden, dass die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber mit den Arbeitnehmenden deren Wunsch mobil zu arbeiten hinsichtlich Beginn, Dauer, Umfang und Verteilung sowie Art der mobilen Arbeit erörtern soll, mit dem Ziel, eine Vereinbarung zu erreichen, vgl. § 111 Abs. 2 Gewerbeordnung (GewO). Mobile Arbeit soll gegeben sein, wenn Arbeitnehmende ihre Arbeitsleistung unter Verwendung von Informationstechnologie außerhalb der Betriebsstätte z.B. von einem Ort oder Orten ihrer Wahl erbringen, vgl. § 111 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 GewO. Wenn keine Einigung über die mobile Arbeit erzielt wird, soll die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber die Ablehnung form- und fristgerecht begründen, vgl. § 111 Abs. 3 S. 1 GewO. Sofern die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber diesen Erfordernissen oder der Erörterungspflicht nach § 111 Abs. 2 GewO nicht nachkommt, soll eine gesetzliche Fiktion eintreten und die mobile Arbeit nach den Wünschen der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers nach § 111 Abs. 1 GewO (Mitteilung von Beginn, Dauer, Umfang und Verteilung der mobilen Arbeit) als festgelegt gelten, maximal jedoch für die Dauer von sechs Monaten, vgl. § 111 Abs. 3 S. 2 GewO.
Weiterhin soll die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber verpflichtet werden, für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, auf die das Arbeitszeitgesetz Anwendung findet und die regelmäßig mobil arbeiten, täglich die gesamte Arbeitszeit vollständig aufzuzeichnen, vgl. § 112 Abs. 1 S. 1 GewO. Dies soll dazu dienen, sicherzustellen, tägliche Höchstarbeitszeiten sowie tägliche und wöchentliche Mindestruhezeiten einzuhalten.
Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Berufsqualifikationsfeststellungsgesetzes und des Fernunterrichtsgesetzes sollen u.a. das Anerkennungsverfahren von reglementierten Berufen weiterentwickelt und digitale Bildungsangebote schnell und einfach zugänglich gemacht werden.
Künftig soll ein Anspruch auf eine separate Gleichwertigkeitsfeststellung eines ausländischen Berufsabschlusses bei reglementierten Berufen eingeführt werden. Die zuständige Stelle soll dann auf Antrag „einen gesonderten Bescheid über die Feststellung der Gleichwertigkeit [der] Berufsqualifikation [erteilen] oder […] auf Antrag nur über die Gleichwertigkeit der Berufsqualifikation“ entscheiden, § 13 Abs. 1 S. 2 Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz (BQFG). Damit soll künftig eine Feststellung der Gleichwertigkeit einer ausländischen Berufs-qualifikation bei reglementierten Berufen auch unabhängig von einem Antrag auf Erteilung der Befugnis zur Aufnahme oder Ausübung des reglementierten Berufs möglich sein.
Zudem soll das Fernunterrichtsschutzgesetz dahingehend geändert werden, dass fortan anstatt der Schriftform nach § 126 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), die Textform nach § 126b BGB bei Abschluss und Kündigung durch Teilnehmende eines Fernunterrichtsvertrages oder bei Kündigung gemischter Verträge vorausgesetzt wird, vgl. §§ 3 Abs. 1, 5 Abs. 2, 6 Abs. 1 S. 2 Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG).
Der Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des notariellen Berufsrechts und zur Änderung weiterer Vorschriften verfolgt, abgesehen von der Modernisierung verschiedener Bereiche im notariellen Berufsrecht, das Ziel, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern und die juristische Ausbildung in zwei Punkten zu modernisieren.
Künftig soll es unter bestimmten Voraussetzungen möglich sein, den juristischen Vorbe-reitungsdienst in Teilzeit abzuleisten. Antragsberechtigt sollen Personen sein, die mindestens ein Kind unter 18 Jahren oder laut ärztlichem Gutachten pflegebedürftige Ehegattinnen oder Ehegatten, Lebenspartnerinnen oder Lebenspartner, oder in gerader Linie Verwandte tatsächlich betreuen oder pflegen, vgl. § 5b Abs. 6 S. 1 Nr. 1 und 2 Deutsches Richtergesetz (DRiG). Bei Inanspruchnahme dieser Teilzeitmöglichkeit soll der regelmäßige Dienst um ein Fünftel reduziert und die Dauer des Vorbereitungsdienstes im Gegenzug auf zweieinhalb Jahre verlängert werden, vgl. § 5b Abs. 6 S. 2 und 3 DRiG. Diese zeitliche Verlängerung soll in angemessener Weise auf die Pflichtstationen verteilt werden, vgl. § 5b Abs. 6 S. 4 DRiG. Auch hinsichtlich des Zeitraumes, in dem die schriftlichen Leistungen der zweiten Staatsprüfung zu erbringen sind, soll die Verlängerung angemessen berücksichtigt werden, vgl. § 5d Abs. 3 S. 1 HS 2 DRiG.
Eine weitere Änderung betrifft die Form schriftlicher juristischer Staatsprüfungen. Diese sollen perspektivisch auch in elektronischer Form durchgeführt werden oder werden können; die Bundesländer sollen im jeweiligen Landesrecht künftig entsprechende Regelungen treffen können, vgl. § 5d Abs. 6 S. 2 DRiG. Auch in anderen Berufen aus dem Bereich der Rechts- oder Steuerberatung sollen schriftliche Prüfungen, z.B. bei der Steuer-beraterprüfung, künftig auch in elektronischer Form durchgeführt werden können, vgl. § 37 Abs. 2 S. 2 Steuerberatergesetz (StBerG).
Mit dem Gesetzentwurf soll die Modernisierung des Pass-, Ausweis- und ausländerrecht-lichen Dokumentenwesens vorangetrieben werden. Ziel ist die Anpassung des geltenden Rechts an den voranschreitenden technologischen Fortschritt. Insbesondere die Nutzung
des elektronischen Identifikationsnachweises (eID) soll modernisiert und vereinfacht wer-den. Zusammenhängend mit diesen Änderungen soll auch der Anwendungsbereich dieser Funktion ausgeweitet werden. Die für den Jugend-Check relevanten Änderungen sollen sukzessive bis zum 01. November 2024 in Kraft treten.
Das Kompetenzzentrum Jugend-Check hat folgende mögliche Auswirkungen identifiziert:
Mit der Gesetzesänderung soll eine Absenkung des Mindestalters für die Nutzung des eID auf 14 Jahre vorgenommen werden (§ 10 Abs. 2, 3, 18 Abs. 1 S. 1 PAuswG). Dies könnte es Jugendlichen künftig ermöglichen, einfacher online am Computer oder über das Smartphone ihre Identität nachzuweisen. Somit kann Jugendlichen bereits ab 14 Jahren ein Zugang zu Online-Dienstleistungen, welche einen Identitätsnachweis benötigen, gewährt werden.
Die Absenkung könnte die ersten Schritte von Jugendlichen in der Arbeitswelt erleichtern, denn Lohnabrechnungen werden heute zunehmend online bereitgestellt. Steht Jugendlichen ab 14 Jahren bereits die Funktion des eID offen, wird ihnen eine zusätzliche Möglichkeit zur Nutzung entsprechender Portale ermöglicht, wenn diese den eID zum Abruf von Lohnab-rechnungen anbieten.
Ziel des Gesetzes zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts ist es, den Zugang zur deutschen Staatsangehörigkeit für die in Deutschland lebenden Migrantinnen und Migranten zu vereinfachen und zu beschleunigen. Ihnen soll dadurch eine umfassende gleichberechtig-te Teilhabe und eine aktive Mitwirkung am gesellschaftlichen Zusammenleben in Deutsch-land ermöglicht werden. Zudem sollen Anreize für eine schnelle Integration geschaffen werden. Der Gesetzentwurf sieht dafür u.a. eine Änderung des Staatsangehörigkeitsrecht (StAG) vor, welches an die Erfordernisse eines Einwanderungslandes angepasst werden soll.
Das Kompetenzzentrum Jugend-Check hat folgende mögliche Auswirkungen identifiziert:
Junge Menschen aus Drittstaaten, die seit mindestens fünf Jahren in Deutschland leben, sollen künftig für eine Einbürgerung nicht mehr ihre bisherige, d.h. ihre nicht-deutsche Staatsbürgerschaft aufgeben müssen (Streichung § 10 Abs. 1 Nr. 4 StAG). Zudem sollen auch diejenigen, die zwar nicht im Inland aufgewachsen sind, aber die deutsche Staatsbürger-schaft durch Geburt erworben haben und zusätzlich noch eine andere ausländische Staats-bürgerschaft als die eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder der Schweiz besitzen, nicht mehr optionspflichtig sein (Streichung § 29 StAG).
Mit dem Erwerb der deutschen und damit der doppelten Staatsbürgerschaft können junge Menschen das Recht zur vollen politischen Teilhabe erlangen, ohne dass sie die Staatsbürger-schaft ihres Herkunftslandes aufgeben müssen. So stünde ihnen beispielsweise das aktive und passive Wahlrecht auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene sowie bei Europa-wahlen zu.
Durch die generelle Zulässigkeit der doppelten Staatsbürgerschaft kann die persönliche Identitätsfindung der jungen betroffenen Menschen gestärkt und gefestigt werden, da sie sich nicht mehr zwischen zwei Staatsbürgerschaften entscheiden müssen. Damit wird ein möglicher Konflikt in der Identitätsfindung vermieden.
Zudem kann der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit zu einer erhöhten Rechtssicher-heit für die jungen Betroffenen beitragen. Denn mit der deutschen Staatsbürgerschaft kön-nen sie sich permanent und unbefristet in Deutschland aufhalten. Dies kann jungen Men-schen Anreize bieten, dauerhaft in Deutschland zu leben, hier langfristig zu arbeiten und sich zu integrieren.
Mit dem Berufsbildungsmodernisierungsgesetz soll die duale berufliche Bildung in Deutschland modernisiert und gestärkt werden.
Der Gesetzentwurf sieht die Einführung einer Mindestvergütung für Ausbildungsberufe nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) vor, vgl. § 17 BBiG. Mit der Mindestausbildungsvergütung wird das Ziel verfolgt, die Berufsausbildung zu stärken und Auszubildende bei sinkender Tarifbindung vor Vergütungen zu schützen, die als nicht mehr angemessen anzusehen sind. Die Mindestausbildungsvergütung wird an § 12 Abs. 2 Nr. 1 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) und den dort festgeschriebenen monatlichen Bedarf von 504 Euro für vollzeitschulische Auszubildende, die nicht bei den Eltern leben, angelehnt und darf mithin nicht unterschritten werden, vgl. § 17 Abs. 2 BBiG. Gleichzeitig steigt die Mindestausbildungsvergütung mit jedem Ausbildungsjahr, sodass diese 5, 10 bzw. 15 Prozent über dem BAföG-Satz liegt, vgl. § 17 Abs. 2 Nr. 2-4 BBiG.
Neu eingeführt werden zudem drei berufliche Fortbildungsstufen im BBiG mit den neuen Abschlussbezeichnungen „Geprüfter/te Berufsspezialist/in“, „Berufsbachelor“ und „Berufsmaster“, § 53a Abs. 1 Nr. 1-3 BBiG. Bestehende Bezeichnungen werden dabei um die drei neuen beruflichen Fortbildungsstufen ergänzt: Als „Geprüfter/te Berufsspezialist/in“ darf sich bezeichnen, wer die erste berufliche Fortbildungsstufe mit einem Umfang von mindestens 400 Stunden abgeschlossen hat, § 53b BBiG, § 42b HwO. Einen Berufsbachelor darf tragen, wer z.B. die Meisterprüfung erfolgreich bestanden hat, vgl. § 42c Handwerksordnung (HwO). Einen Berufsmaster erhält, wer die dritte berufliche Fortbildungsstufe mit einem Mindestumfang von 1200 Stunden bestanden hat, § 53d BBiG, § 42d HwO. Durch die Anlehnung an die Hochschulabschlüsse Bachelor und Master soll „die Gleichwertigkeit der akademischen und beruflichen Abschlüsse entsprechend ihrer Einstufung nach dem DQR [Deutschen Qualifikationsrahmen] unterstrichen und eine internationale Vergleichbarkeit auf dem Arbeitsmarkt erzielt“ werden.
Weiterhin soll die Teilzeitberufsausbildung gestärkt und für einen größeren Personenkreis zugänglich gemacht werden, indem deren Voraussetzungen erleichtert werden. Dies geschieht, indem die Teilzeitausbildung anders als bislang von der Verkürzung der Ausbildungszeit gelöst und eigenständig in § 7a BBiG geregelt wird. Damit entfällt zum einen die Voraussetzung eines berechtigten Interesses zur Absolvierung einer Teilzeitausbildung. Zum anderen kann diese nun auch von jungen Menschen absolviert werden, die das Ausbildungsziel nicht wie derzeit vorgesehen in einer verkürzten Ausbildungszeit erreicht hätten. Dies kann z.B. Menschen mit einer Behinderung, einer Lernschwäche oder auch Geflüchtete betreffen.
Bei „gestuften“ Ausbildungen , die aufeinander aufbauen, soll darüber hinaus die Durchlässigkeit verbessert werden. Dies geschieht, indem vorangegangene Zeiten einer gestuften Ausbildung vereinfacht angerechnet und bereits erbrachte Prüfungsleistungen bei aufeinander aufbauenden Ausbildungen leichter anerkannt werden können. Die Anrechenbarkeit von vorangegangenen Ausbildungen wird neu geregelt: In § 5 Abs. 2 S.1 Nr.4 BBiG (geltende Fassung) wird das Wort „einschlägig“ gestrichen. Fortan soll die Dauer einer abgeschlossenen Berufsausbildung ganz oder teilweise anrechenbar sein, sofern dies von beiden Vertragsparteien vereinbart wurde, § 5 Abs. 2 S. 1 Nr.4 BBiG.
Das Gesetz soll zum 1. Januar 2020 und in Teilen zum 1. Januar 2021 Inkrafttreten. Die Wirkungen der Mindestausbildungsvergütung sollen fünf Jahre nach Inkrafttreten vom Bundesinstitut für Berufsbildung evaluiert werden, § 105 BBiG.
Mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung beschränkter und unentgeltlicher ge-schäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen sowie zur Änderung weiterer Vorschriften
im Bereich der steuerberatenden Berufe wird das Ziel verfolgt, durch Neuregelung des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) die beschränkte geschäftsmäßige sowie die unentgelt-
liche Hilfeleistung in Steuersachen stringent neu zu ordnen. Hierzu soll die abschließende Regelung der Personen und Vereinigungen aufgebrochen werden, die zu beschränkten Hilfeleistungen in Steuersachen berechtigt sind. Zusätzlich sollen auch die Möglichkeiten für unentgeltliche Hilfeleistungen in Steuersachen erweitert werden. Hierdurch soll beispiels-weise sodann auch die Möglichkeit eröffnet werden, sogenannte „Tax Law Clinics“ an Universitäten gründen zu können. Die für den Jugend-Check relevanten Änderungen sollen am 01. Januar 2024 in Kraft treten.
Das Kompetenzzentrum Jugend-Check hat folgende mögliche Auswirkungen identifiziert:
Die geplante Möglichkeit einer unentgeltlichen Beratung innerhalb des Familien- und Bekanntenkreises in Steuersachen (§ 6 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 S. 1 StBerG), kann sich insbe-
sondere für junge Menschen, die noch am Anfang ihres Berufsweges stehen und erste Steuererklärungen abgeben müssen oder wollen, als Hilfeleistung auswirken. Für sie kann dieses Beratungsangebot zu finanziellen Entlastungen führen und ein Schritt Richtung Verselbstständigung sein.
Daneben kann sich die Möglichkeit der Gründung von Tax Law Clinics (§ 6 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 StBerG) auf junge Jurastudierende auswirken. Durch die Gesetzesänderung besteht für sie die Option, bereits während ihres Studiums Praxiserfahrung zu gewinnen. Dies kann ihnen bei der Berufsorientierung helfen. Auch ratsuchende junge Menschen, insbesondere wenn diese nur wenig Geld zur Verfügung haben, kann durch die Gesetzesänderung ein unent-geltlicher Zugang zu steuerlicher Rechtsberatung eröffnet werden. Jedoch bedarf es für den Erfolg von Tax Law Clinics auch engagierter Hochschullehrerinnen und -lehrer, Studierender, finanzieller Ressourcen und einer zu jederzeit sichergestellten Qualität der Beratungs-leistung.
Die geplante Erweiterung der Möglichkeit zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuer-sachen durch die anerkannten Träger der freien Jugendhilfe (§ 4b Abs. 1 Nr. 4 Var. 2 StBerG) könnte sich auf junge Menschen auswirken, die bereits niedrigschwellige Angebote im Sozialraum nutzen oder kennen. Insbesondere sozial benachteiligten jungen Menschen könnte es künftig leichter fallen, sich die für sie notwendige Beratung zu suchen und in der Folge rechtskonforme Entscheidungen bzgl. ihrer Steuersachen zu treffen.
Mit dem Gesetz zur Neuregelung der Änderung des Geschlechtseintrags sollen „die materiellen Voraussetzungen für die Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen sowohl für inter- als auch transgeschlechtliche Personen im Personenrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) geregelt“ werden.
Diese Regelungen wären damit erstmals gemeinsam und zudem zentral gesetzlich verortet, sodass sondergesetzliche Regelungen, wie das Transsexuellengesetz (TSG), in der Konsequenz aufgehoben werden sollen.
Die Voraussetzungen zur Änderung des Geschlechtseintrags für intersexuelle Menschen nach § 45b Personenstandsgesetz (PStG) sollen in § 18 BGB überführt werden. Neu geregelt und definiert wird, dass als körperliche Geschlechtsmerkmale einer Person mit angeborener Variation „die das Geschlecht bestimmende[n] Erbanlagen, die hormonalen Anlagen und das Genitale anzusehen“ sind, § 18 Abs. 3 BGB. Wie im bestehenden Personenstandsgesetz kann die Änderung des Geschlechtseintrags von intergeschlechtlichen Personen weiterhin gegenüber dem Standesamt erklärt werden, sofern durch eine ärztliche Bescheinigung eine angeborene Variation der körperlichen Geschlechtsmerkmale nachgewiesen wurde, § 18 Abs. 1 S. 1 und Abs. 4 S. 1 BGB. Wenn keine ärztliche Bescheinigung vorliegt und eine Variation der körperlichen Geschlechtsmerkmale nicht mehr oder nur noch durch eine unzumutbare Untersuchung bescheinigt werden kann, soll eine betroffene Person dies auch an Eides statt versichern können, vgl. § 18 Abs. 4 S. 2 BGB.
Transsexuelle Menschen, die ihren Geschlechtseintrag ändern möchten, können dies weiterhin, wie nach dem Transsexuellengesetz (TSG), über ein gerichtliches Verfahren erreichen, vgl. § 19 Abs. 1 BGB. Dabei kann die antragstellende Person „deren Geschlechts-identität von ihrem eindeutig weiblichen oder männlichen Körperbild abweicht“, § 19 Abs.1 S. 1 BGB, ihren Geschlechtseintrag in eine der in § 22 Abs. 3 PStG vorgesehenen Angaben ändern lassen, vgl. § 19 Abs. 1 S. 1 BGB. Diese Angaben umfassen „weiblich“, „männlich“, „divers“ sowie die Möglichkeit, keine Angabe vorzunehmen, vgl. § 22 Abs. 3 PStG. Kumulative Voraussetzungen für eine Änderung sind, dass eine Person sich ernsthaft und dauerhaft einem anderen, als im Geburtenregister eingetragenen, oder keinem Geschlecht zugehörig fühlt, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB. Darüber hinaus muss davon auszugehen sein, dass ihr Zugehörigkeitsempfingen zu diesem anderen oder keinem Geschlecht sich nicht mehr ändern wird, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BGB. Zudem hat die Änderung des Geschlechtseintrags nur zu erfolgen, wenn eine Bescheinigung nach § 4 des Geschlechtsidentitätsberatungs-gesetzes vorliegt, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BGB. Das Gericht kann weiterhin unter Vorliegen der Voraussetzungen von § 19 Abs. 1 BGB auf Antrag entscheiden, dass entweder zusätzlich zur Änderung des Geschlechtseintrags oder auch ohne eine solche Änderung die Vornamen der beantragenden Person geändert werden können, vgl. § 19 Abs. 2 S. 2 BGB. Eine Person kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Änderung ihres Geschlechtseintrages beantragen, wenn sie sich wieder ihrem früher angegebenen Geschlecht zugehörig empfindet. Das Gericht soll diesem Antrag entsprechen, vgl. § 409f S. 1 Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG). Zugleich sind durch das Gericht die Eintragung des früheren Geschlechts und die vorherigen Vornamen anzuordnen, vgl. § 409f S. 2 FamFG. Nach Ablauf einer Frist von drei Jahren nach der letzten Entscheidung über eine Geschlechtseintragsänderung kann erneut ein Antrag auf Änderung des Geschlechtseintrags nach § 19 BGB gestellt werden, vgl. § 409g FamFG.
Der Entwurf sieht weiterhin vor, dass zukünftig jede betroffene Person eine Beratung zu Fragen der Geschlechtsidentität in Anspruch nehmen kann. Diese Beratung ist kostenfrei und kann anonym angeboten werden, vgl. § 1 Geschlechtsidentitätsberatungsgesetz (GIBG). Dort beratende Personen müssen aufgrund ihrer Ausbildung oder Berufserfahrung ausreichend mit den Besonderheiten der Intergeschlechtlichkeit vertraut sein, vgl. § 2 Abs. 1 GIBG. Beraten sie transgeschlechtliche Personen zur Änderung des Geschlechtseintrags oder zur Änderung ihrer Vornamen, müssen sie über eine ärztliche, psychologische oder psycho-therapeutische Berufsqualifikation und Berufserfahrung verfügen und sich mit den Besonderheiten der Transgeschlechtlichkeit auskennen, vgl. § 2 Abs. 2 GIBG. Eine Beratung kann auch von einer Person durchgeführt werden, die über eine entsprechende Qualifikation verfügt, jedoch nicht in einer Beratungsstelle nach § 5 GIBG arbeitet, vgl. § 2 Abs. 3 GIBG. Die beratende Person muss nach § 3 GIBG „über die rechtlichen und medizinischen Möglich-keiten, die Tragweite einer Entscheidung zur Änderung des Geschlechtseintrags oder einer Geschlechtsänderung sowie die möglichen Folgen und Risiken“ aufklären. Personen, die sich beraten lassen, erhalten eine Beratungsbescheinigung, die, neben Namen und Datum der Ausstellung, erklärt, dass die beratene Person ein ernsthaftes und dauerhaftes Zugehörig-keitsgefühl zu einem anderen oder keinem Geschlecht hat und davon mit hoher Wahrschein-lichkeit auszugehen ist, dass sich dieses nicht ändert, vgl. § 4 S. 1 und 2 GIBG. Die Bescheini-gung muss eine Begründung enthalten, vgl. § 4 S. 3 GIBG.
Minderjährige unter 14 Jahren können eine Erklärung zur Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen nach § 18 BGB nur mit der Zustimmung der Sorgeberechtigten abgeben, vgl. § 1631e S. 1 Nr. 1 Var. 1 i.V.m. S. 2 BGB. Gleiches gilt für Minderjährige unter 14 Jahren, die einen Antrag zur Änderung des Geschlechtseintrags nach § 19 BGB oder nach § 409f FamFG stellen, vgl. § 1631e S. 1 Nr. 2 i.V.m. S. 2 BGB In beiden Fällen kann eine verweigerte Zustimmung der gesetzlichen Vertreter durch das Familiengericht ersetzt werden, sofern dies dem Kindeswohl nicht entgegensteht, vgl. § 1631e S. 3 BGB.
§ 20 Abs. 2 BGB übernimmt die Regelung des § 11 TSG, sodass die Änderung des Geschlechtseintrags das Rechtsverhältnis zwischen trans- oder intergeschlechtlichen Eltern und ihren Kindern unberührt lässt. Damit werden trans- oder intergeschlechtliche Eltern bei der Geburt ihres Kindes rechtlich so verortet, wie es ihrem Geschlecht vor der Änderung ihres Geschlechtseintrags entsprach.
Im internationalen Kontext ist grundsätzlich das Recht des Staates maßgeblich, dem die betroffene Person angehört, Art. 7a Abs. 1 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB). Künftig ist es jedoch auch zulässig, das eine Person zur Änderung ihres Geschlechtseintrags die Vorschriften des Staates wählt, in dem sie ihren rechtmäßigen und gewöhnlichen Aufenthalt hat und über einen öffentlich beglaubigten Nachweis hierüber verfügt, vgl. Art. 7a Abs. 2 S. 1 und Abs. 3 EGBGB.
Weiterhin wird ein Offenbarungsverbot eingeführt: Nach diesem darf die Änderung des Geschlechtseintrags oder der Vornamen nach dem bislang geltenden Transsexuellengesetz und künftig nach §§ 18 oder 19 BGB nicht ohne Zustimmung der betroffenen Personen ausgeforscht oder offenbart werden, sofern keine besonderen Gründe des öffentlichen Interesses vorliegen oder ein rechtliches Interesse glaubhaft gemacht wird, vgl. § 45b Abs. 1 PStG. Zudem können Betroffene verlangen, dass die Änderung des Geschlechtseintrags und ggf. ihres Vornamens „in amtlichen Dokumenten und Registern eingetragen wird, wenn dem keine besonderen Gründe des öffentlichen Interesses entgegenstehen“, § 45b Abs. 2 PStG. Ebenso können amtliche Dokumente neu ausgestellt und mit dem geänderten Geschlechts-eintrag sowie Vornamen versehen werden, vgl. § 45b Abs. 3 PStG.
In den Lebensbereichen Familie sowie Politik/Gesellschaft kann ein Familiennachzug die Integration erleichtern, Sorgen und psychischen Druck nehmen und gerade für Minderjährige zum subjektiven Wohlbefinden und zur Stärkung der Resilienz beitragen. Da ein Geschwisternachzug ausgeschlossen wird, kann dies in vielen Fällen zu einer dauerhaften Trennung Minderjähriger von ihren Familien führen. Die laut Gesetzesbegründung zu berück-sichtigenden Integrationsaspekte, wie die Sicherung von Lebensunterhalt oder Wohnraum, können für junge Menschen und insbesondere Minderjährige schwierig zu erfüllen sein. Weiterhin soll das Kindeswohlinteresse bei unter 14-Jährigen, entgegen der Auffassung der UN, die nicht zwischen Altersstufen Minderjähriger unterscheidet, aufgrund einer besonderen Schutzwürdigkeit, von besonderer Relevanz sein, wodurch die Kindeswohlinteressen von Jugendlichen ab 14 Jahren in den Hintergrund treten können. Mit § 96 Abs. 2 S. 2 AufenthG wird das Anstif-ten oder Hilfeleisten zum Einschleusen Minderjähriger ohne ihre sorgeberechtigten Elternteile unter einen Quali-fikationstatbestand gestellt. Hierdurch sollen Anreize reduziert werden, Minderjährige alleine auf die Reise zu schicken. Zu bedenken gilt es, dass dies zu einer Stigmatisierung junger Menschen als „vorgeschickte Jugendli-che“ führen kann. In den Lebensbereichen Freizeit sowie Bildung/Arbeit kann für junge Menschen durch einen Familiennachzug ein jugendliches Freizeitverhalten ermöglicht und die Integration in die Bildungs- und Arbeits-systeme erleichtert werden.
Der Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung dient der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/1919 über Prozesskostenhilfe für Verdächtige und beschuldigte Personen in Strafverfahren sowie für gesuchte Personen in Verfahren zur Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls (PKH-Richtlinie).
Mit der Umsetzung der EU-Richtlinie ergibt sich eine Vorverlagerung der notwendigen Verteidigung von der Hauptverhandlung zum Ermittlungsverfahren, wodurch ein Betroffener früher Beistand erhalten kann. Ein Fall notwendiger Verteidigung nach § 140 Strafprozessordnung (StPO) soll künftig bereits mit der Vorführung vor einen Richter eintreten und nicht wie bisher erst mit Vollstreckung der Untersuchungshaft oder vorläufiger Unterbringung, vgl. § 140 StPO. Weiterhin soll es fortan für einen Fall notwendiger Verteidigung unerheblich sein, wie lange die vorangegangene Dauer der Haft war; damit sind künftig alle Fälle von Freiheitsentzug ein Grund für eine notwendige Verteidigung. Liegt die zu erwartende Strafe bei mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe oder wird die Verhandlung vor einem Oberlandesgericht, Landgericht oder Schöffengericht verhandelt, stellt dies nun auch einen Fall notwendiger Verteidigung dar, vgl. § 140 Abs. 1 Nr. 1 und 3 StPO. Beschuldigte erhalten zudem ein Antragsrecht auf Pflichtverteidigerbestellung, vgl. § 141 Abs. 1 S.1 Var. 1 StPO. Weiterhin muss Prozesskostenhilfe nun vor der Befragung durch die Polizei, einer anderen Strafverfolgungsbehörde oder einer Justizbehörde sowie vor einer Gegenüberstellung gewährt werden.
Auch Personen, die mit einem Europäischen Haftbefehl gesucht werden, erhalten ab ihrer Festnahme einen Anspruch auf Prozesskostenhilfe und Rechtsbeistand, vgl. § 40 IRG. Über die Bestellung eines Rechtsbeistandes entscheidet dabei das nach § 40 Abs. 3 IRG maßgebliche Gericht.
Mit der Umsetzung der PKH-Richtlinie wird das System der Prozesskostenhilfe an bestimmte Kriterien gebunden: Zur Gewährleistung der Qualität dürfen nur noch Fachanwältinnen und-anwälte für Strafrecht oder solche Anwältinnen und Anwälte, die Interesse an der Übernahme von Pflichtverteidigungen angezeigt haben, § 142 Abs. 4 StPO, als Pflichtverteidiger bestellt werden. Beschuldigte können weiterhin eine Verteidigerin oder einen Verteidiger ihrer Wahl bestellen.
Sie erhalten zudem ein erstmals grundlegend geregeltes Recht, dass sie die ihnen zugewiesene Pflichtverteidigerin oder Pflichtverteidiger bei Vorliegens von dies rechtfertigenden Gründen, wie beispielsweise der Beauftragung einer Wahlverteidigung, auswechseln können, vgl. § 143a Abs. 1 und 2 StPO.
Vorgaben der PKH-Richtlinie in Bezug auf schutzbedürftige Personen entsprechen dem deutschen Recht im Wesentlichen. Neu hinzugefügt wird, dass auf Antrag auch für sehbehinderte Personen, nicht nur für hör- und sprachbehinderte Beschuldigte, eine Pflichtverteidigerin oder ein Pflichtverteidiger bestellt werden muss, vgl. § 140 Abs. 1 Nr. 11 StPO.
Der Gesetzentwurf zur Novellierung des Bundespersonalvertretungsgesetzes löst das bis-herige Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG) ab und sieht vor, dieses zeitgemäß zu erneuern. Das BPersVG regelt z.B. die Zuständigkeiten und Zusammensetzungen von Personalvertretungen im öffentlichen Dienst auf Bundesebene. Dazu gehören etwa Personalräte oder Jugend- und Auszubildendenvertretungen. Für den Jugend-Check sind insbesondere folgende Neuregelungen von Bedeutung:
Hinsichtlich der Wahl und Zusammensetzung des Personalrats sollen künftig jugendliche Beschäftigte bereits ab 16 Jahren berechtigt werden, bei Wahlen ihre Stimme abzugeben, vgl. § 14 Abs. 1 BPersVG. Somit soll das Wahlalter für das aktive Wahlrecht abgesenkt werden; für das passive Wahlrecht (eigene Wählbarkeit) soll jedoch ein Mindestalter von 18 Jahren bestehen bleiben, vgl. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BPersVG. Für die eigene Wählbarkeit und die Wahl zu den Jugend- und Auszubildendenvertretungen (JAV) soll die Altersgrenze für die Auszubildenden aufgehoben werden, da sich hier das Interesse der Vertretung durch die gemeinsamen Belange der Ausbildung definiert und nicht allein über das Alter. Hierbei sollen künftig alle Personen, die eine berufliche Ausbildung absolvieren sowie jugendliche Beschäftigte bis 18 Jahren wahlberechtigt sein, vgl. § 97 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 96 BPersVG. Für die genannten Personengruppen soll auch das passive Wahlrecht gelten, vgl. § 97 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 96 BPersVG. Für Beschäftigte, die keine Auszubildenden mehr sind, soll für die eigene Wählbarkeit weiterhin eine Altersobergrenze bis zur Vollendung des 26. Lebensjahres gelten, um den Charakter einer Jugendvertretung zu bewahren, vgl. § 97 Abs. 2 S. 1 BPersVG.
Die Novellierung soll ferner eine Konkretisierung der allgemeinen Aufgaben des Personalrats vorsehen, und hierbei an § 80 Abs. 1 des Betriebsverfassungsgesetzes angeglichen werden, vgl. § 62 BPersVG. Dazu soll z.B. nun konkret die Förderung von Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf als Aufgabe des Personalrates aufgenommen werden, vgl. § 62 Nr. 6 BPersVG.
Des Weiteren soll das BPersVG mit Blick auf die Möglichkeiten der Digitalisierung erneuert werden. So soll es zukünftig möglich sein, bestimmte Absprachen zwischen Dienststelle und Personalvertretung auf einfacherem elektronischem Wege zu absolvieren. Dazu gehören z.B. die Begründungspflicht der Dienststelle, die Zustimmungsverweigerung des Personalrates sowie das Initiativrecht der Personalvertretung, vgl. §§ 70 Abs. 2 S. 2, 70 Abs. 3 S. 4, 77 Abs. 1 BPersVG. Weiterhin der Schriftform soll es z.B. bei der Geltendmachung von Weiter-beschäftigungsansprüchen von Auszubildenden nach § 56 BPersVG bedürfen.
Zudem soll klarstellend erfasst werden, dass die Dienststelle den Personalrat und auch die Jugend- und Auszubildendenvertretung mit erforderlicher Informations- und Kommunika-tionstechnik auszustatten hat, vgl. § 47 i.V.m. § 102 S. 1 BPersVG.
Ein weiterer jugendrelevanter Aspekt der Novellierung betrifft die Einführung neuer und die Präzisierung bestehender Mitbestimmungstatbestände. Auch wenn bereits nach geltendem Recht die Arbeitszeitflexibilisierung oder die Einführung, Änderung und Aufhebung von Arbeitsformen außerhalb der Dienststelle (z.B. mobiles Arbeiten, Telearbeit) der Mitbe-stimmung unterliegen und dies teilweise in Dienstvereinbarungen verankert ist, so soll die Mitbestimmung künftig in eigenen Mitbestimmungstatbeständen verankert werden, vgl. § 80 Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 5 BPersVG. Dies soll vor allem einer besseren Sichtbarmachung und Klarstellung der Möglichkeiten des flexiblen Arbeitens dienen.
Das Hebammenreformgesetz (HebRefG) schlägt eine Reform der Hebammenausbildung vor und setzt die EU-Vorgaben der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rates um. Ziel ist es, den Hebammenberuf zukunftsorientierter und attraktiver zu gestalten sowie die Qualität der Ausbildung zu verbessern. Es soll den in den vergangenen Jahren gewachsenen Anforderungen an Hebammen im Gesundheitssystem begegnet und eine flächendeckende und qualitativ hochwertige Hebammenversorgung für werdende Mütter gewährleistet werden.
Hierfür sieht das Hebammenreformgesetz eine vollständige Akademisierung der Hebammenausbildung vor. Dazu werden die derzeit noch bestehende Ausbildung an Hebammenschulen sowie die fachschulischen Modellstudiengänge nach dem bislang gültigen § 6 Abs. 3 des Gesetzes über den Beruf der Hebamme und des Entbindungspflegers (HebG) durch ein duales Studium der Hebammenausbildung nach § 11 Abs. 2 HebG ersetzt. Damit wird die duale Berufsausbildung eine neue Ausbildungsform für Heilberufe. Die Berufsbezeichnung lautet nunmehr für alle Geschlechter (weiblich/männlich/divers) „Hebamme“, § 4 HebG.
Als Zugangsvoraussetzung für diesen Heilberuf soll anstelle einer bislang zehnjährigen eine zwölfjährige allgemeine Schulausbildung, sprich Fachabitur oder Abitur, gelten, vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 1a HebG. Alternativ zählt der Nachweis einer erfolgreich absolvierten Berufsausbildung, z.B. als Gesundheits- und Krankenpflegerin bzw. Gesundheits- und Krankenpfleger, § 10 Abs. 1 Nr. 1 b) aa) HebG. Zudem darf nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 HebG ein „Hebammenstudium nur absolvieren, wer sich nicht eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich die Unzuverlässigkeit zur Berufsausbildung ergibt“ sowie, wer gesundheitlich geeignet ist und ausreichende deutsche Sprachkenntnisse vorweist, § 10 Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 4 HebG. Die Hebammenausbildung soll mindestens sechs und höchstens acht Semester umfassen, vgl. § 11 Abs. 1 HebG. Zudem wird die Ausbildung mit einem Mindestumfang von 4.600 Stunden festgelegt, der sich aus einem hochschulischen und einem berufspraktischen Studienteil mit jeweils mindestens 2.100 Stunden zusammensetzt, vgl. § 11 Abs. 3 HebG. Die restliche Anzahl von 400 Stunden steht zur freien Verteilung und kann von den Hochschulen z.B. genutzt werden, um spezifische Ausbildungsschwerpunkte zu setzen, vgl. § 11 Abs. 3 HebG. Die Studierenden müssen im praktischen Studienteil vorgesehene Praxiseinsätze sowohl in Krankenhäusern als auch im ambulanten Bereich bei freiberuflich tätigen Hebammen und in hebammengeleiteten Einrichtungen vollziehen, § 13 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 HebG. Während der gesamten Studienzeit ist die verantwortliche Praxiseinrichtung dazu verpflichtet, den angehenden Hebammen eine angemessene Vergütung zu zahlen, § 35 Abs. 1 S. 1 HebG. Diese finanzielle Unterstützung ist ungeachtet davon zu leisten, ob jene sich im Praxiseinsatz befinden oder an hochschulischen Lehrveranstaltungen und Prüfungen teilnehmen, vgl. § 33 Abs. 1 Nr. 7 i.V.m. § 35 Abs. 1 HebG. Nach Beendigung des dualen Studiums und Bestehen der staatlichen Prüfung, erhalten die Studierenden eine staatliche Berufserlaubnis, welche die EU-Richtlinien 2005/36/EG des innereuropäischen Arbeitsmarktes erfüllen, vgl. § 24 Abs. 1 HebG.
Das Gesetz soll am 1. Januar 2020 in Kraft treten, vgl. Art. 3 HebRefG.
Der Gesetzentwurf schlägt eine Reform der Ausbildung von Psychotherapeutinnen und -therapeuten vor und soll das bisherige Psychotherapeutengesetz (PsychThG) vom 16. Juni 1998 ersetzen. Ziel ist es, das Studium und die Ausbildung inhaltlich und strukturell an die Bedarfe zukünftiger Psychotherapeutinnen und -therapeuten anzupassen und so auch für Patientinnen und Patienten eine angemessene psychotherapeutische Versorgung sicherzustellen.
Der neue Werdegang sieht ein auf die heilkundliche Psychotherapie ausgerichtetes, fünfjähriges Hochschulstudium vor (Direktstudium der Psychotherapie, unterteilt in Bachelor und Master), § 9 Abs. 1 PsychThG. Die Berufsbezeichnung lautet nunmehr einfach „Psychotherapeutin“ bzw. „-therapeut“, § 1 PsychThG. Mit erfolgreichem Abschluss des Studiums können die Absolventinnen und Absolventen nach einer staatlichen Prüfung die Approbation erlangen und haben somit einen direkten Zugang zur Ausübung des Berufs der Psychotherapeutin bzw. des -therapeuten, d.h., sie können unmittelbar nach Studium und Approbationsprüfung Patientinnen und Patienten psychotherapeutisch behandeln, § 1 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 PsychThG. Im Anschluss an das Studium und die Approbation kann eine Weiterbildung zur Fachpsychotherapeutin bzw. -therapeuten für die Behandlung von Erwachsenen oder Kindern und Jugendlichen erfolgen. Diese ist notwendig, um in das Arztregister aufgenommen zu werden und somit zur Leistungserbringung in der gesetzlichen Krankenkassen berechtigt zu sein, § 95c SGB V. Die Weiterbildung muss sowohl im ambulanten als auch stationären Bereich stattfinden. Psychotherapeutinnen und -therapeuten, die eine Weiterbildung absolviert haben, wird eine Befugniserweiterung eingeräumt, die sie dazu berechtigt, gesetzlich krankenversicherten Patientinnen und Patienten Ergotherapie aufgrund psychischer Erkrankungen sowie psychiatrische Krankenpflege ohne die Konsultation einer Ärztin oder eines Arztes zu verordnen, § 73 Abs. 2 SGB V. Durch die Möglichkeit der Einführung eines Modellversuchsstudiengangs, in dessen Rahmen die „Feststellung, Verordnung und Überprüfung von psychopharmakologischen Maßnahmen als Bestandteil der psychotherapeutischen Versorgung“ gelehrt werden soll, kann es zukünftig möglicherweise eine weitere Befugniserweiterung für Psychotherapeutinnen und -therapeuten geben, § 26 PsychThG.
Die Reform soll im Jahr 2020 in Kraft treten. Der Gesetzentwurf sieht jedoch eine zwölfjährige Übergangsregelung für angehende Psychotherapeutinnen und -therapeuten – Studierende oder aktuell in Ausbildung befindliche Personen – vor, § 28 Abs. 2 PsychThG.
Das soziale Entschädigungsrecht wird in ein neues SGB XIV überführt. Anlass für die Neuregelung waren die Auswirkungen des Terroranschlags vom 19. Dezember 2016 auf dem Breitscheidplatz in Berlin. Der Gesetzentwurf trennt nach verschiedenen Berechtigten: Geschädigte, deren Angehörige, Hinterbliebene und Nahestehende. Sie haben Anspruch auf soziale Entschädigung. Kernthemen sind die Erhöhung von Entschädigungszahlungen, die Ausweitung des Gewaltbegriffs auf psychische Gewalt, die Einführung Schneller Hilfen sowie die Erweiterung des Berechtigtenkreises auf Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft unabhängig vom Aufenthaltstitel.
Soziale Entschädigung erhalten zunächst Geschädigte. Das sind Personen, die durch ein schädigendes Ereignis unmittelbar eine gesundheitliche Schädigung erlitten haben, § 3 Abs. 2 SGB XIV. Schädigende Ereignisse sind Gewalttaten nach § 14 SGB XIV, Kriegsauswirkungen, Schutzimpfungen und andere Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe, die eine gesundheitliche Schädigung verursacht haben, § 1 Abs. 3 SGB XIV. Den Gewalttaten steht die erhebliche Vernachlässigung von Kindern gleich, § 15 Abs. 1 Nr. 5 SGB XIV. Das meint Fälle, in denen die Sorgeberechtigten nicht für das körperliche und psychische Wohl der Kinder sorgen, sodass diese erheblichen körperlichen oder psychischen Schaden nehmen. Dem werden Personen, die infolge des Miterlebens der Tat, des Auffindens des Opfers oder der Überbringung der Nachricht vom Tod oder der schwerwiegenden Verletzung des Opfers eine gesundheitliche Schädigung erlitten haben, gleichgestellt, § 15 Abs. 2 SGB XIV. Dafür wird eine enge emotionale Beziehung zwischen dem Opfer und dieser Person gefordert. Diese besteht in der Regel bei Ehen, eingetragenen Lebenspartnerschaften und nahestehenden Personen. Auch Personen, die durch Schutzimpfungen oder andere Prophylaxemaßnahmen eine gesundheitliche Schädigung erlitten haben, die über das übliche Maß der Reaktion hinausgeht, werden als Geschädigte erfasst, § 26 SGB XIV. Entschädigungsleistungen können ganz oder teilweise versagt werden, wenn Geschädigte es unterlassen, das ihnen Mögliche und Zumutbare zur Aufklärung des Sachverhalts und zur Verfolgung der Täterin oder des Täters zu tun, § 19 Abs. 2 SGB XIV. Dazu gehört insbesondere, unverzüglich Anzeige zu erstatten. Es besteht eine „grundsätzliche Pflicht zur Strafanzeige“. Dennoch müssen Behörden den Besonderheiten des Einzelfalles Rechnung tragen, wenn die Mitwirkung nicht zumutbar ist. Dies gilt z.B. bei verwandtschaftlichen Beziehungen. Schädigungsfolgen können körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen sein und werden mit einem Schädigungsgrad bemessen, § 6 SGB XIV. Dabei wird der Grad der Schädigungsfolgen von Erwachsenen auch auf Kinder und Jugendliche mit gleicher Gesundheitsstörung angewandt, soweit dadurch keine Schlechterstellung der Kinder und Jugendlichen erfolgt, § 6 Abs. 1 Satz 5 SGB XIV. Geschädigte haben Anspruch auf verschiedene Leistungen der Sozialen Entschädigung. Dies umfasst beispielsweise Leistungen der Schnellen Hilfen (Fallmanagement, Leistungen einer Traumaambulanz), Krankenbehandlungen, Leistungen zur Teilhabe (z.B. am Arbeitsleben, an Bildung, zur medizinischen Rehabilitation), Entschädigungszahlungen und Einkommensverlustausgleiche. Einige dieser Regelungen nehmen nicht alle Geschädigten in den Blick, sondern wenden sich nur an einen Teil der Geschädigten, zum Beispiel junge Menschen. Geschädigte, die minderjährig sind, sollen ein Fallmanagement erhalten, § 32 Abs. 4 Nr. 2 SGB XIV, das sie im Antrags- und Leistungsverfahren begleitet. Ferner erhalten Geschädigte Krankengeld, § 48 SGB XIV. Dabei hat auch ein wegen anerkannter Schädigungsfolge erkranktes Kind, das dadurch der Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege bedarf, für den betreuenden Elternteil Anspruch auf Krankengeld, § 48 Abs. 9 SGB XIV. Geschädigte, die aufgrund der Schädigungsfolgen nach dem SGB IX leistungsberechtigt sind, erhalten zudem Leistungen zur Teilhabe an Bildung, § 66 SGB XIV. Dazu gehören Hilfen zu einer Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht inklusive der Vorbereitung dazu, Hilfen zur schulischen und hochschulischen Ausbildung oder Weiterbildung für einen Beruf. Weiterhin erhalten Geschädigte einen Einkommensverlustausgleich, der die Differenz zwischen dem Nettobetrag des durchschnittlichen monatlichen Einkommens vor der gesundheitlichen Schädigung und dem Nettobetrag des monatlichen Einkommens nach der Gesundheitsschädigung ist, § 89 SGB XIV. Wenn eine geschädigte Person mit einem Schädigungsgrad von mindestens 50 aufgrund der Schädigungsfolgen keine Berufsausbildung beginnen oder abschließen oder die Erwerbstätigkeit nie aufnehmen konnte, so ist der Bezugspunkt vor der Schädigung ein Zwölftel der jährlichen Bezugsgröße, § 18 Abs. 1 SGB IV, § 89 Abs. 3 SGB XIV. Dies soll insbesondere sog. „Schüttelkinder“ und Minderjährige mit Missbrauchserfahrung erfassen. Der Einkommensverlustausgleich wird gezahlt, sobald die geschädigte Person 18 Jahre alt ist. Er beträgt maximal 4.000 € im Monat, § 89 SGB XIV. Geschädigte erhalten besondere Leistungen im Einzelfall, sofern sie nicht oder nicht ausreichend ihren Lebensunterhalt aus ihrem Einkommen und Vermögen decken können, § 92 SGB XIV. Minderjährige Geschädigte haben stets Anspruch auf diese Leistungen, weil bei ihnen in der Regel keine konkreten Berufsaussichten bestehen oder bestanden haben und somit auch keine Prognose über den weiteren beruflichen Lebensweg gestellt werden kann. Daneben übernimmt der Träger der Sozialen Entschädigung die BAföG-Rückzahlung für Geschädigte und Waisen, § 94 SGB XIV.
Soziale Entschädigung erhalten zudem Angehörige. Dies sind Ehegatten, eingetragene Lebenspartnerinnen und Lebenspartner und Kinder von Geschädigten, § 3 Abs. 3 SGB XIV. Das erfasst ausdrücklich auch Stiefkinder, in den Haushalt aufgenommene Kinder von Lebenspartnerinnen und Lebenspartnern und Pflegekinder. Angehörige erhalten Leistungen der Schnellen Hilfe (Fallmanagement und Leistungen in einer Traumaambulanz) und besondere psychotherapeutische Leistungen nach §§ 44 SGB XIV, § 7 Abs. 1 SGB XIV.
Weitere Berechtigte sind Hinterbliebene. Dies meint Witwen, Witwer, hinterbliebene Lebenspartnerinnen und Lebenspartner und Waisen einer an den Folgen der Schädigung verstorbenen Person, § 3 Abs. 4 SGB XIV. Eine Waise ist dabei jedes nach § 3 Abs. 3 SGB XIV angehörige Kind. Sie erhalten Schnelle Hilfen, besondere psychotherapeutische Leistungen, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, Entschädigungszahlungen, Leistungen zum Lebensunterhalt und Leistungen zur Förderung einer Ausbildung oder zur Wahrnehmung einer Krankenbehandlung, § 7 Abs.1 SGB XIV. Witwen, Witwer und hinterbliebene eingetragene Lebenspartnerinnen und Lebenspartner erhalten eine monatliche Entschädigungszahlung von 750 € auf Antrag, § 86 SGB XIV, oder auf Antrag eine alle monatlichen Entschädigungszahlungen abgeltende Abfindung von 90.000 €, § 87 SGB XIV. Waisen eines schädigungsbedingt verstorbenen Elternteils erhalten monatlich 250 €, § 88 Abs. 1 SGB XIV. Waisen von schädigungsbedingt verstorbenen Eltern erhalten 450 €, § 88 Abs. 2 SGB XIV. Die Zahlungen erfolgen bis die Waise 18 Jahre alt wird, § 88 Abs. 3 SGB XIV. Bei Waisen über 18 Jahren werden die Entschädigungen für die Dauer einer Ausbildung gezahlt, wenn diese die Arbeitskraft überwiegend in Anspruch nimmt, keine Zahlung von Dienstbezügen, Arbeitsentgelt oder sonstigen Zuwendungen in entsprechender Höhe vorliegen und die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 und 3 des Bundeskindergeldgesetzes erfüllt sind, § 88 Abs. 4 SGB XIV. Die Zahlung endet spätestens wenn die Waise 27 Jahre alt wird, § 88 Abs.4 S.2 SGB XIV. (Halb-)Waisen und Hinterbliebene von einer im Ausland geschädigten verstorbenen Person erhalten eine Einmalzahlung, § 102 Abs. 5 SGB XIV. Bei Halbwaisen beträgt sie 2600 €, bei Vollwaisen 3500 € und bei weiteren Hinterbliebenen 7800 €.
Berechtigt sind ferner Nahestehende. Dies sind nach § 3 Abs. 5 SGB XIV Eltern, Geschwister und Personen, die mit der geschädigten Person eine Lebensgemeinschaft führen, die der Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft ähnlich ist. Die Nahestehenden haben Anspruch auf Schnelle Hilfen und besondere psychotherapeutische Leistungen.
Sonstige Betroffene sind Menschen, die das Tatgeschehen nach §§ 14, 15 SGB XIV unmittelbar miterlebt haben oder eine im Sinne der §§ 14, 15 SGB XIV getötete Person aufgefunden haben und keine enge emotionale Beziehung zum Opfer haben. Sie erhalten Leistungen der Schnellen Hilfe.
Ausländerinnen und Ausländer haben dieselben Ansprüche wie Deutsche, § 8 SGB XIV. Die Leistungen werden mit den in § 102 SGB XIV vorgesehenen Änderungen erbracht, namentlich Leistungen der Schnellen Hilfen nur im Inland und gedeckelte und an das Recht des Wohnsitzstaates gekoppelte Zahlungen. Der Träger der Sozialen Entschädigung übernimmt die notwendigen Aufwendungen für Dolmetscherinnen und Dolmetscher für antragstellende und berechtigte ausländische Personen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt seit weniger als fünf Jahren in Deutschland haben, § 13 SGB XIV.
Es besteht ein generelles Antragserfordernis, wobei der Antrag formfrei und fristlos ist, § 11 SGB XIV. Dabei können Leistungen der Krankenbehandlung, zur Teilhabe am Arbeitsleben, zur Teilhabe an Bildung und zur Sozialen Teilhabe von Amts wegen erbracht werden. Nach § 30 Abs. 2 SGB XIV werden Entschädigungszahlungen nicht als Einkommen oder Vermögen auf andere Sozialleistungen oder auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz angerechnet. Alle Berechtigten haben Anspruch auf Ersatz der Fahrkosten zur nächstgelegenen Traumaambulanz, § 38 SGB XIV und Reisekosten, die im Zusammenhang mit Krankenbehandlungen stehen, § 54 Abs. 1 SGB XIV. Das erfasst auch die Fahrt- bzw. Reisekosten einer notwendigen Begleitperson und von Kindern, deren Mitnahme erforderlich ist, weil ihre Betreuung nicht gesichert ist. Im Fall von Reisekosten wird für Begleitpersonen der entgangene Verdienst in dieser Zeit erstattet werden, wenn die berechtigte Person ihnen gegenüber erstattungspflichtig ist.
Mit dem Sofortzuschlags- und Einmalzahlungsgesetz wird u.a. das Ziel verfolgt, bis zur Ein-führung einer Kindergrundsicherung hilfebedürftige Kinder und Jugendliche durch einen Sofortzuschlag ergänzend zu unterstützen, da ihre Ausgangslage armutsgefährdend und ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben oder im Bereich Bildung und Ausbildung erschwert sei. Die Regelungen zum Sofortzuschlag sollen am 01. Juli 2022 in Kraft treten, vgl. Artikel 8 Abs. 1 Sofortzuschlags- und Einmalzahlungsgesetz.
Das Kompetenzzentrum Jugend-Check hat folgende mögliche Auswirkungen identifiziert:
Es soll ein Sofortzuschlag in Höhe von 20 Euro pro Monat für leistungsberechtigte junge Menschen eingeführt werden (§§ 72 Abs. 1 SGB II, 145 Abs. 1 SGB XII, 88f Abs. 1 BVG, 16 AsylbLG, 6a Abs. 2 S. 4 BKGG). Das führt dazu, dass sich ihr monatlich zur Verfügung stehendes Einkommen erhöht.
Ob sich die Erhöhung jedoch als Beitrag zur gesellschaftlichen Teilhabe oder zur Teilhabe an Bildung und Ausbildung auswirkt, ist aus unterschiedlichen Gründen fraglich: Zum einen, da die Berechnung der Regelbedarfe kritisiert und als zu niedrig beschrieben wird. Zum anderen, weil die Kosten für Miete, Strom und Lebensmittel stark gestiegen sind. Das könnte bewirken, dass der Sofortzuschlag nicht zur Teilhabe, sondern zur Deckung des täglichen Bedarfs junger Menschen genutzt wird.
Der Sofortzuschlag soll nicht zurückgefordert werden, auch wenn die zugrundeliegenden Leistungen, wie etwa der Anspruch auf Arbeitslosengeld II entfällt (§§ 72 Abs. 2 S. 1 SGB II, 145 Abs. 2 S. 1 SGB XII, 88f Abs. 2 S. 1 BVG). Das kann für junge Menschen und ihre Familien hilfreich sein, da sie keine Angst vor eventuellen Rückforderungen haben müssen.
Ziel des Gesetzes ist die Anpassung der Aufsicht von nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) registrierten Personen. Daneben sollen auch Änderungen in der Bundesrechtsanwalts-ordnung (BRAO) und Patentanwaltsordnung (PAO) vorgenommen werden, um die Sozietäts-erstreckung des Tätigkeitsverbots bei wissenschaftlicher Mitarbeit für Referendarinnen und Referendare anzupassen.
Das Kompetenzzentrum Jugend-Check hat folgende mögliche Auswirkungen identifiziert:
Die Neuregelung soll die Sozietätserstreckung des Tätigkeitsverbots für wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufheben, vgl. § 45 Abs. 2 S. 2 BRAO; § 41 Abs. 2 PAO. Das könnte den an das Referendariat anschließenden Berufseinstieg für junge Juristinnen und Juristen erleichtern, denn potentielle zukünftige Arbeitgeber würden von dem Tätigkeits-verbot nicht erfasst und müssten z.B. keine Umsatzeinbußen fürchten. So könnten sie ge-neigter sein, die Person einzustellen.
Zudem könnte die Phase zwischen dem ersten juristischen Staatsexamen und dem Berufs-einstieg erleichtert werden, weil die Betroffenen nicht dazu gezwungen wären, mögliche spätere Interessenkonflikte und Tätigkeitskonflikte z.B. bei der Wahl einer Nebentätigkeit vor oder während des Referendariats zu berücksichtigen. Dies könnte sich auch im Hinblick auf die psychische Gesundheit als förderlich erweisen.
Durch das Gesetzesvorhaben sollen Beschäftigte bessere Möglichkeiten haben, sich auf einen durch Digitalisierung und demografischen Wandel stetig ändernden Arbeitsmarkt einzustellen. Dafür sollen die Weiterbildungsförderung und Beratung ausgebaut sowie die Förderregelungen nach SGB II und SGB III angepasst werden.
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Der Gesetzentwurf sieht vor, beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern den Zugang zu beruflichen Weiterbildungen zu erleichtern. Regelungsadressatinnen und -adressaten sind künftig nicht nur von Arbeitslosigkeit bedrohte, in KMU
2 befindliche oder ohne Berufsabschluss beschäftigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
3 Vielmehr sollen alle Beschäftigten unabhängig von Ausbildung, Lebensalter und Betriebsgröße gefördert werden.
4 Hierfür zahlt der Bund den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern Zuschüsse zum Arbeitsentgelt. Zudem eröffnet der Gesetzentwurf die im Einzelfall zu ermittelnde Möglichkeit einer Übernahme oder Kofinanzierung von Weiterbildungskosten für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Voraussetzung hierfür ist nach § 82 Abs. 1 SGB III beispielsweise, dass keine Teilnahme an einer mit öffentlichen Mitteln geförderten Weiterbildung innerhalb von vier Jahren vor Antragsstellung stattgefunden hat, der Berufsabschluss mindestens vier Jahre zurückliegt, die Weiterbildung außerhalb des Betriebes durchgeführt wird und mehr als vier Wochen dauert. Die finanzielle Beteiligung des Betriebes und deren Angemessenheit richtet sich nach der Zahl der Beschäftigten, vgl. § 82 Abs. 2 SGB III. Eine Sonderregelung gibt es für Menschen, die aktuell SGB II-Leistungen erhalten: Haben sie eine Weiterbildungsmaßnahme nach SGB II absolviert, schließt sie das nicht von der Förderung der Weiterbildung nach § 81 SGB III aus, auch, wenn die SGB-Maßnahme innerhalb der letzten vier Jahre stattfand, vgl. § 81 Abs. 1a SGB III.
Zudem werden Beratungsleistungen der Bundesagentur für Arbeit (BA) ausgebaut. Sowohl Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als auch Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sind berechtigt, Weiterbildungs- bzw. Qualifizierungsberatungen durch die BA zu nutzen,
5 vgl. § 29 Abs. 1 und Abs. 3 SGB III. Auch erwerbsfähige leistungsberechtige Personen nach SGB II können dieses Angebot nutzen.
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Die Agentur für Arbeit ist zudem zukünftig in der Pflicht, unverzüglich Berufsberatungen mit allen Personen durchzuführen, die sich aufgrund der Beendigung eines Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses arbeitssuchend melden, vgl. § 38 Abs. 2 SGB III.
Ferner sieht der Gesetzentwurf einen vereinfachten Zugang zu Arbeitslosengeld I vor: Musste bisher innerhalb der letzten 24 Monate eine Mindestversicherungszeit von 12 Monaten vorgewiesen werden, können diese 12 Monate nun innerhalb der vorangegangenen 30 Monate erworben werden, vgl. § 28a Abs. 2 S. 1 Nr. 1, § 143 Abs. 1, § 147 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB III. Weiterhin wird die Sonderregelung, dass für überwiegend kurz befristet Beschäftigte die Anwartschaftszeit für Arbeitslosengeld nur sechs Monate beträgt, bis zum 31. Dezember 2022 verlängert, vgl. § 142 Abs. 2 S. 1 SGB III.
Eine weitere Neuerung des Vorhabens liegt in der Senkung des Beitragssatzes der Arbeitslosenversicherung von 3,0 auf 2,6 Prozent, vgl. § 341 Abs. 2 SGB III, und der Senkung der Sozialversicherungspauschale von 21 auf 20 Prozent, vgl. § 153 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB III.
Weiterhin wird die Regelung zu Saisonarbeit verstetigt, indem der Zeitraum für eine sozialversicherungsfreie Beschäftigung auf drei Monate oder 70 Arbeitstage festgelegt wird, vgl. § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV.
Mit dem Gesetzesentwurf soll das Ziel verfolgt werden, die hochschulische Pflegeausbildung neu zu strukturieren und sie dadurch in ihrer Attraktivität zu steigern. Die Novellierung be-trifft insbesondere die Einführung eines Finanzierungssystems für die gesamte Dauer des Pflegestudiums im Pflegeberufegesetz (PflBG). Studierende sollen künftig für den Zeitraum des Studiums eine monatliche Vergütung erhalten. Die Gesetzesänderungen sollen auch dazu beitragen, dass mehr Menschen mit Hochschulzugangsberechtigung die Aufnahme dieses Studiengangs in Erwägung ziehen und so dem Fachkräftemangel entgegengewirkt werden kann.
Das Kompetenzzentrum Jugend-Check hat folgende mögliche Auswirkungen identifiziert:
Mit der Einführung einer verpflichtenden monatlichen Vergütung für Studierende des pri-märqualifizierenden Pflegestudiums (§ 38a Abs. 2 PflBG) kann den (künftigen) Studierenden die Aufnahme des Studiums ermöglicht bzw. erleichtert werden, indem sie finanziell entlastet werden. Somit könnten mehr junge Menschen von der akademischen Pflegeausbildung profitieren, was ihnen langfristig mehr berufliche Optionen eröffnet und oftmals mit einer größeren Arbeitszufriedenheit – im Vergleich zu Absolvierenden der beruflichen Ausbildung – einhergeht.
Die Neustrukturierung des Studiengangs (§ 38 PflBG) kann zudem unter den Studierenden für mehr Klarheit und Transparenz hinsichtlich der Studienplanung führen.
Es stellt sich die Frage, ob ähnliche Regelungen künftig auch für Masterstudiengänge oder andere akademische Weiterbildungen im Pflegebereich vorgesehen sind. Auch diese könnten für junge Erwachsene in der Bildungsphase relevant werden und die Finanzierungsfrage nach sich ziehen.
Mit dem Gesetz zur Stärkung der Sicherheit im Pass- und Ausweiswesen soll die öffentliche Sicherheit gestärkt werden.
Hierfür sieht das Gesetz künftig eine Personalausweispflicht ab dem dritten Monat vor Haftentlassung für Strafgefangene vor, vgl. § 1 Abs. 2 S. 2 Personalausweisgesetz (PAuswG).
Darüber hinaus sollen die Angaben des Geschlechtseintrages im Reisepass den Angaben der internationalen Regeln der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) angeglichen werden. Da sich die Angabe des Geschlechts nach § 4 Abs. 1 S. 3 Passgesetz (PassG) nach der Eintragung im Melderegister richtet, soll im deutschen Reisepass künftig in der visuell lesbaren Zone das Geschlecht mit „X“ bezeichnet werden, wenn im Melderegister das Geschlecht nicht mit weiblich („F“) oder männlich („M“) angegeben ist, vgl. § 4 Abs. 1 S. 4 Passgesetz (PassG). Die Eintragung „X“ im Reisepass soll für Personen gelten, die weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht angehören und im Melderegister die Angabe „divers“ oder „keine Angabe“ eingetragen haben. In der Zone für das automatische Lesen soll das Zeichen „<“ für Passinhaber, die weder weiblichen noch männlichen Geschlechts sind, im Reisepass angegeben werden, vgl. § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 8 PassG.
Mit dem Teilhabestärkungsgesetz soll ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts (Az.: 2 BvR 696/12) umgesetzt werden, mit dem Teile des kommunalen Bildungspakets im SGB XII als verfassungswidrig erklärt wurden. Durch die Änderungen soll die Zuständigkeit bei den örtlichen und überörtlichen Trägern der Sozialhilfe verbleiben, die Kommunen sollen jedoch nicht mehr durch ein Bundesgesetz benannt werden. Darüber hinaus sollen Änderungen in Bezug auf die Stärkung der Teilhabe von Menschen mit Behinderung erfolgen.
Im Einzelnen soll es eine Verpflichtung geben, bei der Erbringung von Teilhabeleistungen einen Gewaltschutz zu gewährleisten. Demnach sollen Leistungserbringer Maßnahmen treffen, die geeignet sind, Menschen mit (drohender) Behinderung und dabei insbesondere Frauen und Mädchen mit (drohender) Behinderung, vor Gewalt zu schützen, vgl. § 37a Abs. 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX). Auf die Umsetzung des Schutzauftrags durch die Leistungserbringer sollen die Integrationsämter und die Rehabilitationsträger zur Erfüllung ihres Auftrags hinwirken, vgl. § 37a Abs. 2 SGB IX.
Der leistungsberechtigte Personenkreis für das Budget für Ausbildung nach § 61a SGB IX soll erweitert werden: Künftig sollen auch „Menschen mit Behinderungen, die sich schon im Arbeitsbereich der Werkstatt für behinderte Menschen oder eines anderen Leistungs-anbieters befinden“ das Budget für Ausbildung in Anspruch nehmen können, vgl. § 61a Abs. 1 S. 1 SGB IX. Das Budget für Ausbildung wird damit auch auf Leistungsberechtigte nach § 58 SGB IX ausgeweitet, vgl. § 61a Abs. 1 S. 1 SGB IX. Darüber hinaus soll geregelt werden, dass zukünftig neben der Ausbildungsvergütung und den erforderlichen Aufwendungen für die Anleitung und Begleitung am Ausbildungsplatz sowie in der Berufsschule auch der Arbeit-geberanteil für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag, der Beitrag zur Unfallversicherung sowie erforderliche Fahrtkosten vom Budget für Ausbildung umfasst sein soll, vgl. § 61a Abs. 2 S. 1 SGB IX. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) soll unabhängig davon, ob sie auch Leistungsträgerin des Budgets für Ausbildung ist, bei der Ausbildungsplatzsuche im Sinne von § 61a Abs. 1 SGB IX unterstützen, vgl. § 61a Abs. 5 S. 1 SGB IX. Kann die Berufsschule am Ort des Ausbildungsplatzes aufgrund der Art oder Schwere der Behinderung nicht besucht werden, soll die BA dabei unterstützen, eine geeignete Einrichtung der beruflichen Reha-bilitation zu finden, in welcher der schulische Ausbildungsteil absolviert werden kann, vgl. § 61a Abs. 5 S. 2 i.V.m. Abs. 2 S. 4 SGB IX.
Der Gesetzentwurf dient zum einen der Umsetzung der EU-Richtlinie 2016/800 über Verfahrensgarantien in Strafverfahren für verdächtige oder beschuldigte Jugendliche, die zur Zeit der Tat 14, aber noch nicht 18 Jahre alt sind. Auch gelten die Vorgaben der Richtlinie grundsätzlich, wenn der Jugendliche zum Tatzeitpunkt unter 18 Jahren ist, aber während des Verfahrens 18 Jahre alt wird. Zum anderen dient das Vorhaben der Umsetzung eines Beschlusses der Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister der Länder zur Lockerung der Rechtsmittelbeschränkungen. Ziel des Entwurfs ist die Gewährleistung bestimmter Mindestrechte für Verdächtige oder beschuldigte Jugendliche im Strafverfahren.
In erster Linie betrifft der Entwurf Änderungen im Jugendgerichtsgesetz (JGG). Hier wird nunmehr klargestellt, dass die Jugendgerichtshilfe während des gesamten Verfahrens so früh wie möglich einzubinden ist, § 38 Abs. 6 JGG und § 70 Abs. 2 JGG, und hinsichtlich der Beurteilung des Vorliegens einer besonderen Schutzbedürftigkeit des betroffenen Jugendlichen, z.B. aufgrund seiner Entwicklung, im Laufe des Verfahrens beratend hinzugezogen wird, § 38 Abs. 2 JGG und § 70 Abs. 3 JGG. Es ist auch möglich, dass die Anklage ohne Bericht der Jugendgerichtshilfe erhoben wird, wenn dies dem Wohl der oder des Jugendlichen dient, z.B. weil sich das Verfahren ansonsten verzögern würde. Die individuelle Begutachtung muss jedoch spätestens mit Beginn der Hauptverhandlung erfolgen, §46a JGG. Des Weiteren wird geregelt, dass eine Verhandlung von neuem beginnt, wenn der oder die Jugendliche während der Hauptverhandlung keine Unterstützung durch einen Rechtsbeistand hatte, obwohl die Verhängung einer Freiheitsstrafe oder die Aussetzung der Verhängung einer Freiheitsstrafe zu erwarten ist, § 51a i.V.m. § 68 Nr. 5 JGG. Zu den neuen Mindestrechten von Verdächtigen oder beschuldigten Jugendlichen im Strafverfahren gehört ferner die sofortige Bestellung einer Pflichtverteidigung, wenn davon Kenntnis erlangt wird, dass sich der Jugendliche bereits in anderer Sache in Haft befindet, § 68a Abs. 1 S. 1 JGG. Ausnahmen hiervon müssen stets mit dem Wohl der oder des Jugendlichen vereinbar sein, § 68a Abs. 2 JGG.
Das Vorhaben schlägt zudem eine Lockerung der Rechtsmittelbeschränkung vor, § 55 Abs. 1 JGG. Hierdurch wird künftig eine sofortige Beschwerde, die sich beispielsweise gegen den Umfang der verhängten Maßnahmen richtet, möglich. Dies ist bisher nur durch die Rechtsmittel der Berufung oder Revision möglich. Sofortige Beschwerde kann nunmehr auch bei Entscheidung über die Verhängung eines Jugendarrests eingelegt werden, § 63 Abs. 2 JGG.
Ferner wird das Recht auf Informierung des „Trägers der elterlichen Verantwortung“ erweitert, indem nun unter bestimmten Voraussetzungen der Jugendliche auch eine andere volljährige Person zur Unterrichtung über das Verfahren vorschlagen kann, § 67a Abs. 4 JGG. Auch die beschuldigten Jugendlichen selbst haben zukünftig das Recht auf Information über das gesamte Vorgehen des Strafverfahrens und ihre Rechte während des Verfahrens, § 70a JGG.
Hinsichtlich der Vernehmung des oder der beschuldigten Jugendlichen ist darauf zu achten, dass die Verhandlung ihrem Alter, Reife- und Bildungsgrad entspricht, § 70c Abs. 1 JGG. Dazu gehört ggf. Gebrauch von der Möglichkeit der audiovisuellen Aufzeichnung der Vernehmung - auch außerhalb der Hauptverhandlung – zu machen, sofern dadurch die Interessen der oder des Jugendlichen besser geschützt werden als ohne diese Aufzeichnung, § 70c Abs. 2 JGG. Der Ausschluss der Öffentlichkeit nach § 48 Abs. 3 S. 2 JGG wird bei Beteiligung eines Jugendlichen nun auch für Verfahren vor den für allgemeinen Strafsachen zuständigen Gerichten festgelegt, § 104 Abs. 1 Nr. 4a JGG.
Mit dem Gesetz zur Stärkung des Pflegepersonals soll dem gestiegenen Bedarf an Fachkräften und der Arbeitsbelastung in der Pflege durch ein Sofortprogramm begegnet werden. Ziele sind eine Verbesserung der Personalausstattung und der Arbeitsbedingungen sowie eine bessere Versorgung in der Kranken- und Altenpflege. Im Krankenhaus soll jede zusätzliche und aufgestockte Pflegestelle am Bett vollständig finanziert werden. Weiterhin werden krankenhausindividuelle Pflegepersonalkosten über ein Pflegebudget vergütet und Tarifsteigerungen für das Pflegepersonal vollständig vom Kostenträger übernommen. Die Voraussetzungen zur Schaffung von mehr Ausbildungsplätzen in der (Kinder-)Krankenpflege sollen verbessert werden. In der Altenpflege können zusätzliche Pflegekräfte in vollstationären Pflegeeinrichtungen finanziert werden sowie digitale Anschaffungen, die Pflegekräfte entlasten, bezuschusst werden. In Kranken- und Altenpflege sollen Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Pflege zeitlich befristet gefördert bzw. unterstützt werden.
Der Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht hat zum Ziel, einen Teil der Richtlinie (EU) 2019/2161 vom 27. November 2019 umzusetzen und damit den Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor unlauteren geschäftlichen Handlungen insbesondere im Kontext digitaler Geschäftsmodelle sowie die Wirksamkeit des Verbraucherrechts zu verbessern. Darüber hinaus soll insbesondere im Hinblick auf die Tätigkeit von Bloggerinnen und Bloggern sowie Influencerinnen und Influencern kommerzielle Kommunikation klarer von privater Meinungsäußerung abgegrenzt werden. So soll für Influencerinnen und Influencer sowie Bloggerinnen und Blogger durch den neuen § 5a Abs. 4 S. 2 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ein sicherer Rechtsrahmen geschaffen werden.3 Handeln diese ausschließlich zugunsten eines fremden Unternehmens, so soll nur dann ein nach § 5a Abs. 4 S. 1 UWG kenntlich zu machender kommerzieller Zweck anzunehmen sein, wenn sie hierfür ein Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung von dem fremden Unternehmen erhalten, vgl. § 5a Abs. 4 S. 2 UWG. Als ähnliche Gegenleistung sollen dabei Provisionen, Produkte, Kostenübernahmen und dergleichen in Betracht kommen, nicht jedoch die bloße Steigerung der eigenen Bekanntheit. Betreiber von sogenannten Online-Marktplätzen (§ 2 Abs. 1 Nr. 6 UWG) sollen verpflichtet werden, Verbraucherinnen und Verbrauchern Informationen darüber zur Verfügung zu stellen, ob es sich bei den Anbietenden der Waren oder Dienstleistungen jeweils um Unternehmer handelt, § 5b Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. § 5a Abs. 1 UWG.
Auch für das sogenannte Ranking (§ 2 Abs. 1 Nr. 7 UWG) bei Online-Suchanfragen über Waren oder Dienstleistungen sollen neue Transparenzpflichten eingeführt werden. So sollen Verbraucherinnen und Verbrauchern hier künftig Informationen über die Hauptparameter zur Festlegung des Rankings sowie über die relative Gewichtung dieser im Vergleich zu anderen Parametern zur Verfügung gestellt werden, vgl. § 5b Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 5a Abs. 1 UWG. Diese Informationen sollen von der Anzeige der Suchergebnisse aus unmittelbar und leicht zugänglich sein müssen, vgl. § 5b Abs. 2 S. 2 UWG. Die Regelungen über das Ranking sollen dabei nicht nur für Online-Marktplätze im oben beschriebenen Sinne gelten, sondern darüber hinaus für sonstige Vermittlungsdienste wie etwa Vergleichsplattformen, auch wenn auf diesen kein unmittelbarer Vertragsschluss zwischen Verbraucherinnen und Verbrauchern und Anbietern der Ware bzw. Dienstleistung möglich ist. Auch hier soll indes die Regelung auf jene Plattformen beschränkt werden, auf denen Waren oder Dienstleistungen von verschiedenen Unternehmerinnen und Unternehmern oder anderen Verbraucherinnen und Verbrauchern angeboten werden, vgl. § 5b Abs. 2 S. 1 Hs. 1 UWG. Eine verdeckte Beeinflussung des Rankings durch erkaufte Platzierungen soll künftig stets als unzulässig gelten, vgl. Anhang zu § 3 Abs. 3 Nr. 11a UWG.6 Unternehmerinnen und Unternehmer sollen zudem künftig verpflichtet sein, darüber zu informieren, ob und wie sie sicherstellen, dass die veröffentlichten Bewertungen von Verbraucherinnen und Verbrauchern stammen, die die jeweiligen Waren oder Dienstleistungen tatsächlich genutzt oder erworben haben; Voraussetzung hierbei soll sein, dass Unternehmerinnen und Unternehmer die Bewertungen selbst zugänglich machen, vgl. § 5b Abs. 3 UWG. Eine Irreführung über die Echtheit von Verbraucherbewertungen oder die Übermittlung oder Beauftragung gefälschter Bewertungen oder Empfehlungen ebenso wie eine falsche Darstellung dieser in sozialen Medien zu Zwecken der Verkaufsförderung sollen auch hier wiederum stets als unzulässig gelten, vgl. Anhang zu § 3 Abs. 3 Nr. 23b und Nr. 23c UWG.
Das Gesetz soll am 28. Mai 2022 in Kraft treten, vgl. Art. 3 Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht.
Das Wohngeldstärkungsgesetz hat das Ziel, dass wieder mehr Personen Wohngeld empfangen können. Die festgestellte Abnahme der empfangsberechtigten Haushalte beruht u.a. auf dem Anstieg von Einkommen, welcher jedoch nur dem Ausgleich der Verbraucherpreisentwicklung dient, dabei aber zu einer Minderung oder dem gänzlichen Verlust des Anspruches auf Wohngeld führt. Weiterhin soll die Höhe der Leistung an die aktuellen Entwicklungen des Wohnungsmarktes, die zu fortlaufend steigenden Mieten führen, angepasst werden.
Zur Umsetzung der Zielsetzung sieht der Gesetzentwurf eine Anpassung der Parameter der Berechnungsformel des Wohngeldes vor. Dies betrifft die Anzahl der Haushaltsmitglieder, das monatliche Haushaltseinkommen sowie die monatliche Miete, vgl. Anlage 1 zu § 19 Abs. 1 WoGG i.V.m. § 19 Abs. 1 WoGG.
In einem zweiten Schritt soll durch Änderung des § 12 Abs. 1 und 5 WoGG eine neue Mietenstufe VII eingeführt werden, die besonders hohe Mietpreise in Gemeinden (ab 10.000 Einwohnern) und Kreisen (mit Gemeinden unter 10.000 Einwohnern und gemeindefreien Gebieten) gezielter abfedern soll. Die einzuführende Mietenstufe VII greift bei einer Abweichung der Miete von 35 Prozent und höher vom bundesdeutschen Mietniveau (pro Quadratmeter), vgl. § 12 Abs. 5 WoGG. Die Wohngeldleistungen liegen in dieser Mietenstufe um etwa 10 Prozent höher als die Leistungen gemäß Stufe VI. Aufgrund dieser Anpassung erhöht sich beispielsweise der maximale Mietbetrag für einen Zweipersonenhaushalt in einer Region, die mehr als 35 Prozent über dem bundesdeutschen Mietniveau (pro Quadratmeter) liegt, um 134 Euro von 633 Euro auf 767 Euro, vgl. § 12 Abs. 1 WoGG.
Zudem werden die Miethöchstbeträge an regional unterschiedliche Mietentwicklungen angepasst, vgl. § 12 Abs. 1 WoGG. So steigt beispielsweise der Höchstbetrag des Wohngeldes für einen Zweipersonenhaushalt in der Mietenstufe VI von 633 Euro auf 697 Euro. Dies entspricht einer Steigerung von etwa 10 Prozent. Die durchschnittliche Steigerung der Miethöchstsätze beträgt 9,13 Prozent.
Durch § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WoGG wird die momentan bereits geltende Rechtslage, nach der Auszubildende von der Wohngeldberechtigung ausgeschlossen sind, wenn sie Grundsicherung nach § 27 Abs. 3 des Zweiten Sozialgesetzbuch als Zuschuss erhalten, klargestellt.
Um sicherzustellen, dass alle Wohngeldbeziehenden zeitnah von der Neuregelung profitieren, werden von Amts wegen neue Bescheide erlassen, ohne dass dafür ein Antrag erforderlich ist, § 42b Abs. 1 WoGG. Zudem soll nach Inkrafttreten des Gesetzes der vormals bewilligte Betrag des Wohngeldes ausgezahlt werden, auch wenn sich bei der Neuberechnung des Wohngeldes ein niedrigerer Betrag ergeben sollte, vgl. § 42b Abs. 1 S. 3 WoGG.
Mit dem Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) sollen die rechtlichen Grundlagen der Kinder- und Jugendhilfe weiterentwickelt und dadurch die Subjektstellung der durch das Achte Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) adressierten Personen gestärkt werden. Der Gesetz-entwurf sieht Änderungen in verschiedenen Bereichen vor. So sollen der Kinder- und Jugend-schutz verbessert, junge Menschen in Pflegefamilien oder in Einrichtungen der Erziehungs-hilfe gestärkt werden, die inklusive Lösung im SGB VIII durch einen Prozess in zwei Phasen eingeführt, präventive Angebote vor Ort gestärkt und junge Menschen, Eltern und Familien mehr beteiligt werden.
I. Kinder- und Jugendschutz
Im Bereich des Kinder- und Jugendschutzes soll nach § 45 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 SGB VIII ein Träger zum Erhalt einer Betriebserlaubnis auch „die erforderliche Zuverlässigkeit“ besitzen. Damit soll eine bestehende Regelungslücke geschlossen werden. Zudem soll in § 45a SGB VIII erst-mals der Begriff der „Einrichtung“ legaldefiniert werden.
Weiterhin sollen einschlägig vorbestrafte Personen nach § 184j Strafgesetzbuch (StGB) als eine weitere Personengruppe, für die ein Tätigkeitsauschluss in der Kinder- und Jugendhilfe besteht, aufgenommen werden, vgl. § 72a Abs. 1 S. 1 SGB VIII.
Darüber hinaus sollen die Voraussetzungen zur Durchführung von Auslandsmaßnahmen strenger geregelt werden. In § 38 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGB VIII soll durch Bezugnahme auf Art. 56 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 sowie auf Art. 33 des Haager Kinderschutz-übereinkommens verdeutlicht werden, dass diese auch für Auslandsmaßnahmen anzu-wenden sind. Der Träger soll vor der Gewährung einer Hilfe, die im Ausland erbracht werden soll, kumulative Voraussetzungen erfüllen. So soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe sicherstellen, dass der Leistungserbringer u.a. eine Betriebserlaubnis nach § 45 SGB VIII hat, vgl. § 38 Abs. 2 Nr. 2 a SGB VIII. Dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe soll unverzüglich mitzuteilen sein, wenn das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen durch ein Ereignis beeinträchtigt wurde oder werden könnte, vgl. § 38 Abs. 2 Nr. 2 e SGB VIII. Neu eingeführt werden soll zudem, dass der Träger der öffentlichen Jugendhilfe den Hilfeplan unter Beteiligung des Kindes oder des Jugendlichen vor Ort im Ausland zu überprüfen und fortzuschreiben hat, vgl. § 38 Abs. 3 S. 1 SGB VIII. Darüber hinaus soll der Hilfeplan bzw. die Leistungserbringung im Ausland einzelfallabhängig auch außerplanmäßig überprüft werden müssen, vgl. § 38 Abs. 3 S. 2 SGB VIII.
Um Kinder und Jugendliche besser schützen zu können, sollen Leistungssysteme besser kooperieren können und Handlungssicherheit für Beteiligte sichergestellt werden. Dazu soll die Beratung und Übermittlung von Informationen durch Geheimnisträger bei Kindeswohl-gefährdung klarer geregelt werden: § 4 Abs. 1 des Gesetzes zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG) soll ein „Offenbarungsrecht für Berufsgeheimnisträgerinnen und –träger“ enthalten. Bestimmte Berufsgruppen, wie z.B. Ärztinnen und Ärzte oder Lehrerinnen und Lehrer sollen dem Jugendamt bei Verdacht einer Kindeswohlgefährdung, die erforderlichen Daten melden dürfen, vgl. § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und Nr. 7 KKG. Betroffene Kinder und Jugendliche sollen vorab darauf hingewiesen werden, wenn dies nicht ihrem Schutz im Wege steht, vgl. § 4 Abs. 1 S. 2 KKG. Bevor das Jugendamt informiert wird, soll die Berufsgeheimnisträgerin bzw. der Berufsgeheimnisträger berücksichtigen, ob nicht mildere Mittel zum Schutz des Kindes oder des Jugendlichen beitragen. Solange der wirksame Schutz des Kindes bzw. des Jugendlichen nicht beeinträchtigt wird, soll dafür insbesondere ein Gespräch mit den Betroffenen oder mit den Personensorgeberechtigten über die Situation und das Hinwirken auf die Möglichkeiten der Inanspruchnahme von Hilfen genutzt werden, vgl. § 4 Abs. 2 KKG. Darüber hinaus soll die Zusammenarbeit zwischen Strafverfolgungs-behörden und Jugendamt verbessert werden: Strafverfolgungsbehörden oder Gerichte sollen das Jugendamt über notwendige Daten und Tatsachen informieren, wenn aufgrund eines Strafverfahrens Anzeichen für eine erhebliche Gefährdung des Kindeswohls bekannt werden, vgl. § 5 Abs. 1 S. 1 KKG. Solche Anzeichen können gegeben sein, wenn Minderjährige mit einer Person in einem Haushalt leben, die z.B. einer Straftat nach § 174 StGB (Sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen) verdächtigt wird, vgl. § 5 Abs. 2 KKG.
Die Betreuung und Versorgung eines Kindes in Notsituationen soll in § 20 SGB VIII aufgehoben und als neue Hilfeart in die Hilfen zur Erziehung (HzE) als § 28a SGB VIII aufgenommen und neu gefasst werden. Die Vorgaben in § 28a S. 1 Nr. 1-4 SGB VIII orientieren sich am bisherigen § 20 SGB VIII. Der Ausfall eines Elternteils bedeutet dabei nicht, dass sich dieses nicht länger im Haushalt aufhalten kann. Die Aufnahme in den Katalog der HzE hängt mit dem neu gefassten § 36a Abs. 2 SGB VIII zusammen. Demnach sollen auch ambulante Hilfen der Betreuung und Versorgung von Kindern in Notsituationen nach § 28a SGB VIII durch den Träger der öffentlichen Jugendhilfe zugelassen werden, vgl. § 36a Abs. 2 S. 1 Hs. 2 SGB VIII.
II. Kinder und Jugendliche, die in Pflegefamilien oder in Einrichtungen der Erziehungshilfe aufwachsen
Junge Menschen, die vollstationäre Leistungen beziehen, sollen höchstens 25 Prozent ihres Einkommens und nicht wie bislang 75 Prozent für die anfallenden Kosten abgeben, vgl. § 94 Abs. 6 S. 1 SGB VIII. Zudem soll in § 92 Abs. 1a SGB VIII die Gruppe der jungen Volljährigen entfallen, wodurch sie sich nicht mehr aus ihrem eigenen Vermögen an den Kosten beteiligen müssen. Um die Leistungsgewährung hinsichtlich Bedarfsgerechtigkeit und Kontinuität bei einem Zuständigkeitsübergang sicherzustellen, soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe rechtzeitig dafür Sorge tragen andere Sozialleistungsträger in die Hilfeplanung mit einzubinden, vgl. § 36b Abs. 1 SGB VIII. Soll die Zuständigkeit auf den Träger der Eingliederungshilfe übergehen, soll dieser bereits ein Jahr davor in die Hilfeplanung eingebunden werden und eine gemeinsame Konferenz beider Träger sechs Monate vor dem Zuständigkeitsübergang stattfinden, vgl. § 36b Abs. 3 S. 1 SGB VIII. Junge Volljährige sollen geeignete Hilfen gewährt bekommen, „solange ihre Persönlichkeitsentwicklung eine eigen-verantwortliche, selbständige und selbstbestimmte Lebensführung nicht gewährleistet“, § 41 Abs. 1 S.1 SGB VIII. Zudem soll die sogenannte „Coming-back-Option“ eingeführt werden, nach der eine Hilfe erneut gewährt oder fortgesetzt werden kann, vgl. § 41 Abs. 1 S. 3 SGB VIII. Wird eine Hilfe für junge Volljährige nicht fortgesetzt oder beendet, soll die Regelung des § 36b Abs. 1 und Abs. 2 SGB VIII entsprechend mit der Maßgabe wie in § 36b Abs. 3 S. 1 SGB VIII beschrieben gelten, vgl. § 41 Abs. 3 SGB VIII. Neu eingeführt werden soll die Nachbe-treuung in § 41a Abs. 1 SGB VIII, nach der junge Volljährige „innerhalb eines angemessenen Zeitraums nach Beendigung der Hilfe bei der Verselbstständigung im notwendigen Umfang beraten und unterstützt“ werden sollen.
Leibliche Eltern sollen „einen Anspruch auf Beratung und Unterstützung sowie Förderung der Beziehung zu ihrem Kind“ haben, wenn Hilfen nach §§ 32 – 34 SGB VIII und § 35a Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 SGB VIII gewährt wurden, vgl. § 37 Abs. 1 S. 1 SGB VIII. Dadurch sollen künftig nicht mehr nur die Erziehungsbedingungen, sondern auch die Entwicklungs- oder Teilhabe-bedingungen „in der Herkunftsfamilie innerhalb eines im Hinblick auf die Entwicklung des Kindes oder Jugendlichen vertretbaren Zeitraums so weit verbessert werden, dass sie das Kind oder den Jugendlichen wieder selbst erziehen kann“, § 37 Abs. 1 S.2 SGB VIII.
Durch den neu eingeführten § 37b SGB VIII, der die Sicherung der Rechte von Kindern und Jugendlichen in Pflegefamilien regelt, sollen die Schutzpflichten des Staates hinsichtlich dieser jungen Menschen konkretisiert werden. Dazu soll das Jugendamt die Anwendung eines Schutzkonzepts vor Gewalt sowie eines Konzepts zur Sicherung der Rechte des jungen Menschen während eines Pflegeverhältnisses sicherstellen, vgl. § 37b Abs. 1 S. 1 SGB VIII. Die betroffenen jungen Menschen als auch die Pflegeperson sollen sowohl vor als auch während des Pflegeverhältnisses zu diesem Konzept beraten und daran beteiligt werden, vgl. § 37b Abs. 1 S. 2 SGB VIII. Darüber hinaus soll das Jugendamt Kinder und Jugendliche über Beschwerdemöglichkeiten während des Pflegeverhältnisses informieren und diese sicher-stellen, vgl. § 37b Abs. 2 SGB VIII. Im neu eingeführten § 37c SGB VIII sollen ergänzende Bestimmungen zur Hilfeplanung bei Hilfen außerhalb der eigenen Familie eingeführt und bestehende Regelungen konkretisiert werden: So soll bei Unterbringung außerhalb der Herkunftsfamilie schon bei Aufstellung sowie Überprüfung des Hilfeplans nach § 36 Abs. 2 S. 2 SGB VIII eine Perspektivklärung erfolgen, die im Hilfeplan dokumentiert werden muss, vgl. § 37c Abs. 1 SGB VIII. Damit soll „die Perspektivklärung zentraler Gegenstand der Hilfeplanung“ werden. Die Perspektivklärung soll davon abhängen, „ob […] die Entwicklungs-, Teilhabe- oder Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie innerhalb eines im Hinblick auf die Entwicklung des Kindes oder Jugendlichen vertretbaren Zeitraums so weit verbessert werden, dass die Herkunftsfamilie das Kind oder den Jugendlichen wieder selbst erziehen, betreuen und fördern kann“, vgl. § 37c Abs. 2 S. 1 SGB VIII. In Verfahren nach § 1632 Abs. 4 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) vor dem Familiengericht, in denen es um die sogenannte Verbleibensanordnung für Minderjährige in Pflegefamilien geht, soll künftig zusätzlich angeordnet werden können, dass unter bestimmten Voraussetzungen Minderjährige dauerhaft bei ihrer Pflegefamilie bleiben, vgl. § 1632 Abs. 4 S. 2 BGB. Folgende Voraus-setzungen sollen dafür bestehen: trotz angebotener Unterstützungs- und Beratungs-maßnahmen findet bei den Eltern keine nachhaltige Verbesserung hinsichtlich der Erziehungsverhältnisse innerhalb eines im Hinblick auf die kindliche Entwicklung vertret-baren Zeitraums statt und eine solche Verbesserung wird mit hoher Wahrscheinlichkeit auch künftig nicht eintreten; die Anordnung ist zum Kindeswohl notwendig, vgl. § 1632 Abs. 4 S. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BGB. Auf Antrag der Eltern soll eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Abs. 4 BGB aufgehoben werden, wenn keine Kindeswohlgefährdung wegen der Herausnahme des Kindes aus der Pflegefamilie besteht oder die Kindeswohlgefährdung anderweitig, auch durch öffentliche Hilfen, abgewehrt werden kann, vgl. § 1696 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 BGB.
Des Weiteren sollen Kinder und Jugendliche nach einer Inobhutnahme unverzüglich über diese Maßnahme in für sie verständlicher und nachvollziehbarer Weise aufgeklärt werden, vgl. § 42 Abs. 2 S. 1 SGB VIII. Auch die personensorge- oder erziehungsberechtigten Personen sollen nach einer Inobhutnahme „in einer wahrnehmbaren Form umfassend über diese Maßnahme“ aufgeklärt werden, § 42 Abs. 3 SGB VIII.
III. Hilfen aus einer Hand für Kinder mit und ohne Behinderungen
Im programmatischen Leitbild der Kinder – und Jugendhilfe soll in § 1 Abs. 1 SGB VIII das Wort „selbstbestimmt“ aufgenommen werden. In diesem Zusammenhang soll auch der Auftrag der Kinder- und Jugendhilfe nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 SGB VIII „um den Aspekt der Ermöglichung und Erleichterung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ergänzt“ werden. Demnach sollen junge Menschen „entsprechend ihres Alters und ihrer individuellen Fähig-keiten in allen sie betreffenden Lebensbereichen […] teilhaben können“, § 1 Abs. 3 Nr. 2 SGB VIII. Nach den Zielvorgaben der Jugendhilfeplanung sollen Einrichtungen und Dienste so geplant werden, dass Jugendhilfeleistungen inklusiv sind und junge Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam gefördert werden können, vgl. § 80 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 4 SGB VIII. In Bezug auf die Ausgestaltung der Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe sollen auch die gleichberechtigte Teilhabe junger Menschen – mit und ohne Behinderung – umgesetzt und bestehende Barrieren reduziert werden, vgl. § 9 Nr. 4 SGB VIII. Sichergestellt werden soll, dass Angebote der Jugendarbeit für junge Menschen mit einer Behinderung nutzbar und zugänglich sind, vgl. § 11 Abs. 1 S. 3 SGB VIII. Auch in § 16 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB VIII soll der Teilhabebegriff im Hinblick auf Angebote der Familienförderung aufgenommen werden. In den Vereinbarungen mit den Trägern von Einrichtungen und Diensten sollen Kriterien für die Qualifikation der Fachkräfte, die bei der Gefährdungseinschätzung zugegen sind, geregelt werden; diese Kriterien sollen nunmehr auch die Bedürfnisse von jungen Menschen mit Behinderung im Blick haben, vgl. § 8a Abs. 4 S. 2 SGB VIII. Ebenso sollen bei der fachlichen Beratung und Begleitung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen die „spezifischen Schutz-bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung“ berücksichtigt werden, § 8b Abs. 3 SGB VIII.
In § 10 Abs. 4 SGB VIII soll die Zuständigkeit der Kinder- und Jugendhilfe für alle Kinder und Jugendlichen unabhängig von der Art ihrer Behinderung geregelt werden. Damit sollen zukünftig auch junge Menschen mit (drohender) geistiger oder körperlicher Behinderung vorrangig Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe beziehen, vgl. § 10 Abs. 4 S. 2 SGB VIII. Näheres über den leistungsberechtigten Personenkreis, welche Art der Leistungen in welchem Umfang umfasst sind, die Kostenbeteiligung sowie das Verfahren, soll ein Bundes-gesetz auf Grundlage einer prospektiven Gesetzesfolgenabschätzung regeln, vgl. § 10 Abs. 4 S. 3 Nr. 1-4 SGB VIII. Die Regelung zum § 10 Abs. 4 SGB VIII soll ab dem 01. Januar 2028 gelten, vgl. Art 10 Abs. 3 KJSG. Voraussetzung dafür soll sein, dass bis zum 01. Januar 2027 dieses Bundesgesetz zum § 10 Abs. 4 S. 3 SGB VIII verkündet wurde, vgl. Art 10 Abs. 3 KJSG. Zum 01. Januar 2024 sollen sogenannte Verfahrenslotsen zur Vermittlung von Ein-gliederungshilfeleistungen eingeführt werden, vgl. Art 10 Abs. 2 KJSG: Betroffene, z.B. junge Menschen mit einer drohenden körperlichen Behinderung, erhalten einen Anspruch auf Begleitung durch einen Verfahrenslotsen, welcher sie etwa dabei unterstützen soll, ihren Anspruch auf Eingliederungshilfeleistungen durchzusetzen, vgl. § 10b Abs. 1 S. 1 und 2 SGB VIII. Die Leistungen selbst sollen durch die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe erbracht werden, vgl. § 10b Abs. 1 S. 3 SGB VIII.
Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) soll bis zum Inkrafttreten der Änderungen in § 10 Abs. 4 SGB VIII (Zuständigkeit der Kinder- und Jugend-hilfe für alle Kinder und Jugendlichen) und § 10b SGB VIII (Verfahrenslotsen) die dafür notwendigen Umsetzungsschritte in den Ländern untersuchen und begleiten, vgl. Art. 9 Abs. 1 S. 1 KJSG. Wird ein Bundesgesetz nach § 10 Abs. 4 S. 3 SGB VIII verkündet, soll dies in der Untersuchung besonders berücksichtigt werden, vgl. Art. 9 Abs. 1 S. 2 KJSG. Zwischen den Jahren 2022 bis 2024 soll das BMFSFJ untersuchen, welche rechtlichen Wirkungen sich aus den Änderungen in § 10 Abs. 4 und Abs. 5 SGB VIII ergeben und dem Bundestag und Bundesrat bis zum 31.12.2020 einen Ergebnisbericht vorlegen, Art. 9 Abs. 2 S. 1. KJSG. Im Bericht soll u.a. der leistungsberechtigten Personenkreis untersucht werden mit dem Ziel, dass es keine Verschlechterung noch eine Ausweitung der Leistungsberechtigten in Bezug auf die Ausgestaltung der Regelungen gibt, vgl. Art 9 Abs. 2 S. 2 KJSG.
IV. Prävention vor Ort
Die Ziele der allgemeinen Familienförderung in § 16 Abs. 1 SGB VIII sollen durch eine kon-krete Aufzählung der damit verbundenen Leistungen ersetzt werden. So soll die Familien-förderung dazu beitragen, dass Familien sich Kenntnisse und Fähigkeiten u.a. in Bezug auf Erziehungs- oder Gesundheitsfragen sowie Fragen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf aneignen und dadurch ihre Teilhabe und Partizipation gestärkt werden, vgl. § 16 Abs. 1 S. 2 SGB VIII. Im Zusammenhang mit Leistungen zur Förderung der Erziehung in der Familie soll die Entwicklung kooperativer sozialraumorientierter Angebote unterstützt werden, vgl. § 16 Abs. 2 S. 2 SGB VIII.
Ferner soll klargestellt werden, dass „unterschiedliche Hilfearten miteinander kombiniert werden [können], sofern dies dem erzieherischen Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht“, § 27 Abs. 2 S. 3 SGB VIII. Zukünftig sollen auch Maßnahmen der Jugend-sozialarbeit nach § 13 SGB VIII als Hilfe zur Erziehung einbezogen werden können, vgl. § 27 Abs. 3 S. 2 SGB VIII.
V. Beteiligung von jungen Menschen, Eltern und Familien
In den Bundesländern sollen zentrale Ombudsstellen (oder vergleichbare Einrichtungen) eingerichtet werden, die sicherstellen sollen, „dass sich junge Menschen und ihre Familien zur allgemeinen Beratung sowie Vermittlung und Klärung von Konflikten im Zusammenhang mit Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe nach § 2 […] an ihrem Bedarf entsprechend vor-gehaltene regionale Ombudsstellen oder vergleichbare Strukturen wenden können“, § 9a S. 1 SGB VIII. Die Ombudsstellen sollen unabhängig und fachlich nicht weisungsgebunden arbeiten, vgl. § 9a S. 2 SGB VIII. Zudem soll der Beratungsanspruch von Kindern und Jugend-lichen ohne Kenntnis der Eltern bzw. des Personensorgeberechtigten künftig ohne die Ein-schränkung bestehen, dass es sich um eine Not- und Konfliktlage handelt, vgl. § 8 Abs. 3 S. 1 SGB VIII. Eine Beratung oder Beteiligung soll zudem in einer für den jungen Menschen wahr-nehmbaren Form stattfinden, vgl. § 8 Abs. 4 SGB VIII. Auch in Bezug auf die Mitwirkung hin-sichtlich Inanspruchnahme oder Ausgestaltung einer Hilfe zur Erziehung soll dies in einer für junge Menschen und deren Personensorgeberechtigten wahrnehmbaren Form erfolgen, vgl. § 36 Abs. 1 S. 2 SGB VIII. Auch nicht sorgeberechtigte Eltern sollen künftig in die Aufstellung und Überprüfung eines Hilfeplans einbezogen werden, sofern dies dem Hilfezweck nicht entgegensteht, vgl. § 36 Abs. 5 Hs. 1 SGB VIII.
Zum besseren Schutz von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen soll der Träger einer Einrichtung ein Gewaltschutzkonzept entwickeln, anwenden und überprüfen sowie nun auch geeignete Verfahren einführen, durch die Kinder und Jugendliche sich, abgesehen von bis-herigen Beteiligungs- und Beschwerdemöglichkeiten in eigenen Angelegenheiten, selbst ver-treten können , vgl. § 45 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 SGB VIII.
Nach § 10a Abs. 1 SGB VIII sollen alle Leistungsberechtigten des SGB VIII, z.B. Jugendliche oder Eltern(-teile) in einer für sie wahrnehmbaren Form beraten werden. Die Beratung kann u.a. zur persönlichen Situation oder zu Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe erfolgen und kann darüber hinaus auch Hilfe bei Antragsstellungen umfassen, vgl. § 10a Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 und S. 2 SGB VIII.
Darüber hinaus ist ein Ziel der Reform die gleichberechtigte und konsequente Beteiligung aller Adressatengruppen der Kinder- und Jugendhilfe an Entscheidungsprozessen. Dazu soll ein neuer § 4a SGB VIII eingeführt werden, der die Selbstvertretung regelt: Demnach sind „selbstorganisierte Zusammenschlüsse […] solche, die sich die Unterstützung, Begleitung und Förderung von Adressatinnen und Adressaten der Kinder- und Jugendhilfe zum Ziel gesetzt haben sowie Selbsthilfekontaktstellen.“, § 4a Abs. 1 S. 1 SGB VIII. Umfasst sein sollen u.a. Selbstvertretungen in Einrichtungen und Institutionen und gesellschaftliches Engagement, vgl. § 4a Abs. 1 S. 2 SGB VIII. Öffentliche und freie Jugendhilfe sollen mit diesen selbst-organisierten Zusammenschlüssen zusammenarbeiten, vgl. § 4a Abs. 2 SGB VIII.
Menschen, die blind sind oder eine Seh- oder Lesebehinderung haben, soll es ermöglicht werden, ohne die Erlaubnis der Urheberin oder des Urhebers, barrierefreie Kopien von Werken zur eigenen Nutzung herzustellen bzw. diese von einer Hilfsperson anfertigen zu lassen. Des Weiteren dürfen befugte Stellen, z.B. Blindenbibliotheken, zukünftig barrierefreie Kopien erstellen und sie Menschen mit einer Seh- oder Lesebehinderung und anderen befugten Stellen zur Verfügung stellen. Diese gesetzlichen Erlaubnisse gehen Verlagsangeboten vor; die Nutzungen durch die befugten Stellen sind grundsätzlich angemessen zu vergüten.
Mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1152 soll das deutsche Recht bis zum 31.07.2022 an die Arbeitsbedingungenrichtlinie angepasst werden. Ziel der Arbeitsbedingungenrichtlinie ist es, eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen zu erreichen, „indem eine transparente und vorhersehbare Beschäftigung gefördert und […] die Anpassungsfähigkeit des Arbeitsmarktes gewährleistet wird“. Durch die Umsetzung in deutsches Recht sollen die in der Arbeitsbedingungenrichtlinie festgelegten Rechte und Pflichten ab Inkrafttreten auf alle Arbeitsverhältnisse angewendet werden. Bis auf eine Änderung im PTA-Berufsgesetz, die am 01. Januar 2023 in Kraft treten soll, soll das Gesetz am 01. August 2022 in Kraft treten, vgl. Art. 11 Abs. 1 und Abs. 2 des Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1152.
Das Kompetenzzentrum Jugend-Check hat folgende mögliche Auswirkungen identifiziert:
Der Anwendungsbereich des Nachweisgesetzes soll künftig ausnahmslos für alle Arbeit-nehmerinnen und Arbeitnehmer gelten (§ 1 S. 1 NachweisG). Junge Menschen mit vorüber-gehenden einmonatigen Aushilfsjobs können dadurch mehr Rechtssicherheit bzgl. fairer Arbeitsbedingungen erhalten.
Die Mindestanforderungen der Vertragsniederschrift eines Berufsausbildungsvertrages soll mit detaillierteren Informationen (z.B. Ausbildungsstätte) ergänzt werden (§ 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 BBiG). Dies kann zu mehr Rechtssicherheit für junge Auszubildende beitragen, weil trans-parentere und vorhersehbarere Arbeitsbedingungen geschaffen werden können. Für junge Auszubildende kann das besonders wichtig sein, da der Ausbildungsbeginn oftmals den ersten Kontakt mit dem Berufsalltag darstellt.
Befristet Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat und die ihrem Arbeitgeber ihren Wunsch nach Entfristung schriftlich angezeigt haben, sollen künftig von diesem innerhalb eines Monats nach Zugang der Anzeige eine schriftlich begrün-dete Antwort erhalten (§ 18 Abs. 2 S. 1 TzBfG). Da junge Menschen häufig mit befristeten Anstellungen in das Berufsleben einsteigen, kann diese potentielle Transparenz bzgl. einer Entfristungsperspektive für ihre künftige Lebensplanung wichtig sein, weil der Berufseinstieg z.B. mit der Familiengründung zeitlich zusammentreffen kann.
Mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/882 des Euro-päischen Parlaments und des Rates über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen soll u.a. eine Änderung des Jugendarbeitsschutzgesetzes (JArbSchG) vorgenommen werden. Ziel ist es, die Verwaltung durch eine bedarfsorientierte Einsetzung der Jugendarbeitsschutzausschüsse zu entlasten.
Das Kompetenzzentrum Jugend-Check hat folgende mögliche Auswirkungen identifiziert:
Die Bildung von Jugendarbeitsschutzausschüssen soll sowohl bei den obersten Landes-behörden als auch bei den Aufsichtsbehörden in das Ermessen der Länder gestellt werden (§§ 55 Abs. 1, 56 Abs. 1 S. 1 JArbSchG). Dies kann dazu führen, dass künftig möglicherweise nicht mehr ausreichend auf die Bedarfe des Jugendarbeitsschutzes verwiesen werden könnte. Zum Beispiel könnten die Bedarfe zur Gesundheit und Arbeitsfähigkeit junger Menschen weniger stark in den Fokus der Behörde gerückt werden.
Ziel des Gesetzes zur Umsetzung des Klimaschutzprogamms 2030 im Steuerrecht ist es, die verbindlichen nationalen Ziele zur Reduktion von Kohlenstoffdioxid u.a. durch steuerrecht-liche Erleichterungen für den Verkehrs- und Mobilitätssektor zu realisieren. Im Folgenden wird nur auf die für den Jugend-Check relevanten Änderungen Bezug genommen.
Mit dem Gesetzentwurf sollen künftig auch Beförderungen von Personen im Schienenbahn-fernverkehr von dem ermäßigten Umsatzsteuersatz in Höhe von sieben Prozent umfasst werden, vgl. § 12 Abs. 2 Nr. 10 a Umsatzsteuergesetz (UStG). Zudem soll wie bislang auch eine Entfernungspauschale von 0,30 Euro pro vollem Kilometer für die ersten 20 Kilometer Entfernung zwischen der Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte angesetzt werden; darüber hinaus sollen im Veranlagungszeitraum 2021 bis 2026 ab dem 21. Kilometer 0,35 Euro anzusetzen sein, maximal 4.500 Euro im Kalenderjahr, vgl. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 S. 8 Hs. 1 Einkommenssteuergesetz (EStG). Mehr als 4.500 Euro sollen anzusetzen sein, wenn Arbeit-nehmerinnen oder Arbeitnehmer ein eigenes oder eines ihnen zur Nutzung überlassenes Kraftfahrzeug nutzen, vgl. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 S. 8 Hs. 2 EStG. Gleiche Entfernungspauschalen sollen im selben Veranlagungszeitraum für Familienheimfahrten zwischen dem Ort des eigenen Hausstandes und dem Ort der ersten Tätigkeitsstätte anzusetzen sein, vgl. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 9 EStG. Für Steuerpflichtige, die mit ihrem zu versteuernden Einkommen inner-halb des Grundfreibetrags liegen, soll die Möglichkeit der Beantragung einer Mobilitäts-prämie neben der Berücksichtigung der erhöhten Entfernungspauschale in Höhe von 0,35 Euro ab dem 21. vollen Kilometer in Höhe von 14 Prozent dieser erhöhten Pauschale geschaffen werden, vgl. § 101 S. 1, 2 und 4 i. V. m. § 104 Abs. 1 EStG.
Der Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Transparenz in der Alterssicherung und der Rehabilitation sowie zur Modernisierung der Sozialversicherungswahlen verfolgt unter anderem das Ziel, die Kenntnisse der Bevölkerung über die eigene Altersvorsorge zu verbessern und sie zu motivieren, sich intensiver mit der eigenen Altersvorsorge zu beschäftigen.
Dafür soll künftig als ergänzendes Angebot zu den bisherigen Rentenbescheiden eine Digitale Rentenübersicht entwickelt werden, die verständliche, verlässliche und möglichst vergleichbare Informationen liefern soll, vgl. § 1 Abs. 1 Rentenübersichtsgesetz (RentÜG).
Bürgerinnen und Bürger sollen demnach die Möglichkeit haben, diese sog. Digitale Renten-übersicht über das elektronische Portal einer Zentralen Stelle für die Digitale Rentenüber-sicht abzufragen, vgl. § 3 Abs. 1 S. 1 RentÜG; diese neu zu errichtende Zentrale Stelle soll bei der Deutschen Rentenversicherung Bund eingerichtet werden, vgl. §§ 1 Abs. 2, 6 Abs. 1 S. 1 RentÜG.
Inhaltlich soll die Digitale Rentenübersicht Informationen über die individuellen Alters-vorsorgeansprüche aus der gesetzlichen, betrieblichen und privaten Altersvorsorge enthalten, die von den bei der Zentralen Stelle angebundenen Vorsorgeeinrichtungen übermittelt werden, vgl. § 3 Abs. 1 S. 2 RentÜG. Der Inhalt der zu übermittelnden Informationen wird im Gesetzentwurf weiter konkretisiert, vgl. § 3 Abs. 2 RentÜG. Zudem soll die Zentrale Stelle zur besseren Information der Nutzenden wertmäßige Angaben der Altersvorsorgeansprüche in einem Gesamtüberblick zusammenfassen, vgl. § 3 Abs. 4 RentÜG. Vorsorgeeinrichtungen, die gesetzlich zur Abgabe regelmäßiger Standmitteilungen verpflichtet sind, sollen ab einem noch zu bestimmenden Stichtag zur Anbindung an die Zentralen Stelle verpflichtet sein; für andere Vorsorgeeinrichtungen soll die Anbindung grundsätzlich freiwillig sein, vgl. § 5 Abs. 1 S. 1 und 2 RentÜG. In weiteren Vorschriften sieht der Gesetzesentwurf Regelungen zum Datenschutz sowie zur Entwicklung des Portals für die Digitale Rentenübersicht und der Einrichtung der Zentralen Stelle vor.
Mit dem Gerichtsvollzieherschutzgesetz sollen abgesehen von einer Verbesserung des Schutzes für Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollziehern vor Gewalt auch zwangsvollstreckungsrechtliche Vorschriften geändert werden, um die Regelungen an die heutigen Bedürfnisse und Lebensumstände anzupassen.
Dazu soll § 811 Zivilprozessordnung (ZPO), der die unpfändbaren Sachen in der Zwangsvollstreckung aufführt, neu strukturiert und an diese heutigen Lebensumstände angepasst werden. Künftig sollen neben der Schuldnerin oder dem Schuldner auch Personen in den Anwendungsbereich des § 811 ZPO einbezogen werden, die mit der Schuldnerin oder dem Schuldner in einem gemeinsamen Haushalt zusammenleben, sodass auch Sachen, die diese Person etwa für eine bescheidene Lebens- und Haushaltsführung benötigt, nicht der Pfändung unterliegen sollen, vgl. § 811 Abs. 1 Nr. 1 a ZPO. Es sollen daher auch andere Formen des Zusammenlebens (z.B. Wohngemeinschaften) beachtet werden. Bislang wird etwa im geltenden § 811 Abs. 1 Nr. 2 ZPO darauf abgestellt, ob die Schuldnerin oder der Schuldner bzw. deren oder dessen Familie oder die im Haushalt helfenden Hausangehörigen die Sache benötigen.
Des Weiteren sollen Sachen, die für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder einer damit im Zusammenhang stehenden Aus- oder Fortbildung benötigt werden, ebenfalls nicht der Pfändung unterliegen, vgl. § 811 Abs. 1 Nr. 1 b ZPO. In gewissem Umfang sind solche Sachen bislang schon im geltenden Recht nach § 811 Abs. 1 Nr. 4 – 7, Nr. 9 und Nr. 10 ZPO vom Pfändungsschutz erfasst. Allerdings soll durch die Neuregelung keine Unterscheidung mehr nach der Art der Erwerbstätigkeit stattfinden. Entscheidend sein soll, dass die Ausübung der Erwerbstätigkeit oder der damit im Zusammenhang stehenden Aus-und Fortbildung ohne die Sache nicht mehr möglich ist. Zudem soll auch nicht mehr auf einen Gebrauch in der Schule oder sonstigen Unterrichtsanstalt abgestellt werden und nicht mehr nur Bücher, sondern alle für die Aus- und Fortbildung erforderlichen Sachen dem Pfändungsschutz unterliegen.
Hinsichtlich des Aufbaus einer Alterssicherung soll der unpfändbare Ansparbetrag künftig angehoben werden. Bislang durfte dieser nach § 851c Abs. 2 S. 2 ZPO geltendem Recht bis zu 2000 Euro betragen. Künftig soll der Ansparbetrag für die Altersvorsorge bei Schuldnerinnen und Schuldnern zwischen dem 18. bis zum vollendeten 27. Lebensjahr jährlich nicht mehr als 6000 Euro betragen, vgl. § 851c Abs. 2 S. 1 Nr. 1 a ZPO.
Mit dem Gesetz zur Verlängerung und Verbesserung der Regelungen über die zulässige Miet-höhe bei Mietbeginn wird es den Ländern ermöglicht, mittels der sogenannte Mietpreis-bremse weiterhin Vorschriften zu erlassen, um Mieterinnen und Mieter vor zu hohen Miet-zahlungen zu schützen und einen angemessenen Interessenausgleich zwischen Vermieterin-nen/Vermietern und Mieterinnen/Mietern herzustellen.
Landesregierungen sollen Gebiete mit angespannten Wohnungsmarkt erneut bestimmen können und Rechtsverordnungen zur Begrenzung der Miethöhe bei Wohnraummangel entsprechend erlassen können, vgl. § 556d Abs. 2 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Eine solche Rechtsverordnung soll nun mehrmals für jeweils maximal fünf Jahre erlassen werden können. Entgegen der bisherigen Regelung, muss eine entsprechende Rechtsverordnung nicht bis 31.12.2020 in Kraft getreten sein. Jedoch müssen diese mit Ablauf des 31. Dezember 2025 wieder außer Kraft treten, vgl. § 556d Abs. 2 S. 4 BGB.
Mieterinnen und Mieter sollen zudem künftig einen Anspruch darauf haben, dass ihnen zu viel gezahlte Miete zurückgezahlt wird: Der Anspruch auf Rückzahlung der zu viel gezahlten Miete soll den Zeitraum ab Mietbeginn umfassen, wenn vorher eine Rüge innerhalb von 30 Monaten hiernach gegenüber der Vermieterin oder dem Vermieter erfolgt ist, vgl. § 556g Abs. 2 S. 1 BGB. In Fällen, in denen die Rüge erst 30 Monate nach Beginn des Mietverhältnisses erteilt wurde oder in denen ein Mietverhältnis bei Zugang der Rüge bereits beendet war, muss die zu viel gezahlte Miete erst ab dem Zeitpunkt des Zugangs der Rüge zurückgezahlt werden, vgl. 556g Abs. 2 S. 2 BGB. Der Anspruch, zu viel gezahlte Miete von Beginn des Miet-verhältnisses an zurückerstattet zu bekommen, gilt jedoch nur für Mietverhältnisse, die nach Inkrafttreten dieses Gesetzes geschlossen werden, vgl. Artikel 2 des Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung und Verbesserung der Regelungen über die zulässige Miethöhe bei Miet-beginn.
Ziel des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften ist es, insbesondere im Hinblick auf die Änderungen weiterer steuerlicher Vorschriften, steuerliche Erleichterungen für Bürgerinnen und Bürger zu schaffen.
Für diesen Jugend-Check relevant sind die Regelungen zur Änderung weiterer steuerrecht-licher Vorschriften. Hier ist insbesondere neu, dass es nun keine Einkommensbesteuerung von Sachleistungen einer Wohnraumgeberin bzw. eines Wohnraumgebers oder einer Wohn-raumnehmerin bzw. eines Wohnraumnehmers mehr geben soll. Dies soll dem Zweck der Förderung alternativer Wohnformen in Zeiten von Mangel an bezahlbarem Wohnraum und damit einhergehender Wohnungsnot dienen. So werden Vorteile aus der Nutzung einer zu eigenen Wohnzwecken überlassenen Unterkunft sowie Vorteile, die aus der als Sachbezug gestellten üblichen Verpflegung gegen die Erbringung von Leistungen im Privathaushalt der Wohnraumgeberin oder des Wohnraumgebers entstehen, in Form von haushaltsnahen Dienstleistungen steuerfrei, vgl. § 3 Nr. 49 S. 1 EStG. Hierunter fällt beispielsweise das Konzept „Wohnen für Hilfe“. Die Neuregelung gilt für das Erbringen von Leistungen, für die das Haushaltsscheckverfahren nach § 28a Abs. 7 SGB IV, also eine vereinfachte Meldepflicht der Arbeitgeberin bzw. des Arbeitgebers an die Einzugsstelle für eine oder einen im privaten Haushalt Beschäftigte bzw. Beschäftigten, dem Grunde nach anwendbar wäre, vgl. § 3 Nr. 49 S. 1 EStG. Voraussetzungen für die Steuerbefreiung sind, dass „weitere durch den Wohn-raumgeber gewährte steuerpflichtige Bezüge“ wie Geldleistungen oder Sachbezüge einen Betrag in Höhe von 450 Euro im Monat nicht übersteigen und ein räumlicher Zusammen-hang zwischen überlassener Wohnung bzw. Unterkunft mit der Wohnung der Wohnraum-geberin bzw. des Wohnraumgebers besteht, vgl. § 3 Nr. 49 S. 1 EStG. Ein solcher Zusammen-hang besteht beispielsweise dann, wenn die Wohnung bzw. Unterkunft der Wohnraum-nehmerin bzw. des Wohnraumnehmers mit der Wohnung der Wohnraumgeberin bzw. des Wohnraumgebers durch wenige bauliche Änderungen zu einer Wohneinheit miteinander verbunden werden können. Wenn die Voraussetzungen des § 3 Nr. 49 S. 1 EStG vorliegen, sind nun auch die „Vorteile des Wohnraumgebers aus den Leistungen des Wohnraum-nehmers in seinem Privathaushalt und die gezahlten umlagefähigen Kosten im Sinne [der Betriebskostenverordnung] steuerfreie Einnahmen aus der Wohnraumüberlassung“, § 3 Nr. 49 S. 2 EStG. Insgesamt sind die umlagefähigen Nebenkosten und eventuelle Einnahmen in Geld jedoch dann nicht steuerfrei, wenn der Wohnraumgeberin bzw. dem Wohnraumgeber neben den Vorteilen, wie z.B. Hilfe im Haushalt, Einnahmen in Geld zufließen, vgl. § 3 Nr. 49 S. 3 EStG.